Ich bin eine Wienerin auf Rügen, die viel liest und nie "nur so kurz in eine Buchhandlung reinschauen" kann - ich komme immer mit mindestens einem neuen Buch aus dem Geschäft.
In die Berechnung des PartiRanks gehen Smiles, Bewertungen, Kommentare und alle anderen Aktivitäten in der Community ein.
Dieses außerordentlich komplexe Konzept haben wir uns natürlich nicht selbst ausgedacht, sondern von Dave Eggers geborgt...
"„Doch am meisten beseelte ihn die Anwesenheit des grandiosen Musikers, der auch ein grandioser Mann war und dabei so schlicht, so natürlich mit ihm sprach, als kennten sie einander schon lang.“ (Zitat Seite 112)"
Inhalt Der vermögende Millionär Gregory Hollister, Erfinder der Bezahlapp „Juno“, gilt als Pionier im Bereich Digitalwährungen. Als er überraschend bei einem Flugzeugabsturz stirbt, beauftragt seine Halbschwester und Erbin einen auf Finanzsachen spezialisierten Privatdetektiv, Edward Dante, mit der Suche nach einem zusätzlichen Milliardenvermögen in Kryptowährung, das Greg irgendwo versteckt hat. Als bald darauf online Hinweise auf dieses als Montecrypto bezeichnete Vermögen auftauchen, heften sich nicht nur das FBI, Finanzaufsicht, diverse internationale Geheimdienste und weitere Gruppen mit sehr unterschiedlichen Interessen an Dantes Fersen, sondern es beginnt eine gehypte Massensuche, von Greg Hollister selbst posthum mittels Videobotschaften inszeniert. Doch Ed erkennt bald, dass es um wesentlich mehr geht, als um ein verschwundenes Kryptovermögen und eine Schweizer Stiftung. Was als abenteuerliche Schatzsuche begann, droht das gesamte Gefüge der weltweiten Finanzmärkte zu kippen, wenn es Ed nicht gelingt, dies rechtzeitig zu verhindern. Thema und Genre In diesem aktuellen Wirtschaftsthriller geht es um Kryptowährungen, moderne Technologien, internationale Finanzmärkte, Politik und Macht. Charaktere Ed Dante, ein Engländer in Amerika, ist alles andere als der Typ Superagent, aber durch seine langjährige Compliance-Tätigkeit ist er sehr präzise und hartnäckig in den Recherchen. Mercy Mondego, die erfolgreiche Journalistin mit Informatikstudium und Bloggerin über alles, was moderne Kryptowährungen betrifft, ist ihm oft einen Schritt voraus, andererseits unterstützt sie ihn, denn sie will die Story. Doch kann er ihr trauen? Beide Figuren sind realistisch, stimmig und sehr sympathisch. Handlung und Schreibstil Die rasante Handlung führt Ed Dante von Los Angeles und New York bis in den Schweizer Stiftungsstandort Zug, zurück nach Amerika und Mexiko. Der präzise entwickelte Plot ist realistisch, nachvollziehbar und sehr spannend. Die Dialoge zwischen dem „no-coiner“ Ed und Mercy mit ihrem Fachwissen im Bereich IT und Digitalwährungen ergänzen jene fachlichen Details, die man als Leser*in vielleicht noch nicht kannte und machen die Handlung noch interessanter und aktueller. Weitere Informationen und Zusammenhänge zeigen sich erst langsam im Lauf der Recherchen und ergeben eine komplexe Geschichte, in der überraschende Wendungen nicht fehlen. Fazit Ein intelligenter, sehr spannender Wirtschaftsthriller, dazu eine moderne Sprache, verbunden mit einer aktuellen, zeitgemäßen Variante des klassischen amerikanischen Detektivromans. Diese sehr gelungene Mischung garantiert ein interessantes, packendes Lesevergnügen.
"„Nur der Glaube, das Geld besitze einen Wert, verlieh ihm diesen nun. Fiat lucre. Ed facta est lucre.“ (Zitat Pos. 4920)"
Eine intensive, packende Geschichte Inhalt Professor Dr. Kristian Starck, ein erfolgreicher Pathologe, geschieden, zwei Töchter, eine Enkelin, ist fünfundfünfzig Jahre alt, als er beschließt, ein Jahr Auszeit zu nehmen. Er arbeitet an einem Buch, doch vor allem plant er sein Coming-out, er will endlich sich selbst finden und entscheiden, ob er die weiteren Lebensjahre als Kris oder Kristina verbringen will. Doch die Routineuntersuchung vor seinem Aufbruch ändert alles, denn die Diagnose Prostatakrebs erfordert ein rasches Handeln. Er braucht Zeit zum Nachdenken, verschiebt die endgültige Entscheidung, welche Therapieform er wählt, um drei Monate und geht nun mit drei Themen auf seine Reise durch Deutschland, sein Buch, der Krebs und sein Coming-Out. In Stuttgart nimmt er an einem Klassentreffen teil und trifft seinen Bruder, in Heidelberg einen langjährigen Freund, in Hamburg besucht er auch diesmal nicht nur seine Mutter, sondern auch Conchita, die Männer mag und Frauen liebt, und mit der er regelmäßig als Kristina durch die Lokale zieht. Durch Conchita lernt er Chloé kennen, erfolgreiche Inhaberin einer Consulting-Agentur und Trans*frau. Nun hat er ein viertes Thema, die Liebe. Thema und Genre Themen dieses Romans sind Transidentität und Diversität in allen Facetten, und mögliche Antworten auf die Frage, wer man ist und wer man sein möchte. Es geht auch darum, wie wir mit der Diagnose Krebs umgehen, um alle Schattierungen der menschlichen Psyche, um Verlust, um Freundschaft und die Liebe. Charaktere Es sind sympathische, liebenswerte Charaktere, die wir in dieser Geschichte kennenlernen. Kristian, manchmal Kristina, der versucht, seinen Weg durch diesen Wirbel an Fragen, Problemen, Gefühlen zu finden, meistens mit Humor und etwas Selbstironie, manchmal auch Selbstmitleid, aber immer authentisch. Alex, Conchita, Chloé sind selbstbewusste, empathische Frauen und jede ist auf ihre Art eine Bereicherung für Kris, gerade in diesen turbulenten, gefühlsintensiven Wochen. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in der aktuellen Zeit und in einem begrenzten Zeitrahmen. Erzählt wird sie von Kris selbst als Ich-Erzähler. Überraschende Wendungen werden zu prägenden Ereignissen, Rückblicke durch Erinnerungen und Gespräche ergänzen und verdichten. Die Ausgangsposition ist die ungewöhnliche, aber durchaus realistische Fragestellung, wie ein Mann mit der Diagnose Prostatakrebs umgeht, wenn er gleichzeitig gerade auf der Suche nach seinem persönlichen Platz im weiten Spektrum der Gender-Palette ist. Denn besagte Prostata befindet sich möglicherweise im falschen Körper, den sich Kris und Kristina bisher teilen. Die Sprache erzählt einfühlsam und nachdrücklich, lebensnah und mit leisem Humor. Fazit Ein komplexes, interessantes Thema und eine packende, vielschichtige Geschichte mit starken psychologischen Momenten und Fragestellungen, die uns Lesende auf eine turbulente, intensive Reise mitnimmt.
"„Ein Wesen, das mein Reisemotto „Werde, der du bist“ für sich selbst wörtlich genommen hatte und die Frau geworden war, die ich in meinen Träumen gerne wäre, nur dass mir der Mut zur Entscheidung fehlte und die Leidensbereitschaft, sie umzusetzen.“ (Zitat Seite 203, 204)"
Inhalt Merce Blackboro war siebzehn Jahren alt, als er 1914 mit der bekannten Shackleton-Expedition auf der Endurance in die Antarktis aufbrach. Diese Erfahrungen haben Merce verändert. 1921, vierundzwanzig Jahre alt, fühlt er sich immer noch antriebslos, was fehlt ihm? Er ist unglücklich verliebt, doch kann dies der einzige Grund für seinen Zustand sein? Für ihn ist Ennid Muldoon die Frau seines Lebens. Diese jedoch trauert um ihren im Kampfeinsatz als Pilot gefallenen Verlobten und es hält sie nichts mehr in Newport. Auf dem Dampfer „Orion“ ist Ennid, zusammen mit vielen anderen Passagieren, einige davon sehr reich, die meisten jedoch arme Auswanderer, unterwegs in ein neues Leben in Amerika. Doch noch ist sie nicht in New York angekommen, denn nach heftigen Schneestürmen treibt der Dampfer manövrierunfähig vor der Küste Schottlands. Sofort bricht Merce zu Ennids Rettung auf, doch wird er sie finden? Thema und Genre Dieser Roman schreibt das Leben von Merce Blackboro aus „Der eiskalte Himmel“, in den Jahren nach seiner Rückkehr von der Endurance-Expedition weiter. Wieder steht ein Schiff im Mittelpunkt, diesmal ein alter Dampfer, Schnee, Eis und die wilde See, vor allem jedoch geht es um die Sehnsüchte, Träume und Wünsche, der reichsten Passagiere ebenso wie der ärmsten Auswanderer. Ein wichtiges Thema sind Familie, Freundschaft und die Kraft der Liebe in ihren unterschiedlichen Facetten. Charaktere Es sind seine Figuren, deren Beweggründe, Träume, Handlungen der Autor präzise beobachtet und uns an ihren Gedanken teilhaben lässt, die uns sofort in ihren Bann ziehen. Vom Beginn der Geschichte an werden sie einfühlsam geschildert und sind uns sofort vertraut. Zunächst noch auf der Suche, verändern die Ereignisse sie alle nachhaltig, Merce Blackboro, Ennid Muldoon, Diver Robey und die zwanzig Jahre jüngere Kristina Merriweather, Divers Assistenten und Vertrauten Bryn Meeks und den leisen, mutigen Steward Jirō Shimimura. Handlung und Schreibstil Die Handlung spielt im Jahr 1921 und wird durch einige kurze, erklärende Rückblenden in Form von Erinnerungen ergänzt. Die einzelnen Kapitel wechseln zwischen den Ereignissen an Land und auf See und stellen in ihrer personalen Erzählform abwechselnd jeweils einen der einzelnen Hauptcharaktere in den Mittelpunkt. Geschrieben in einer eindrücklichen, poetischen und lebhaft schildernden Sprache, fasziniert diese Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite. Fazit Ein poetischer, intensiver Roman über Abenteuer, Träume, Sehnsüchte, die Suche nach dem Platz im eigenen Leben und über die Liebe. Wir bangen und hoffen mit den uns sofort vertrauten Figuren, während die lebhaften, eindrücklichen Schilderungen uns Bilder von Eis, Schnee, der wilden Natur, vom Leben in Newport „wir nennen unsere Stadt Casnewydd“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts, aber auch von den Tagen und Nächten in den engen Kojen der Auswandererschiffe in die Gedanken malen. Ein großartiges Leseerlebnis!
"„Je weiter weg man von den wirklich guten Leuten und den wahrhaft schönen Dingen ist, umso mehr soll man glauben, dass es sie gibt.“ (Zitat Seite 128)"
Inhalt Fanni ist siebenundfünfzig Jahre alt und ihr Leben mit Ehemann und zwei erwachsenen Kindern ist fest verankert in Ried im Innkreis und in der sich täglich wiederholenden Routine. Noch sieben Arbeitsjahre im Supermarkt, dann Ruhestand. Nur die Panikattacken, die sie manchmal plötzlich überfallen, passen nicht in den geordneten Alltag. Jetzt ist sie auf dem Weg zur ersten Therapiesitzung – doch sie fährt einfach weiter, ihr Ziel ist der Pinzgau, die alte, in ihrer Einfachheit stark renovierungsbedürftigen Almhütte ihrer Eltern. Den Hof, zu dem die Hütte gehört, hat längst Ernst, ihre Jugendliebe, übernommen. Doch auch Ernst und die Hütte können Fanni nicht halten und auf ihren Reisen sammelt sie neue Freunde und bringt sie mit, wenn sie zurückkommt auf ihre Alm. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Freundschaft und gegenseitige Wertschätzung, Unabhängigkeit, Neubeginn, alternative Lebensplanung, diverse Vielfalt. Charaktere Es ist eine bunte Gruppe von Charakteren, die wir in dieser Geschichte kennenlernen und sie haben eines gemeinsam: man schließt sie sofort ins Herz, diese so unterschiedlichen und unangepassten Figuren. Ernst, Bauer aus Überzeugung, Velten, mit dem Fanni zu nächtlicher Stunde in einem Wäldchen an der ligurischen Küste steht, Dr. Tippi, die Wiener Ärztin, das Ehepaar Elke und Julius Ohnezweifel aus Linz, Marek, der in seiner eigenen Welt lebt und sich mit Rimbaud vor Gewittern schützt, Berlin, sie heißt wirklich so, mit fünfundzwanzig Jahren das jüngste, temporäre, Mitglied der Gruppe. Fanni, die Ich-Erzählerin, hat als Ehefrau und Mutter funktioniert, wie es von ihr erwartet wurde, mal mehr, mal weniger. Als sie einfach geht, indem sie auf die Autobahn und aus ihrem geordneten Leben fährt, hat sie ein schlechtes Gewissen, aber es überwiegt immer das Wissen, dass es für sie richtig ist, was sie tut. „Ich neige grad eher zum Unvernünftigen.“ (Zitat Pos. 3194). Handlung und Schreibstil Die Handlung wird nicht chronologisch erzählt, dennoch ergibt sie ein geschlossenes, klares Ganzes. Die einzelnen Kapitel springen zwischen den Jahren vor und zurück, und jede der Hauptfiguren steht mit ihrem eigenen Anteil an der Geschichte im Mittelpunkt eines der übergeordneten Abschnitte, die dann jeweils in Kapitel gegliedert sind. Durch entsprechende Überschriften wird diese lebhafte Struktur geordnet und fügt sich zu einem stimmigen Gesamtbild. Die Sprache berichtet, erzählt, schildert, wie in einem persönlichen Gespräch unter Freunden, mit einer gewollten, lebendigen Einfachheit, die großartig zu lesen ist. Die Autorin wechselt zwischen Halbsätzen, zwei, drei Worte, weil damit schon alles gesagt ist, oder mehr dazu gerade nicht zu sagen ist, und Satzgefügen über die halbe Buchseite, wo weniger nicht genug wäre, um die Situationen und Gefühle in Worte zu fassen. Fazit Themen, die zum Nachdenken anregen, eine überzeugende Geschichte, dazu eine bunte Gruppe von Figuren, die man wegen ihrer eigenwilligen Vielfalt und Eigenheiten sofort auch persönlich treffen möchte, eine gute Portion Humor und positive Energie, eine Sprache, die perfekt in diese Mischung passt. Kann Gegenwartsliteratur auch Wohlfühllektüre sein? Ja, dieser Roman kann das.
"„Die Bereinigung meiner Verhältnisse beginnt mit der Restaurierung einer verlassenen, zerfallenden, nicht ordnungsgemäß genutzten Hütte. (Steht da, der Satz. Steht da und fühlt sich richtig an.)“ (Zitat Pos. 411)"
Poetisches Lesevergnügen, nicht nur für Bücherwürmer Inhalt Carl Kollhoff ist zweiundsiebzig Jahre alt, doch sein Beruf als Buchhändler ist nach wie vor ein wichtiger Teil seines Lebens. Täglich macht er seine abendliche Runde und bringt bestellte Bücher persönlich bei seinen besonderen Kunden vorbei. Es sind Menschen, die schon auf ihn und das neue Buch warten. Oft stößt unterwegs „Hund“ zu ihm, eine streunende Katze, die sich aber Carls Meinung nach wie ein Hund benimmt. Dann plötzlich taucht auch Schascha auf, neun Jahre alt, neugierig, ein Mädchen, das sich viele Gedanken macht und beschlossen hat, Carl ab sofort auf seinem Spaziergang zu begleiten. Doch wie lange noch? Denn Sabine Gruber, die Tochter seines ehemaligen, langjährigen Chefs, hat die Buchhandlung „Am Stadttor“ übernommen und will den Auslieferungsservice einstellen. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Bücher und ihre magische Kraft, Menschen zu verbinden. Themen sind Einsamkeit, Alter, Schicksale, Freundschaft und die spontane Kreativität von Kindern. Charaktere Carl Kollhoff lebt zurückgezogen mit seinen Büchern in einem durch seine Spaziergänge definierten Umfeld. „Du bist der Buchspazierer. So nenne ich dich.“ (Schascha, Pos. 356). Seine Kunden brauchen ihn und seine Besuche ebenso, wie er sie. Doch erst durch die aufgeweckte, Schascha, die sehr genau beobachtet und sich viele Gedanken macht, lernt auch Carl, genauer hinzuschauen, hinter das Offensichtliche. Doch nicht nur diese beiden Hauptfiguren schließt man sofort ins Herz, auch die Menschen, die Carl besucht, schrullige Einzelgänger mit ihren eigenen Themen, nehmen uns beim Lesen sofort für sich ein. Handlung und Schreibstil Es ist eine ruhige Geschichte, der Autor nimmt sich Zeit, die einzelnen Figuren zu schildern, ihr Leben, ihre Gefühle, Erinnerungen. Carls Umfeld wird ausführlich und eindrücklich beschrieben, seine Wege, die er täglich zurücklegt, die dennoch nie eintönig sind. Dann tritt Schascha in die Geschichte, stört die einsame Ruhe, die Carl so schätzt und zunächst auf keinen Fall aufgeben will. Zuerst neugierig beobachtend, beginnt sie zunächst leise, aber hartnäckig, die Routine zu verändern, weil sie mit ihren neun Jahren manche Dinge anders sieht und lose Fäden erkennt, die sich verknüpfen lassen. Fazit Eine einfühlsame, poetische Geschichte über die Magie von Büchern, aber ebenso über Einsamkeit und Probleme, für die sich erst durch Hinschauen und Zuhören Lösungen finden lassen. Auch sprachlich überzeugt dieser leise Roman über einen alten, ruhigen Buchhändler mit einer großen Liebe zu Büchern und ein neugieriges, aufgewecktes Mädchen, das sagt, was es sieht und denkt. Lesevergnügen, das nicht nur Bücherwürmer verzaubern wird.
"„Wenn er die Bettdecke über sich zog, tat er es in dem Bewusstsein, dass er am nächsten Tag wieder ein paar ganz besondere Bücher zu einem ganz besonderen Kunden bringen durfte.“ (Pos. 307)"
Inhalt Anna Moll, eigentlich Gräfin Dorn, kommt 1850 nach Paris, um die Kinder von Olaf Schmaleur zu unterrichten. Als sie Henriette und Jean für die deutsche Märchenwelt begeistern will, bringen diese ihr Zeitungen mit einer Fortsetzungsgeschichte, geschrieben von einem Alexandre Dumas. Die deutsche Lehrerin ist entsetzt über den freizügigen Inhalt und meldet den Autor der Zensurbehörde. Doch dann entdecken Anna und Alexandre, dass sie einen mächtigen gemeinsamen Feind haben. Eine gefährliche Reise durch Europa beginnt, zuerst geht es nur um drei wertvolle Amulette, doch bald geht es um das eigene Leben. Thema und Genre Dieser historische Abenteuerroman spielt Mitte des 19. Jahrhunderts in Paris, London und St. Petersburg. Es geht um Literatur, Freundschaft, Heilkunde, gefährliche Abenteuer und natürlich spielt Alexandre Dumas eine wichtige Rolle. Charaktere Anna, Gräfin Dorn, ist eine literaturbegeisterte Deutsche, die Alexandre Dumas auf Grund der Sittenlosigkeit seiner Romane verabscheut. Dennoch entscheidet sie sich, ihm zu helfen. Hier ist sie ebenso hartnäckig wie zuvor in ihrer Überzeugung, dass das, was er uns seine Mitarbeiter schreiben, die Bezeichnung Literatur nicht verdient. Mutig und einfallsreich lässt sie sich durch nichts und niemanden aufhalten. Alexandre Dumas lebt die Geschichten, die er schreibt und seine Einfälle sind unerschöpflich, auch, wenn es darum geht, seinen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren. Doch plötzlich ist sein Leben tatsächlich in Gefahr und er kämpft wie seine Musketiere gegen einen skrupellosen, mächtigen Gegner. Handlung und Schreibstil Der Roman beginnt mit einer Vorstellung der Figuren der Handlung. Die Geschichte selbst ist in drei große Abschnitte eingeteilt, Teil I spielt in Paris, Teil II in London und Teil III in St. Petersburg. Die Reise führt, mit vielen Zwischenstationen, in die berühmten Museen dieser Städte und ist, dem 19. Jahrhundert entsprechend, beschwerlich und gefährlich. Die einzelnen Charaktere und das Leben in dieser Zeit sind sehr eindrücklich, bunt und lebhaft geschildert. Man erkennt das Fachwissen und die sorgfältigen Recherchen des Autors, denn obwohl es sich um eine fiktive Romanhandlung handelt, bewegen sich die Ereignisse glaubhaft nahe an der Biografie des berühmten Schriftstellers Alexandre Dumas. Auch die Sprache passt, obwohl modern, in die Stimmung des 19. Jahrhunderts. Fazit Ein spannender Abenteuerroman mit Flair und Esprit, der uns beim Lesen sofort in die Zeit und Geschichten von Alexandre Dumas versetzt. Eine unterhaltsame, packende Lektüre für vergnügte Lesestunden.
"„Sie schloss für einen Moment die Augen. Dass ausgerechnet sie einem Kind so etwas vorlas! In Gedanken bat sie all ihre Lieblingsdichter um Vergebung und gelobte, diesem Jungen die wahre Literatur in ihren strahlendsten Farben nahezubringen, sobald die Gefahr vorüber war.“ (Zitat Pos. 3823)"
Packend, realistisch, beklemmend Inhalt Dem erfahrenen Investigativ-Journalisten Ilija werden streng geheime Unterlagen angeboten. Erstaunlich ist nur, dass sie ihm zeitgleich von Informanten aus dem amerikanischen und auch aus dem russischen Geheimdienst angeboten werden. Auf Grund des Umfangs der Unterlagen schließt er sich mit Boris zusammen, einem amerikanischen Wirtschaftsjournalisten mit russischen Wurzeln, der die Unterlagen ebenfalls erhalten hat, allerdings nur den Teil des amerikanischen Geheimdienstes. Boris, Computerspezialist, kennt sich mit allen Formen der internationalen Finanzgeschäfte aus, inklusive aller dunklen Seiten, während Ilija im Bereich Politik und Machtstrukturen recherchiert. Sie finden unglaubliche Zusammenhänge, doch lassen sich diese auch beweisen, sodass eine Veröffentlichung möglich ist? Thema und Genre Dieser Roman ist eine Mischung aus Politthriller und Wirtschaftsthriller, in dem die internationale Macht der maßgeblichen Politiker, der Oligarchen und Wirtschaftsmagnate aufgedeckt wird. Es geht um eine Welt, in der Macht- und Geldgier über alles gestellt werden und in welcher die Menschen nur mehr manipulierbare Figuren auf dem internationalen Schachbrett jener sind, welche die Züge vorgeben. Weitere Themen sind investigativer Journalismus, Leaks und Geheimdienste. Charaktere Ilija und Boris ergänzen einander von den ersten Sätzen ihres ersten Treffens an. Beide sind hartnäckig und suchen nicht nur nach Spuren, sondern vor allem nach Beweisen. Unterstützt werden sie durch die engagierte Filmemacherin Emi, die umfassende Unterlagen zu einem anderen Thema gesammelt hat, das jedoch plötzlich weit in die ihnen vorliegenden Dokumente reicht. Handlung und Schreibstil Die Handlung führt von Hongkong zurück nach Wien, nach Moskau und New York und durch das dazwischenliegende, weltweite Netz. Ergänzt wird die aktuelle Geschichte einerseits durch persönliche Rückblenden, vor allem aber durch die Schilderung der Ereignisse, Gespräche und Vorfälle, die in den Unterlagen genau dokumentiert sind. Auch durch das Gespräch mit Boris und Emi erfährt der Ich-erzählende Ilija weitere Tatsachen, die er bisher nicht wissen konnte. Dadurch ergibt sich eine Kombination aus Fakten, fiktiven, aber glaubhaften Daten, interessanten Informationen einerseits, und einer sehr spannenden Geschichte andererseits, die mit jeder neuen Seite noch Fahrt aufnimmt und auch mit unvorhergesehenen Wendungen überrascht. Fazit Ein spannender Polit- und Wirtschaftsthriller, der auch sprachlich überzeugt. Die brisanten Fakten sind mit fiktiven Ergänzungen verknüpft, die jedoch eine beklemmende Realität aufweisen. In Verbindung mit den interessanten Themen und der Geschichte der intensiven Recherchetätigkeit ergibt dies einen packenden Pageturner.
"„Weil die entscheidenden Fäden der Macht hinter den Kulissen gezogen werden, ist jede Entlarvung zunächst eine „Vermutung“ (darin das Wörtchen „Mut“), bis sie – oft erst Jahrzehnte später – bewiesen wird.“ (Zitat Seite 229)"
Perfekt für die Vorweihnachtszeit Inhalt Es sind drei Geschichten aus dem weihnachtlichen Salzburg und Umgebung und sie haben eines gemeinsam: die schöne, fröhliche Weihnachtsstimmung wird durch eine sehr böse Tat gestört. Im Mittelpunkt steht jeweils ein Mitglied des Ermittlungsteams von Kommissar Merana: den ersten Fall untersucht Kommissar Merana, den zweiten Fall bearbeitet Chefinspektorin Carola Salman und für den dritten Fall ist Abteilungsinspektor Otmar Braunberger zuständig. Thema und Genre Dieser weihnachtliche Kriminalroman mit Regionalbezug spielt in Stadt und Land Salzburg. Stimmungsvolle Schilderungen von Weihnachtsmärkten und interessantes Wissen über die traditionellen Bräuche wie Glöckler, Herbergsuche und Krippenspiele ergänzen die mörderischen Ereignisse. Handlung und Schreibstil Süßer die Glocken nie bimmeln Durch die Fenster der Orangerie des Schlosses Hellbrunn leuchtet der weihnachtlich geschmückte Park. Doch der Mann, der in der Mitte des Raumes liegt, kann sich daran nicht mehr erfreuen und mitten im stimmungsvollen Glöcklerlauf ertönt ein schriller Schrei. Gerade noch hatte Kommissar Merana entspannt Weihnachtslieder mitgesummt, doch nun ist er im Dienst. „Eine wenigstens halbwegs erfolgversprechende Spur sah anders aus. Eine solche war bisher weit und breit nicht auszumachen. (Zitat Pos. 451) Englein, Mord und Christbaumkugel Notburga Englein ist Privatdetektivin und als ihr die Stelle als Warenhausdetektivin im mega-spleshigen Einkaufszentrum angeboten wird, sagt sie sofort zu. Dem freundlichen Manager ist ihr Name aufgefallen und er ist überzeugt, sie passt gut in das vorweihnachtliche Team. Doch plötzlich ist Englein die Hauptverdächtige in einem Mordfall und Chefinspektorin Carola ermittelt. „Es war auch zu absurd. Vor nicht einmal einer Stunde hatte sie mit ihrer Tochter Weihnachtslieder geträllert und entzückende Zeichnungen in einem Bilderbuch bewundert – und jetzt stand sie einer Verdächtigen gegenüber, die ausgerechnet Englein hieß.“ (Zitat Pos. 1283) Wer klopfet an? Eine kleine Nachtschwalbe, die sich eigentlich im Herbst auf den Weg nach Afrika hätte machen sollen, wird durch eine Gruppe Anglöckler aufgestört. Singend machen sie in den Abendstunden dieses ersten Anglöckler-Donnerstags die Runde zu den einzelnen Höfen. Doch in einem der Anwesen werden sie nicht so erwartet, wie es üblich war. Hier hatte bereits jemand angeklopft, doch es wurde kein Herbergslied gesungen. „Allerorts eine festliche, friedliche Stimmung. Freude auf allen Seiten. Nur er muss sich mit einem brutalen Mord beschäftigen. (Zitat Pos. 1941) Fazit Dieses Buch mit drei weihnachtlichen Kriminalfällen, die in der schönen Stadt Salzburg und Umgebung spielen, führte mich zurück in meine Kindheit in Salzburg und sofort habe ich mich an die beschriebenen Bräuche erinnert und die Lieder kenne ich immer noch. Ein sympathisches Ermittlerteam und treffend und humorvoll geschilderte Hauptfiguren ergänzen die Kriminalfälle und ihre Hintergründe zu einem unterhaltsamen, angenehmen vorweihnachtlichen Leseerlebnis.
"„Ich bin garantiert nicht als ständig einsatzbereiter Kripochef hier, versuchte er sich zu beruhigen. Offenbar will das Kind in mir sich von diesem Zauber ringsum berühren lassen.“ (Zitat Pos. 95)"
Ein packender, realistischer Thriller Inhalt Der Versicherungsdetektiv Peter Hogart ist privat in Paris. Zusammen mit seiner Nichte Tatjana, 19 Jahre alt, begleitet er seine Lebensgefährtin, die Kunsthistorikerin Elisabeth Domenik. Diese leitet als Auktionatorin in der Opéra Garnier eine exklusive, nicht öffentliche Auktion einer höchst wertvollen mittelalterlichen Knochennadel aus Privatbesitz. Zur Versteigerung selbst wird aus Sicherheitsgründen nur eine Kopie gezeigt. Anschließend holt Elisabeth das Original aus dem Tresor. Doch einen Augenblick später ist sie spurlos verschwunden und mit ihr der wertvolle Kunstgegenstand. Hogart beginnt sofort mit der Suche nach Elisabeth, recherchiert die Hintergründe, forscht nach Zusammenhängen. Doch jemand ist ihm immer einen Schritt voraus und statt auf Gesprächspartner trifft er auf Tatorte … Thema und Genre In diesem Thriller und dritten Fall für den Wiener Privatdetektiv Peter Hogart geht es um den internationalen Kunstmarkt und wertvolle Antiquitäten. Auch psychologische Hintergründe spielen eine Rolle. Charaktere Peter Hogart muss unter extremem Zeitdruck einen Fall lösen, der zunächst mehr Rätsel als Antworten bietet. Gleichzeitig muss er auch seine Nichte Tatjana beschützen. Bald steht er selbst unter Verdacht, doch aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. Tatjana spielt Bass in einer Mädchen-Punkband, macht gerade an der Polizeischule Wien ihre Ausbildung und besteht darauf, bei ihrem Onkel in Paris zu bleiben, um ihn bei seinen Recherchen zu unterstützen. Der Autor nimmt sich Zeit für die einzelnen Charaktere, jede seiner Figuren ist speziell und sehr treffend entwickelt. Handlung und Schreibstil Die facettenreiche, packende Handlung spielt in Frankreich und zwar in Paris, Versailles, Le Havre, an der Cote D’Azur und in Monaco. Der extrem knappe Zeitrahmen zwischen 14. und 19. September ergibt sich aus den Ereignissen und strafft die dichte Handlung, welche dadurch noch spannender wird. Parallel zum aktuellen Geschehen verläuft eine zweite Geschichte, welche fünfzehn Jahre vorher beginnt und ebenfalls chronologisch erzählt wird. Auch wenn man beim Lesen Zusammenhänge vermutet, halten überraschende Wendungen die Spannung aufrecht. Die genauen Beschreibungen der Handlungsorte führen uns beim Lesen direkt nach Paris und in die Kunst- und Antiquitätenszene. Diese Ausführlichkeit behält der Autor auch bei den Schilderungen der Tathergänge bei, hier merkt man, dass er auch im klassischen Gothic-Genre zu Hause ist. Fazit Ein interessanter, dichter und intensiver Thriller. Eine überzeugende, glaubhafte Geschichte, mit einigen sehr realistischen, heftigen Details, aber auch mit einer guten Prise lockerem Humor packend erzählt.
"„Du hast dich soeben einer geplanten Festnahme widersetzt und bist mit einer nicht registrierten Waffe abgehauen. Und das im Ausland.“ (Zitat Seite 236)"
Ein gelungener Abschluss einer packenden Trilogie Inhalt Dieses Weihnachten 1987 im kalten, tief verschneiten Island verändert das Leben von Hulda Hermannsdóttir, Kommissarin bei der Polizei Reykjavík, unwiderruflich. Doch es ist ihr wichtig, nach einem Sonderurlaub rasch in ihren Beruf zurückzukehren. Ihr Chef betreut sie mit einem sehr speziellen neuen Fall. Die Bewohner eines einsamen Bauernhauses im abgelegenen Osten Islands, ein altes Ehepaar, wurden tot aufgefunden. Sie waren nicht friedlich verstorben und es musste bereits während der Weihnachtstage passiert sein. Gleichzeitig lässt Hulda das nach wie vor ungeklärte, spurlose Verschwinden einer jungen Frau während der Sommermonate keine Ruhe. Thema und Genre In diesem Thriller, dem dritten und letzten Band der Serie um die Ermittlerin Hulda geht es um Familie, Verlust, Schuld und Verantwortung. Auch psychologische Elemente spielen eine wichtige Rolle. Charaktere Hulda muss mit einem persönlichen Schicksalsschlag fertig werden, für den sie sich mitverantwortlich fühlt. Teilweise sind ihre Gedanken dadurch abgelenkt, gerade deshalb übernimmt sie diesen neuen Fall bewusst und vertieft sich in die Ermittlungen. Sie ist eine sehr genaue, erfolgreiche Kriminalbeamtin, doch sie weiß auch, dass sie mit ihren vierzig Jahren beruflich wesentlich weiter wäre, wäre sie in Mann. Umso mehr ist sie entschlossen, immer einfach ihr Bestes zu geben. Handlung und Schreibstil Die Ereignisse werden in zwei paralellen Geschichten geschildert, die in den Weihnachtstagen 1987 und Februar 1988 spielen. Ein ergänzender dritter Handlungsstrang führt zurück in den Sommer 1987. Der Winter in Island ist düster und kalt und gerade deshalb sind die Traditionen des Weihnachtsfestes für die Menschen so wichtig. Doch in diesen gemütlichen Beschreibungen über das typische Festessen und Bücher, die als Geschenk unbedingt zu einem isländischen Weihnachtsfest gehören und die man auch sofort mit Vorfreude zu lesen beginnt, schwingen rasch Beklemmung und Ängste mit. Vermutungen ergeben sofort einen besonderen Sog in diese packende Geschichte und überraschende Wendungen sorgen für zusätzliche Spannung. Der Autor spielt mit der Sprache und fängt die unterschiedlichen Stimmungen eindrücklich ein und versetzt uns beim Lesen sofort in das einsame winterliche Island. Fazit Weihnachten im kalten, tief verschneiten Island wird besonders gemütlich und traditionell gefeiert, doch manchmal trügt der Schein und was zuerst in der Dunkelheit nur mitschwingt, tritt immer deutlicher hervor. Ein vielschichtiger, sehr spannender Nordic Noir Thriller, ein gelungener Höhepunkt zum Abschluss dieser Serie. Auch die gewählte Form, diese Trilogie im Zeitablauf rückwärts zu erzählen ist ebenso ungewöhnlich wie genial und packend, ich würde, obwohl nun ja alle drei Bände erschienen sind, genau die vom Autor gewollte Reihenfolge DUNKEL – INSEL – NEBEL einhalten.
"„Immerhin, jeder kleine Sieg verschaffte ihr eine gewisse Befriedigung. Wenigstens konnte sie selbst stolz darauf sein, gute Arbeit geleistet zu haben, auch wenn es sonst niemand erwähnenswert fand.“ (Zitat Seite 329)"
Inhalt Arthur Galleij ist zweiundzwanzig Jahre alt, als der die JVA Gerlitz als freier Mann verlässt. Er wusste, dass ihn niemand erwarten würde, doch da irrte er. Grazetta, eine alte Dame mit einem bewegten Leben, die er in der Palliativresidenz seiner Mutter in Spanien kennengelernt hatte, ist nun hier in Wien, um auf ihn aufzupassen. Dies will auch der Therapeut Doktor Konstantin Vogel, genannt Börd, der Gesellschaftswissenschaften studiert hatte, auf Grund seiner eigenwilligen Arbeitsweise jedoch arbeitslos wurde. Bettina Bergner hat ihn, ihren ehemaligen Professor, als Mitarbeiter in ihr Projekt geholt, eine neue Form der Therapie für Haftentlassene. Einen vorübergehenden Platz in einer speziellen WG hat Arthur, doch er braucht dringend einen Job. Rasch erkennt er, dass er dazu einen etwas korrigierten Lebenslauf benötigen würde. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Träume, Verluste, Ereignisse, die Menschen aus der Bahn werfen können, um die reale Härte im Strafvollzug, Bewährungshilfe, Resozialisierung, Vorurteile und mögliche neue Chancen. Auch der schöne Schein des angepassten, daher perfekten Menschen, der in unserer modernen Gesellschaft so wichtig ist, ist ein Thema. Charaktere Arthur ist ein intelligenter, aber sehr ruhiger junger Mann. Er beobachtet und versucht, das gesellschaftliche System zu verstehen. Im Grunde sollte es für einen Menschen wie ihn nicht schwierig sein, Arbeit zu finden, doch nicht als Haftentlassener. Er erkennt, dass keine gesellschaftliche Beschönigung ihm helfen kann, sondern „einzig und allein ich an meiner Seite.“ Handlung und Schreibstil Nach einer kurzen Einleitung, ein Morgen in der Jetztzeit, beschreibt die aktuelle Handlung die Ereignisse zwischen Juni 2010 und Juni 2011. Parallel dazu wird in Rückblicken Arthurs Kindheit und Jugend erzählt, ergänzt durch Arthurs eigene Erinnerungen. Das Schicksal dieser Hauptfigur, die untypisch in diese Lage geschlittert ist, wird lebendig, einfühlsam, aber auch unverklärt und realistisch geschildert. Obwohl Arthur jung ist, scheint er, ebenso wie Börg und Grazetta, etwas aus der Zeit gefallen, und man schließt diese Figuren mit allen ihren Schrullen und speziellen Eigenheiten rasch ins Herz. Die Sprache erzählt klar, gerade und eindrücklich. Fazit Ein ernster, nachdenklicher und gleichzeitig humorvoller Roman. Diese Geschichte über die Realität eines Alltags mit einem Gefängnisaufenthalt im Lebenslauf überzeugt auch durch die einnehmende Hauptfigur.
"„Er braucht einen schönen, gerade Lebenslauf. Nicht übertrieben ausgeschmückt, darum geht es nicht, aber etwas, das ihn auf den normalen Weg führt.“ (Zitat Pos. 1746)"
Inhalt Clara Fink, bald siebenunddreißig Jahre alt, träumte schon als Kind von fernen Ländern, grenzenloser Freiheit und vom Fliegen. Heute ist sie Berufspilotin bei einer spanischen Billigfluglinie, als Copilotin für Maschinen wie die Boing 777 ist sie ehrgeizig und zielorientiert auf dem Weg zur Beförderung zum Flugkapitän. Die knappen Stunden zwischen den Flügen reichen nicht aus, um irgendwo innezuhalten und so wie zwischen den unterschiedlichen Destinationen rund um den Globus, pendelt sie auch im Privatleben ruhelos zwischen zwei Männern: Matthias, Anwalt in München, der sie umsorgt und sich mehr gemeinsame Zeit wünscht, wodurch sie sich eingeengt fühlt, und dem dominanten, manipulativen Gabrio Estevez in Madrid, ihrem ehemaligen Fluglehrer. Als sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommt, nimmt sie zwei Wochen Urlaub, findet ein günstiges Ticket nach Colombo, packt ihre Sachen in Motorrad-Satteltaschen und fliegt auf die Insel, die sie seit elf Jahren gemieden hat. Diese Reise durch das noch immer vom Bürgerkrieg gezeichnete Sri Lanka wird für sie eine Reise durch ihr bisheriges Leben, Zeit, sich ihren verdrängten Erinnerungen zu stellen. Thema und Genre In diesem Roman geht es um prägende Erfahrungen und das Schweigen darüber, Familie, Beziehungen. Wichtige Themen sind die Situation von erfolgreichen Frauen in männerdominierten Berufen und Sri Lanka als Beispiel steht für globale Konfliktsituationen, Bürgerkriege als Gegenpol zu großartiger Natur. Charaktere Das Leben der Pilotin Clara ist von moderner Rastlosigkeit geprägt. Von der Großmutter hat sie gelernt, dass man über schlimme Erlebnisse nicht spricht, dieses Schweigen bestimmt Claras Leben. Sie wird Pilotin, weil sie die Welt sehen will, aber im intensiven Berufsalltag sieht sie nur mehr die austauschbaren Flughäfen. Erst als ihre Erinnerungen ihr bis ins Cockpit folgen, erkennt sie, dass sie sich der Vergangenheit stellen muss. Handlung und Schreibstil Der Roman beginnt mit ihrem Flug nach Sri Lanka am Anfang ihres vierzehntägigen Urlaubs. Vor elf Jahren war Sri Lanka ihre erste Tropendestination als Flugbegleiterin gewesen. Damals war der Tamile Surya, eigentlich Lehrer, ihr Fahrer gewesen, der ihr die Insel gezeigt und über dieses Land erzählt hatte. Jetzt mietet sie nach der Landung in Colombo ein Motorrad und beginnt ihre Reise über die Insel. Die chronologisch erzählte Jetztzeit mit Schilderungen der Landschaft und der Menschen, die Clara begegnen, wird durch Erinnerungen unterbrochen. Es sind Bruchstücke ihres Lebens, die ungeordnet auftauchen, dazwischen Träume, Sehnsüchte, Gedankenkreise, die Männer in ihrem Leben. Ihre stillen Beobachtungen der tropischen Natur enden in Parallelen zu ihrer Kindheit, ihre Familie, Sommer am Staffelsee. Blumen führen ihre Gedanken zu Gabrio, zu Matthias, verbunden damit ihr erfolgreicher beruflicher Werdegang. Sie verlängert den Urlaub um einige Tage, doch die Hoffnung auf einen Neubeginn endet bei den Vorsätzen. Die eindrückliche Sprache wechselt zwischen poetischen Schilderungen und rasant-kurzen Momentaufnahmen, man spürt die atemlose Getriebenheit der Hauptfigur. Diese Mischung zieht uns Leser rasch in den Sog dieser Geschichte einer starken, im Beruf zielorientierten Frau, die im realen Leben eine Suchende, eine rastlose Nomadin bleibt. Fazit Es ist beeindruckend, wie es auch diesem Autor der modernen Gegenwartsliteratur gelingt, eine kraftvolle, lebendige, absolut authentische Frauenfigur zu schaffen und ihre Geschichte einfühlsam, intensiv, packend und glaubhaft zu erzählen, verbunden mit einer bildgewaltigen Reise und Sprache.
"„Alte Kreise öffnen sich, mit der Zirkelspitze am Staffelsee. Sri Lanka. Ozean., kein See. All die Jahre hatte sie die Kreise immer weiter gezogen, der Kern der hart gewordenen Erinnerung hatte dabei festgesteckt.“ (Zitat Pos. 2714)"
Inhalt Die zweite Heimat des Mediziners Tom Bayne ist Shenzhen, Sonderwirtschaftszone, Sitz bedeutender ausländischer Investoren. Seine Firma CUMO arbeitet im Bereich medizinischer Start-ups und er braucht dringend einen Investor. Die Chinesen sind sehr an seiner innovativen Cure-Mobile App in Kombination mit einem Chip interessiert, doch Tom entscheidet sich für den Milliardär Dairon Arakis, der ihn als persönlichen Betreuer engagiert. Dann überschlagen sich die Ereignisse, Toms App zeigt eigenartige Werte in Verbindung mit Fake News, in der Schweiz gibt es ein Seebeben, die italienischen Banken stehen vor dem Zusammenbruch und drohen die gesamte Eurozone mitzureißen. Die NSA macht Tom ein Angebot, das er nicht ablehnen kann. Thema und Genre In diesem Polit-Thriller geht es um modernste technische Lösungen für die umfassende Überwachung, nicht nur der virtuellen Daten, sondern auch des realen Lebens der Menschen. Themen sind die aufstrebende Weltwirtschaftsmacht China und das uneinige, zögerliche Europa, sowie weltweite Finanztransaktionen. Charaktere Tom Bayne ist in Deutschland und China zu Hause, ein deutscher Vater und eine englische Mutter machen ihn zu einem international denkenden Menschen. Auf der Suche nach einem Investor für seine innovative App im Bereich Medical Big Data und der Wahl zwischen der höchst interessierten chinesischen Regierung und einem privaten Global Player, Milliardär und Investor, steht er plötzlich im Zentrum einer brisanten Mischung aus internationaler Hochfinanz und internationaler Politik mit durchaus unterschiedlichen Interessen, deren Spielball Europa ist. Handlung und Schreibstil Dieser packende Thriller spielt in einer straffen Zeitspanne. Die unterschiedlichen Handlungsorte liegen in China, Amerika, Deutschland, Großbritannien, Italien, Schweiz, in Büros in modernsten Hochhaustürmen, Banken, Luxushotels, im Vatikan und auch in einer kleinen italienischen Trattoria. Die Geschichte selbst ist sehr genau recherchiert und zeigt das Fachwissen des Autors in den Bereichen neueste Forschung, Unternehmensstrategien, Wirtschaftsmacht China, Politik der Großmächte und internationale Finanzmärkte. Manche Entwicklungen im Bereich Digitalisierung und umfassende Überwachung sind vielleicht in dieser Form noch nicht umgesetzt, aber durchaus reale, nahe Zukunft. Trotz dieser komplexen Themen sind die Zusammenhänge klar, verständlich und nachvollziehbar geschildert, wobei der Schwerpunkt durchgehend auf der spannenden Handlung und bei den agierenden Figuren liegt. Die Sprache beschreibt, wo es um Situationen, Orte, Stimmungen und Zusammenhänge geht, und zieht rasant vorwärts, wo es um Einsatz und Action mit dem entsprechenden Zeitdruck geht. Fazit Ein packender Wirtschafts- und Politthriller, interessant, informativ und sehr spannend.
"„Es gibt kein richtiges Handeln im falschen.“ (Zitat Seite 257)"
Brisant und spannend Inhalt Natürlich geht der Journalist und Autor Michael Landorff auf die exklusive Party des erfolgreichen Unternehmers und Milliardärs Gregory Winter, auch wenn er keine Ahnung hat, warum er auf der Einladungsliste steht. Schon des großartigen Buffets wegen, denn obwohl seine Thriller die Leser begeistern, fehlt ihm noch immer ein Verlag. Dies will seine langjährige Bekannte Melissa Warttemberg ändern, die mit ihrer Agentur professionelle Kampagnen für bekannte internationale Großkonzerne durchführt. Als Gregory Winter am Morgen nach der Party grausam ermordet aufgefunden wird, sieht Melissa für Landorff als erfahrenen Journalisten eine einmalige Chance: er muss sofort mit der Suche nach dem Mörder beginnen, den Fall vor der Polizei aufklären und gleichzeitig darüber ein Buch schreiben. Bei der Durchsicht der Gästeliste trifft er auf Alexandra Buschmann, eine professionelle Pokerspielerin, die ebenfalls eingeladen war, ohne Gregory Winter zu kennen. Gemeinsam beginnen sie zu recherchieren, und dies wird binnen kürzester Zeit lebensgefährlich. Umgeben von Geheimdiensten mit unterschiedlichen Interessen und skrupellosen Gegnern, finden sie heraus, worum es eigentlich geht: um ein brisantes Forschungsprojekt mit dem Namen „Tartarus“, das die Welt verändern wird. Thema und Genre In diesem packenden Wissenschafts- und Politthriller geht es um die Forschungsbereiche KI, Drohnen als Kampfroboter, modernste Steuerungstechnik, Geheimdienste, Politik und internationale Wirtschaftsinteressen. Charaktere Michael Landorff ist Autor, doch er ist auch ein erfahrener Journalist mit einem entsprechenden Netzwerk. Die ersten Recherchen zeigen, dass wesentlich mehr hinter diesem Mordfall steckt, als zunächst angenommen. Jede Antwort wirft neue Fragen auf, doch er gibt nicht auf, obwohl er rasch erkennt, dass sein Einsatz sein Leben ist, denn bald weiß er zu viel. Alexandra Buschmann, studierte Mathematikerin und Wirtschaftswissenschaftlerin, recherchiert mit ihm, denn plötzlich erkennt sie ihre Verbindung zum Unternehmen des Ermordeten. Handlung und Schreibstil Ein Journalist und eine Pokerspielerin: die spannende Recherche führt die beiden Hauptfiguren von München aus durch Bayern bis nach Wien, und über Umwege wieder zurück, mit Gegnern aus aller Welt, die ihren Spuren folgen. Die Handlung wird in einer straffen Zeitspanne geschildert, Rückblenden ergänzen mit Details. Man erkennt die genaue Recherche und das Fachwissen des Autors, die Geschichte ist realistisch und nachvollziehbar. Seine Geburtsstadt Wien schildert Gerd Schilddorfer, eingebunden in spannende, gefährliche Situationen, mit Charme und Schmäh abseits der Touristenrouten – wer Wien kennt, liest dies mit einem Lächeln, Wien-Neulinge finden hier ganz sicher Ideen für den nächsten Wienbesuch. Die Sprache passt perfekt zum Genre, spannend, mit einer guten Prise Humor. Die wissenschaftlichen Erklärungen sind gekonnt in lockere Dialoge eingebaut, sodass sie verständlich und interessant zu lesen sind. Fazit Ein packender Thriller mit brisanten Themen und unvorhersehbaren Wendungen. Wem können wir überhaupt noch trauen?, fragen sich nicht nur die beiden sympathischen Hauptfiguren, sondern auch wir Leser*innen, denn es gibt immer wieder Überraschungen. Ein spannender Pageturner, der vergnügte Lesestunden bietet.
"„Da war etwas, das im Hintergrund blieb, sich versteckte, wie unter einem Tarnmäntelchen, und sich ins Fäustchen lachte. Und Landorff hatte keine Ahnung, was es war.“ (Zitat Seite 84)"
Eine einfühlsame, nachdenkliche Geschichte Inhalt Das Leben von Mathieu war nie einfach gewesen, doch der letzte Schicksalsschlag wirft ihn endgültig aus der Bahn und er landet er auf der Straße. Seine Hündin Sam, die ihm aus seinem früheren Leben geblieben ist, begleitet ihn auch jetzt mit ihrem stillen Vertrauen und in den Nächten wärmen sie einander, denn der Winter hat begonnen. Doch sie haben Glück, ein Bekannter verreist über den Winter, seine leerstehende Wohnung überlässt er seiner Cousine Gabrielle und diese ist bereit, die beiden vorübergehend aufzunehmen. Da ist Sam plötzlich verschwunden. Mathieu hatte sie nur kurz vor einem Laden angebunden, in dem er öfter einkauft. Mathieu macht sich sofort auf die Suche und Gabrielle hilft ihm dabei, doch Montreal ist eine Großstadt und Sam kann überall sein. Thema und Genre Es geht um anonyme Schicksale in einer Großstadt, um Menschen, die durch besondere Umstände plötzlich aus ihrem Leben geworfen werden und versuchen, auf der Straße irgendwie über die Runden zu kommen. Themen sind Erinnerungen, Trauer, Verzweiflung und neue Hoffnung, Mut, und die Liebe. Charaktere Mathieus Kindheit ist von seiner dominanten Mutter und einem schweigsamen Vater geprägt. Sehr jung verliebt er sich in Karine, die Frau seines Lebens, die ihn und die gemeinsame Tochter Lila jedoch verlässt. Manchmal will Mathieu einfach aufgeben, doch er kann es nicht, irgendwie macht er immer weiter, gefangen in seinen Erinnerungen. Sam ist ein wichtiger Teil des früheren Lebens und darum muss er sie wiederfinden, er gibt nicht auf, folgt jeder Idee, wo er suchen könnte. Handlung und Schreibstil Der obdachlose Mathieu erzählt seine Geschichte selbst. Die aktuelle Handlung, die Stunden und Tage der Suche nach seiner Hündin Sam, wird in kurzen Abschnitten erzählt, die immer wieder durch seine Erinnerungen durchbrochen werden. So erfahren wir die wichtigsten Ereignisse aus seinem Leben, allerdings nicht chronologisch, sondern bruchstückhaft, kurze Geschichten und Situationen, die sich schließlich zu einem Gesamtbild über das bisherige Leben von Mathieu zusammenfügen. Die Hündin Sam ist das Bindeglied zu seinem früheren Leben und die Suche nach seiner Hündin wird für ihn auch zum Versuch, mit der Vergangenheit weiterzuleben. Die Frage, ob es ihm gelingen wird, Sam in der Metropole Montreal wiederzufinden, sorgt für Spannung und wir bangen und hoffen mit Mathieu. Die Sprache ist einfühlsam und gibt in teilweise einfachen, sehr persönlichen Sätzen nicht nur die aktuelle Situation und die Erinnerungen, sondern auch die Gedanken und Gefühle der Hauptfigur packend und glaubhaft wieder, führt uns direkt in sein Leben. Fazit Ein einfühlsamer, leiser, nachdenklicher Roman über die Hintergründe, die dazu führen können, einen Menschen völlig aus der Bahn zu werfen. Gleichzeitig ist es jedoch eine poetische Geschichte über das Leben, die Kraft der Liebe und den Mut, dass es irgendwie weitergeht.
"„Vielleicht hat sie sich gesagt, wir treffen uns an unserem Schlafplatz, und sie hätte auch gern eine Nachricht hinterlassen, aber so was machen Hunde nicht. Sie ergreifen eher selten die Initiative, deshalb haben sie nie gelernt, wie man Bescheid sagt.“ (Zitat Pos. 394)"
Eine intesive, großartige Geschichte Inhalt Die Insel Pate gehört zum Lamu Archipel an der Nordküste Kenias. Dort wächst Ayaana mit ihrer Mutter Munira auf. Ayaana hat viele Fragen an das Meer und als der weitgereiste, alternde Seemann Muhidin, der nun ein kleines Buchgeschäft besitzt, ihr zuhört und auf manche Fragen auch Antworten kennt, hat sie endlich einen Vater gefunden. Denn ihre Mutter Munira schweigt darüber, wer ihr richtiger Vater ist. Sie ist beinahe einundzwanzig Jahre alt, als sie als Nachfahrin einer sechshundert Jahre alten Geschichte eine Einladung nach China und ein Studienstipendium erhält. Doch die Sehnsucht nach ihrer Heimat und dem Meer bleibt und noch immer hat sie keine Antwort auf die Frage: Nhi shi shei -Wer bist du? Thema und Genre In diesem Coming-of-Age-Roman, der in Afrika und China spielt, geht es um die Frage, wer man ist, um Heimat, Wurzeln, Sehnsucht, menschliche Schicksale, Gewalt, Trauer, Verlust, Familie und die Liebe in vielen Facetten. Doch es geht auch um die Geschichte eines kleinen Insel-Archipels als Spielball der Mächtigen und den Kampf um die Unabhängigkeit, um den Erhalt der Natur und der eigenen Freiheit. Charaktere Es sind die vielschichtigen Charaktere, alle auf ihrer eigenen, unterschiedlichen Suche nach einem Platz im Leben, die diese intensive Geschichte prägen. Ayaana ist ein unabhängiges, wissbegieriges Mädchen mit vielen Fragen an die Menschen und an die Natur, die sie umgibt. Da sie keinen Vater hat, sucht sie sich selbst einen aus. Später, als junge Frau in China, bleibt sie trotz Heimweh stark und mutig, setzt Schritte, geht ihren Weg, der sie, immer noch auf der Suche, zurück nach Pate führt. Handlung und Schreibstil Dieser Roman ist fiktiv, so wie auch die Hauptfigur, Ayaana Abeerah Mlingoti. Dennoch gibt es das „China Girl“ und die Fakten dazu wirklich und daraus, sowie dem realen historischen Hintergrund, entstand diese Geschichte. Die Handlung beschreibt das Leben von Ayaana beginnend in ihrer Kindheit, bis sie eine erwachsene junge Frau ist. Damit verbunden sind die Geschichten der Menschen, die sie auf diesem Weg begleiten oder ihren Weg kreuzen, aktuell und in Rückblenden. Die politischen Ereignisse sorgen für Spannung und unvorhersehbare Wendungen, welche die aktuelle Handlung beeinflussen. Es ist eine vielschichtige, interessante und lebendige Geschichte, welche das packende Geschehen und Schicksale der Hauptfiguren verknüpft. Die Sprache ist eindrücklich und sehr poetisch, die Beschreibungen malen Bilder aus einer phantastisch bunten Farbpalette. Fazit Ein intensiver, packender Roman, farbenprächtig, lebensbejahend und gleichzeitig stürmisch und dunkel vor Trauer und Verlust, wie das Leben. Eine großartige Geschichte und ein spannender Einblick in die moderne afrikanische Literatur.
"„Frag dich immer: Wo will ich hin? Und wenn du es weißt, mach dich auf den Weg.“ (Zitat Pos. 882)"
Thema, Inhalt und Umsetzung Dieses Sachbuch mit zahlreichen Farbfotografien ist ein umfassender, informativer Ratgeber zum Thema Ganzjahrsfütterung unserer gefiederten Gäste aus der heimischen Vogelwelt. Das über viele Jahre recherchierte Fachwissen ist wie folgt eingeteilt: Zunächst werden in zwei übergeordneten Kapiteln die Grundlagen dargelegt. Vögel füttern: es geht um den Artenrückgang und die Geschichte der Fütterung. Den Abschluss dieses Teiles bildet der Haussperling als detailliertes Beispiel. Was Vögel zum Leben brauchen: hier sind die wissenschaftlichen Grundlagen nachzulesen. Es folgt der umfangreiche Praxisteil. Vögel Füttern in der Praxis: hier geht es um Futterspender, die unterschiedlichen geeigneten Futterarten, eine Übersicht der Fütterung im Jahreslauf. Diesmal ist der Star das Musterbeispiel. Doch auch auf die nicht gewünschten Besucher des Futterplatzes wird Bezug genommen, auf die erforderliche Hygiene und auch Tipps, was bei kranken oder toten Vögeln zu tun ist. Ein umfangreicher Teil mit ergänzenden Maßnahmen vom vogelfreundlichen Garten bis zu geeigneten Nistplätzen beendet diesen Praxisteil. Den Abschluss bildet ein vierzig Seiten langes Porträt der heimischen Vogelarten, die an den Futterstellen zu beobachten sind, jeweils eine genaue Beschreibung, Ähnlichkeiten und Unterschiede für die Bestimmung werden durch zahlreiche Farbfotografien klar erkennbar. Am Buchende findet sich ein kurzer Serviceteil mit Quellenangaben und Adressen von Futtermittelherstellern. Fazit Ein praxisnaher Ratgeber, verfasst nach jahrelanger Forschung von Prof. Peter Berthold und seiner leitenden Assistentin Gabriele Mohr. Klar strukturiert und sehr verständlich und lesbar geschrieben, finden auch schon bisher überzeugte Ganzjahresfütterer wie ich viele neue, wichtige Informationen und Tipps. Ein Sachbuch, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt, um nachzulesen, oder einfach aus Freude an den vielen wunderbaren Fotografien.
"„So ist ein wunderbares Buch entstanden, das auf den heute verfügbaren wissenschaftlichen Grundlagen aufbaut und eindeutig zeigt: Vogelfütterung – sowohl als Winterfütterung und besser noch als Ganzjahresfütterung – leistet, verantwortungsvoll durchgeführt, einen überaus wertvollen Beitrag zum Vogelschutz und zum Erhalt der Artenvielfalt.“ (Zitat Seite 5, Vorwort Heinz Sielmann)"
Ein vielschichtiger Frauenroman Inhalt Caja Rodinger, ihre beste Freundin Jolie Mossmann und Ludwig Gruber, ein lebhafter, älterer Witwer, fahren spontan ans Meer. Sie landen in der großen Künstlervilla des bekannten Regisseurs Riccardo Renzi in Caorle, wie sich herausstellt, ein alter Freund von Ludwig. Caja ist Künstlerin, nimmt aber seit Jahren nur mehr Auftragsarbeiten als Kinderbuchillustratorin an. Für ihren Ehemann Ben ist sie von Berlin nach Graz gezogen, doch die Ehe ist im Alltag zu einem wortlosen Nebeneinander geworden und Caja flüchtet sich in die persönliche Welt einer Fremden, deren Smartphone sie gefunden hat und deren tagebuchartige Einträge sie liest. In Italien beginnt Caja, den Grund für den Stillstand in ihrem Leben zu suchen und darüber nachzudenken, wie es weitergehen könnte. Thema und Genre Das Cover lässt einen unbeschwerten Sommerroman für den Liegestuhl erwarten, doch schon die Leseprobe zeigt, dass es hier um ein Netz von ernsten Konflikten geht, um Stagnation und Selbstzweifel, um die Suche nach dem Platz im eigenen Leben. Themen sind Liebe, Verlust und Freundschaft. Auch Farben, die Malerei und das Meer spielen eine Rolle. Charaktere Jolie ist unabhängig, kommt gerade von einem Auslandsjob in Chile nach Berlin zurück. Juran ist Musiker und Maler, nimmt notfalls auch jeden Gelegenheitsjob an, reist von Künstlerkolonie zu Künstlerkolonie. Caja dagegen hängt in einem Leben fest, das völlig anders verläuft, als sie es sich gewünscht hatte. Ihre Kreativität ist blockiert, unter Auftrags- und Termindruck fehlen ihr die Ideen. Handlung und Schreibstil Die Geschichte, in deren Mittelpunkt die Reise nach Italien und daran anschließend ein Aufenthalt in Berlin stehen, wird von einer Parallelgeschichte begleitet, Nathalie und ihr Tagebuch, das sie selbst in ihrem Smartphone führt. Die Handlung ist stimmig, die Autorin lässt der Hauptfigur Caja, die ihre Geschichte ebenfalls als Ich-Erzählerin schildert, viel Freiraum. Besonders die Szenen, in denen Caja sich langsam wieder auf ihre Malerei besinnt, sind sehr einfühlsam geschildert. Andererseits jedoch lässt die Autorin Caja zu lange in einer dauernden Schleife der Entscheidungslosigkeit, Unschlüssigkeit und Selbstzweifel verharren, lässt sie mit einer gewissen Verbissenheit dem Leben Nathalies folgen, statt sich endlich mit dem eigenen auseinanderzusetzen, was leider zu einigen Längen in der Handlung führt. Die einfühlsame, lebhafte und dann wieder poetische Sprache überzeugt jedoch. Fazit Ein Frauenroman mit einer unentschlossenen Hauptprotagonistin, welcher der Mut für die Umsetzung der eigenen Wünsche und Träume fehlt.
"„Uns wird ständig eingebläut, dass Fehler etwas Negatives sind, aber das Leben ist dazu da, Fehler zu machen. Sonst leben wir es nicht richtig, sondern nur knapp am Leben vorbei.“ (Zitat Seite 229)"
Inhalt François ist Deutsch-Franzose und Journalist aus Überzeugung. Er lebt in Berlin und Paris und arbeitet als Freelancer für zwei Nachrichtensender. Sofort zum Aufbruch bereit, ist er in ganz Europa zu Hause, immer möglichst nahe am aktuellen Geschehen. 2015 ist es Brüssel und die griechische Finanzkrise. Zuerst sieht er sie auf Tinder, dann bei einer Pressekonferenz, Agápi ist Griechin und sie gehört zum Presseteam des griechischen Finanzministers. Ihre Wege trennen sich wieder, bis zum Ministertreffen in Paris. Es geht um das neue Hilfspaket für Griechenland. Liveschaltung in die Morgensendung, sein Redaktionsleiter drängt, der Sender braucht Einschaltquoten, François zögert kurz, er kennt brisante neue Fakten und er berichtet. Die Informationen gehen sofort um die Welt – nur, sie waren streng vertraulich. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Investigativjournalismus, den Wettstreit der Medien um immer neue Fakten, um das besondere Schicksalsjahr 2015 für die Europäische Union. Ein Kernthema sind flüchtende Menschen, damals und zeitlos aktuell siebzig Jahre später. Wichtige Punkte sind auch Familie, Vertrauen und die Suche nach der Liebe. Charaktere François ist überzeugter Europäer, unabhängig, gewandt, kritisch und als Reporter unermüdlich im Einsatz. Nur für die langen Gespräche mit seiner Großmutter Ilse in Schönwalde nimmt er sich Zeit und eines Tages erzählt sie ihm eine Episode aus ihrem Leben, aus dem Jahr 1945. Handlung und Schreibstil Die kurze Einleitung beginnt im Heute, dann gliedert sich die Handlung in zwei Erzählstränge, François erzählt seiner Großmutter die Ereignisse 2015 und 2016, von seinen Reportagen, die ihn durch ganz Europa geführt haben und von Agápi. Abwechselnd dazu schildert seine Großmutter Ilse ihre Flucht vor den Russen im April und Mai 1945, wobei dieser Teil des Romans nicht fiktiv ist. Beide Erzählstränge sind in der Ich-Form geschrieben, dadurch ergibt sich die Möglichkeit, Rückblenden, Erinnerungen und eigene Gedanken einzuflechten. Sprachlich gelingt dem Autor das perfekte Gleichgewicht aus journalistischer Schnörkellosigkeit und Empathie. Die griechische Lebensfreude wird ebenso in Gedanken lebendig, wie die Weltstadt Paris und die Ereignisse dieser besonderen Jahre 2015 und 1945. Die Schilderungen der Flüchtlingsschicksale und der Menschen, die helfen, sind realistisch und achtsam. Fazit Man sollte sich durch das trivial-romantische Buchcover nicht abschrecken lassen. Dies ist ein intensives, beeindruckendes und ehrliches Buch, mit einer Vielzahl an aktuellen Themen, das zu Lesen ein positiv-nachdenkliches Vergnügen ist. Definitiv kein Roman, den man zur Seite legt und bald wieder vergessen hat.
"„Ich habe dieses Gefühl, dieses verdammte Gefühl der Einsamkeit, als hätte ich das Wichtigste meines Lebens verloren, ohne dass ich es mir hätte richtig nahekommen lassen.“ (Zitat Pos. 1828)"
Inhalt Als ihr Ehemann an Krebs stirbt, verkriecht sich Felicitas Branding, genannt Fee, siebenundfünfzig Jahre alt, essend auf dem Sofa. Fernsehserien in Endlosschleife lassen sie das reale Leben vergessen. Etwas ändern – da hat sie sofort ein „Ja, aber“ parat. Da platzt in der Silvesternacht Claudia in ihr Leben und lässt sich von den vielen „Ja, aber“ nicht beeindrucken. Was gut ist, denn durch sie und die lebensfrohe Mary bekommt Fee’s Leben eine neue Wendung und ohne diese Veränderungen wäre sie auch nicht dem Mops „Taxi“ und Winnetou begegnet. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Lebenskrisen, das Älterwerden, den Mut zum Neubeginn, Veränderungen, vor allem aber um selbstbewusste Frauen, Freundschaft und die Liebe. Charaktere Fee lebt in Erinnerungen, die ihr Sicherheit geben, sie lässt sich gehen, weil sie keine Optionen sieht. Erst durch Claudine erkennt sie, dass die Vergangenheit auch Ballast sein kann. Der bedingungslose, ehrliche Rückhalt, den sie durch Claudine, Mary und alte Freunde erfährt, führt dazu, dass sich ihr Leben ändert. Unverändert, kreativ und zeitlos ist nur ihre Liebe zur Musik, für jede Situation und Stimmung findet sie sofort die passenden Songs. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in einem Zeitrahmen von einem Jahr, von Silvester bis zum nächsten Silvester. Fee ist die Ich-Erzählerin und schildert die Ereignisse weitere sechs Monate später. Ergänzt wird die Handlung durch Rückblicke, ihre Erinnerungen. Die Sprache erzählt flüssig, einfühlsam, klug und mit sehr viel Humor und Ideen über das tägliche Chaos, das sich Leben nennt. Fazit Ein unterhaltsamer Roman, der mit ernsten Themen zum Nachdenken anregt, aber mit seinen sympathischen, schrägen Figuren positiv stimmt und immer wieder für heiteres Lachen sorgt. Eine gelungene Mischung und die perfekte Sommerlektüre für entspannte Lesestunden.
"„Im ersten Moment wollte ich ihr einen Vogel zeigen. Im zweiten Moment wäre ich ihr am liebsten um den Hals gefallen. Im dritten Moment überlegte ich, ob sie verrückt geworden war.“ (Zitat Seite 88)"
Inhalt Tilda Wagner, eine erfolgreiche Fernsehmoderatorin, hat gerade ihren vierzigsten Geburtstag gefeiert und seither ist nichts mehr, wie es war. Der Vermieter kündigt mit Hinweis auf Eigenbedarf die Wohnung, ihr Freund verlässt sie nach drei Jahren und zufällig sieht sie, wie eine junge Nachfolgerin für ihre langjährige Sendung gecastet wird. Könnte dies nicht der richtige Zeitpunkt sein, über das versteckte, kleine Haus auf Amrum nachzudenken, das Tilda völlig unerwartet von ihrem Onkel geerbt hat und vor allem über die Bedingung, die an das Erbe geknüpft ist: sie müsste ein Jahr tatsächlich auf der kleinen Insel leben. Als der nach einer Krähe geworfene Eimer einen Architekten auf seinem Fahrrad trifft, kann sie sich mit dem Gedanken an eine Auszeit auf der Insel immer mehr anfreunden … Thema und Genre In diesem unterhaltsamen Sommerroman geht es um Entscheidungen, um neue Wege, wenn das alte Leben wegbricht, aber auch um Freundschaft, den Zusammenhalt auf einer kleinen Insel und um natürlich um Amrum. Charaktere Tilda hatte mit ihrem vierzigsten Geburtstag eigentlich keine Probleme, bis ihr berufliches Umfeld, genau gesagt ihr Chef, diesen Tag zu einem Problem macht, plötzlich ist sie für ihre Sendung zu alt. Gleichzeitig kommt noch mehr auf sie zu und sie läuft schon einige Male den Strand entlang und brüllt ihren Frust und Zorn in den Wind. Doch sie hat Humor, ihr fehlt dieses nervende Gejammer gänzlich, das man so oft bei den Hauptprotagonistinnen ähnlicher Romane antrifft. Dies und die Art, wie sie die Schönheit dieser Insel begreift und sich um die alte Trude kümmert, macht sie ungemein sympathisch. Handlung und Schreibstil Die Handlung findet innerhalb einer kurzen Zeitspanne im Sommer statt. Rückblenden in Form von Tildas Erinnerungen ergänzen die aktuellen Ereignisse. Die Schilderungen eines Inselsommers auf dieser naturnahen nordfriesischen Insel malen sofort entspannte Bilder in die Gedanken. Witzige Szenen zeigen nicht nur den Humor der Autorin, sondern auch ihre Kreativität. Fazit Eine sehr gute Geschichte, eine sympathische Hauptfigur, liebenswerte Originale und eine wunderschöne Umgebung, Strand und Meer – zusammen ergibt das einen unterhaltsamen, entspannten Urlaubsroman mit Inselfeeling.
"„Diesen Mist, diesen ganzen großen Riesenmist habe ich hundertprozentig NICHT beim Universum bestellt!“"
Inhalt Schon 1933 verlässt die Familie Mann Deutschland, um in der Schweiz zu leben. Doch Erika Mann ist das nicht weit genug weg von Nazideutschlad und sie wandert zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Klaus nach Amerika aus. Sie logieren im Hotel Bedford, wo sie auf bekannte deutsche Exilkünstler und Journalisten treffen und Erika knüpft rasch wichtige Verbindungen. Sie braucht jede Unterstützung, denn in wenigen Wochen trifft auch das Ensemble ihres Kabaretts „Die Pfeffermühle“ in New York ein, welches sie als „Peppermill“ weiterführen will. Ihr größtes Anliegen ist es, den Amerikanern die Augen über die Vorgänge in Deutschland zu öffnen und sie von den drohenden, realen Gefahren durch das NS-Regime zu überzeugen. Thema und Genre Dieser Frauenroman mit biografischem Hintergrund ist der Band 14 der Serie „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“. Im Mittelpunkt steht die Künstlerin Erika Mann, eine starke, eigenständige, engagierte Frau, die dennoch, ebenso wie ihr Bruder Klaus, ihr Leben lang im Schatten ihres berühmten Vaters Thomas stand. Themen sind die ersten Jahre der Naziherrschaft in Deutschland, Exilkunst, die großartige Kulturszene im New York der Vierzigerjahre und natürlich auch die Liebe in allen Facetten. Charaktere Der Wunsch nach einer künstlerischen Eigenständigkeit dominiert das Leben der Schauspielerin und Schriftstellerin Erika Mann, verbunden mit einen starken Drang nach persönlicher Freiheit und Ungebundenheit. Rastlos und engagiert eilt sie von Termin zu Termin und durch ihr Leben. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in den prägenden ersten Monaten in New York, zwischen September 1936 und Dezember 1937, wo Erika Mann, erst etwas über dreißig Jahre alt, wichtige Entscheidungen für ihr späteres Leben trifft. Persönlich steht sie zwischen zwei Männern und einer Frau und die Schilderung ihrer Zweifel und Überlegungen geraten etwas langatmig und bringen ihr Handeln zweitweise in die Nähe von Berechnung, was nicht zu dieser eigenwilligen, selbstbestimmten Frau passt, der die eigene Unabhängigkeit viel zu wichtig ist. Die Sprache ist angenehm und entspannt zu lesen. In den Schilderungen und Beschreibungen hätte ich gerne noch mehr über das Leben in der pulsierenden Weltstadt New York gelesen, über die lebhafte, bunte Künstlerszene dieser Zeit und weniger über Cocktails und Erikas unentschlossene Selbstzweifel, ihre Gefühle betreffend. Fazit Ein interessanter Frauenroman mit biografischem Hintergrund, in dessen Mittelpunkt eine oft nur als Tochter des Nobelpreisträgers Thomas Mann wahrgenommene, vielseitige und ausdrucksstarke Künstlerin steht. Die Handlung, die nur etwas mehr als ein Jahr erfasst, regt an, sich als Vertiefung durch einige der in der Literaturauswahl am Buchende genannten Titel zu lesen.
"„Wenn Amerika jetzt nicht aufwacht, um sich gegen Hitler zu stellen, werden wir uns eines Tages verwundert die Augen reiben, weil wir unsere Chance verpasst haben. Danke, Erika, dass Sie uns die Augen geöffnet haben.“ (Zitat Pos. 824)"
Inhalt Es ist der erste Adventsonntag, der Tag, an dem der jährliche Kuchenwettbewerb bei Oma Anni im Haus auf Rügen stattfindet. Alle sind gekommen, ihre Freundin Thea, ihre Schwester Erika und ihre drei Enkelinnen Katharina, Pia und Jana. Erika hat Anni ein Geschenk mitgebracht, mit dem sie nicht bis Weihnachten warten wollte. Es sind Annis rote Stiefel, sie vor vielen Jahren plötzlich verschwunden waren. Ihre Tange Hedwig hatte sie ihr damals geschenkt. Alle dachten, die alte Tante sei längst gestorben, doch Hedwig, die demnächst fünfundneunzig Jahre alt wird, lebt gesund und rüstig am Schönberger Strand. Für Oma Anni scheint es an der Zeit, offene Fragen und Lücken in der Familiengeschichte zu klären. Pia begleitet ihre Oma auf dieser Reise zu Tante Hedwig und will die Zeit nützen, sich über ihre Beziehung zu Paul, eine Fernbeziehung zwischen Rügen und Juist, klarzuwerden. Thema und Genre In diesem Frauen- und Familienroman geht es um Geheimnisse in der Vergangenheit, um Familie, Beziehungen und natürlich um die Liebe. Es ist der zweite Band einer Serie ,ist jedoch in sich abgeschlossen und kann auch unabhängig vom ersten Band gelesen werden. Charaktere Pia, Katharina und Jana sind selbstbewusste junge Frauen. Jede der drei Schwestern steht vor der Entscheidung, sich auf die Liebe und eine echte Beziehung einzulassen. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt an der Ostsee, auf Rügen und am Schönberger Strand. Die aktuelle Handlung wird durch Erinnerungen und Erzählungen, wichtige Ereignisse in der Vergangenheit betreffend, ergänzt. Dies führt zu Überraschungen, doch langsam ergeben sich Antworten auf viele seit Jahrzehnten offene Fragen und der Stammbaum, den Erika erstellt hat, füllt und erweitert sich. Die Sprache ist angenehm, flüssig zu lesen und humorvoll. Sehr einprägsam sind die lebhaften Schilderungen der Ostsee im Winter. Ein Rezeptteil im Anhang lädt zum Ausprobieren ein. Fazit In dieser Geschichte erhält Pia einen weichen, warmen Schal als Geschenk, dessen Design „Cozy Hugs“ heißt. Das ist auch die perfekte Beschreibung für diesen unterhaltsamen Wohlfühlroman: Cozy Hugs.
"„Hedwig, Erika und ich -, wir sind drei Personen mit verschiedenen Wahrnehmungen und Wirklichkeiten, aber keine von uns kennt die Wahrheit.“ (Zitat Seite 258)"
Inhalt Der junge Pfarrer Hannes erhält seine erste eigene Pfarrstelle und so zieht er mit Florentine, seiner Frau, in ein Dorf im Banat, wo auch ihr Sohn Samuel geboren wird. Das Leben der deutschsprachigen Bevölkerung im kommunistisch regierten Rumänien ist schwierig. Misstrauisch wird beobachtet, wer die Gastfreundschaft des Pfarrhofes für Übernachtungen in Anspruch nimmt, besonders, wenn es Reisende aus der DDR sind. Samuel beginnt spät zu sprechen und ist wie seine Mutter nachdenklich und schweigsam, ein Außenseiter. Nika, die sehr jung gestorben ist, war die beste Freundin von Florentine und Nikas Sohn Oswald „Oz“ ist jetzt der beste Freund von Samuel. Nach den Erfahrungen im Militärdienst will Oz Rumänien verlassen, doch er bekommt keine Ausreisegenehmigung. Was bedeuten seine Visionen von Drachen, die ihn immer wieder heimsuchen? Samuel erklärt es ihm, denn er hat die Lösung – Drachen fliegen… Thema und Genre In diesem zeitgeschichtlichen Generationenroman geht es um eine Familie und ihre Freunde und Bekannten, um das Leben und Schicksal von vier Generationen in einer politisch unsicheren Zeit, die geprägt ist von der Diktatur und Unterdrückung unter Nicolae Ceaușescu, und von den nachfolgenden Veränderungen. Es geht um Entscheidungen, Zufälle, und um die Liebe, vor allem aber um den uneingeschränkten Zusammenhalt einer Familie. Charaktere Im Mittelpunkt stehen die Mitglieder der Familie um Hannes und Florentine, das sind Karline und Johann, die Eltern von Hannes, sowie Samuel, der Sohn von Hannes und Florentine. Sie alle versuchen auf unterschiedliche Art, das Leben mit allen Höhen und Tiefen zu meistern. Handlung und Schreibstil Die Handlung spielt in Rumänien und Deutschland, in den Jahren vor und nach dem Fall der Berliner Mauer und der Grenzöffnung. Die Ereignisse im Leben der Familienmitglieder werden episodenhaft erzählt. Neue Begegnungen erweitern den Personenkreis, manche bleiben als Freunde, andere entfernen sich wieder, bis sich mit den Jahren und den Erinnerungen langsam der Kreis schließt. Teilweise fühlte die Handlung sich für mich zu bruchstückhaft an, wie Momentaufnahmen, die rasch vorbeiziehen. Was mich jedoch beeindruckte und immer wieder in die Geschichte zurückholte, war die auf eine leise Art sehr intensive, eindringliche Erzählsprache. Fazit Ein Roman von der Suche nach dem Platz im Leben, vom Aufbruch und von Menschen, die zwischen Heimat, Freiheit und Fremde entscheiden müssen, bevor die Grenzen fallen und sich der Kreis der Generationen wieder schließt. Ein Zeitbild, eindrücklich erzählt.
"„Es gab eine Zeit, die vorwärts eilte, und eine Zeit, die rückwärts lief. Eine Zeit, die im Kreis ging, und eine, die sich nicht bewegte, nie mehr als ein einzelner Augenblick.“ (Zitat Pos. 390)"
Inhalt Ein fröhliches Fest auf dem Anwesen des Oppositionspolitikers Johannes Vetterick auf der Insel Rügen. Plötzlich werden seine Kinder Finn und Frieda vermisst. Als sie endlich gefunden werden, kommt für die kleine Frieda jede Hilfe zu spät. Geschwister und Glasmurmeln, darum ging es auch fünf Jahre zuvor, als ein Kind verschwunden war, das nie gefunden wurde. Thema und Genre In diesem Thriller mit Regionalbezug zur Ostsee geht es um Kindheit, Familie, Verlust und einen kaltblütigen Mörder, der seine Spiele spielt, mit den Opfern, deren Familien und mit den Ermittlern. Charaktere Das erfahrene Ermittlerduo Greta Silber und Hardy Finkel geraten in diesem Fall extrem unter Druck. Die Öffentlichkeit, angeheizt durch die Medien, will Ergebnisse sehen, doch bei ihren Recherchen stoßen Greta, Hardy und ihr Team auf ablehnendes Schweigen. Plötzlich ist es Gretas persönlichster Fall, denn ihr Sohn Sören ist verschwunden. Handlung und Schreibstil Die packende Geschichte ist vielschichtig, aber komplex und ohne Längen. Man überlegt mit, vermutet, um beim Lesen dann doch wieder auf neue Wendungen und Überraschungen zu treffen. So bleibt die realistische Handlung durchgehend spannend bis zur letzten Seite. Die unterschiedlichen Örtlichkeiten, besonders auf der Insel Rügen, sind sehr gut ausgewählt und geschildert, die klare Sprache liest sich angenehm und flüssig. Fazit Ein neuer, packender Fall für Greta Silber und Hardy Finkel. Ein beklemmender, sehr gut recherchierter Thriller mit starken psychologischen Momenten und interessanten Figuren, der spannendes Lesevergnügen garantiert.
"„Nachdem mich Hardy vom Fund der Glasmurmeln unterrichtet hatte, fiel mir plötzlich ein ähnlicher Fall ein. Ich habe recherchiert und diese fünf Jahre alte Akte gefunden.“ (Zitat Pos. 690)"
Inhalt Ursprünglich hätte der erfahrende Antarktisforscher Sir James Clark Ross diese Expedition leiten sollen, die den Auftrag hat, die legendäre Nordwestpassage zu durchsegeln und zu kartieren. Doch er lehnt aus persönlichen Gründen ab. Kurz bevor die Schiffe am 19. Mai 1845 in See stechen, äußert er gegenüber dem nun ernannten Leiter der Expedition, Sir John Franklin, seine Bedenken, besonders über die Größe der Expedition. Die beiden Schiffe, die „Terror“ und die „Erebus“, seien zwar modern, aber zu schwer und hätten für das Eis zu viel Tiefgang. Tatsächlich sind sie dann bereits im Spätsommer 1845 im Eis eingeschlossen und verbringen die Wintermonate vor der Beechey-Insel. Erst im Mai 1846 kommen die beiden Schiffe frei und schon Anfang September beginnt das Eis, sich wieder zu schließen. Bei einer Besprechung der Offiziere am 3. September 1846 wird vorgeschlagen, die schwer beschädigte „Erebus“ aufzugeben, denn mit den gesamten Kohlevorräten käme die wendigere „Terror“ wesentlich rascher voran, Platz sei für beide Mannschaften und Vorräte vorhanden. Doch Sir John Franklin ist sechzig Jahre alt und es ist seine letzte Chance auf eine ruhmreiche Entdeckung. Sein Schiff, die „Erebos“, aufzugeben, kommt nicht in Frage und er erteilt den verhängnisvollen Befehl, die Reise mit beiden Schiffen fortzusetzen. Doch nur zehn Tage später stecken beide Schiffe wieder im Eis fest und nicht nicht nur Kälte und Dunkelheit bedrohen die Menschen. Thema und Genre In diesem packenden historischen Roman erzählt Dan Simmons die Geschichte der legendären Franklin-Expedition und der mutigen Männer, die im arktischen Eis um das Überleben kämpften. Charaktere Die Personen, ihr Rang und ihre Aufgaben entsprechen den Musterungsrollen aus dem Jahr 1845. Die nach umfangreichen Recherchen in diesen Roman eingeflossenen Fakten betreffend die einzelnen Charaktere, das Leben an Bord und den Weg über das Eis, das Verhalten der Offiziere und die damals gültige strenge Hierarchie und Befehlshoheit, sind sehr realistisch geschildert. Handlung und Schreibstil Der Autor schildert die Handlung annähernd chronologisch, abwechselnd aus Sicht bestimmter Personen. Eine Ausnahme machen die Kapitel um Kapitän Crozier, die im Oktober 1847 beginnen, während die Ereignisse aus Sicht von Sir John Franklin und auch im Tagebuch des Schiffsarztes Dr. Goodsir, die bereits im Mai 1845 beginnen, um sich dann 1847 mit dem aktuellen Geschehen zu verknüpfen. Jedes Kapitel trägt den Namen der jeweiligen Person, die im Mittelpunkt steht, Datum und Standort. Diese spezielle Art der personalen Erzählform und der eindringlichen Sprache führen den Leser, die Leserin sofort in die Handlung und in das Eis der Arktis und machen diesen Roman zu einem ungemein lebendigen, spannenden Leseerlebnis. Fazit Dieser historische Roman ist eine durch dunkle Mystik ergänzte Schilderung des möglichen Schicksals der Franklin-Expedition zwischen Mai 1845 und Oktober 1848. Packend und eindrücklich erzählte 962 Seiten machen dieses Buch zum unwiderstehlichen Pageturner.
"„Wenn wir also die Schiffe aufgeben und aufs Eis wollen in der Hoffnung, noch vor Wintereinbruch entweder den Großen Sklavensee oder die Ostküste der Somerset-Insel zu erreichen, dann müssen wir schon vor dem Juni aufbrechen.“ (Zitat Seite 522)"
Inhalt Sie ist gerade vierzig Jahre alt geworden. Ihr Freund Trevor, mit dem sie über ein Jahr lang zusammen war, hat sie verlassen. Es ist Dezember, Weihnachten mag sie nicht. Spontan reist sie nach Venedig. In der Pension im Palazzo Bragadin freundet sie sich mit dem alten russischen Fürsten Wladimir Pofkowitschin an, der ihr an den langen Abenden seine Lebensgeschichte erzählt, und mit der jungen Balletttänzerin Carla und deren Freund Valentino. Eines Tages entdeckt sie zufällig am Campo Bruno Corvato eine Buchhandlung und lernt einige Tage später auch Dino Manzoni, den Buchhändler, kennen. Sie beginnt, sich langsam in ihn zu verlieben, doch das Licht am Abend in der Wohnung über der Buchhandlung zeigt ihr, dass er erwartet wird. Thema und Genre Dieser Roman handelt vom Verlust, Erinnerungen, der Liebe, von Literatur und vor allem von der Stadt Venedig im Winter, wenn sie, abseits der sommerlichen Touristenströme, wieder den Venezianern gehört. Charaktere Wir wissen wenig über die Hauptfigur, eine namenlose Frau. Wir kennen ihr Alter, aber nicht ihren Beruf, doch sie ist erstaunlich ungebildet, aber interessiert. Wir wissen jedoch, dass sie bisher über die Trennung von Trevor nicht hinweggekommen ist. Sie spricht wenig, hört aber umso besser zu. Handlung Dieser Roman beschreibt Venedig im Winter, die Stimmungen dieser einmaligen Stadt, die in diesen Wochen im Dezember zur Ruhe kommt. Es ist eine leise, fließende Handlung, getragen durch die Gedanken der Ich-Erzählerin und den Ablauf ihrer Tage, in denen sie durch Venedig streift. An den Abenden teilt der alte Fürst, von Beruf Lehrer, seine Erinnerungen und sein Wissen mit ihr. Durch ihn und den Buchhändler beginnt sie zu lesen, besucht Museen und entdeckt die verborgene Schönheit Venedigs. Fazit Eine leise Geschichte von einer zarten, ähnlich brüchigen Schönheit, wie die Stadt Venedig im Winter. Die Ich-Erzählerin erlebt Tage, die ruhig fließen, während sie sich in den Gassen der Stadt neu findet.
"„So sehe ich Sie das erste Mal. Als sitzenden Mann. Beim Lesen, während draußen die Bora bläst und alles mit sich zu reißen droht.“ (Zitat Seite 43)"
Inhalt Der Sitz der neuen Sonderermittlungseinheit und das Institut für okkulte Pathologie und kryptoforensische Medizin in der Karl-Kreutzer-Villa sind dank vieler Sponsoren mit modernster Technik eingerichtet. Der Tag der feierlichen Eröffnung ist gekommen. Jan-Ole Vogel, Justizminister des Landes Hessen, ein brillanter Schachspieler und unbequemer, tatkräftiger Politiker, spricht in seiner Rede vom Schwarzen Schwarm des Todes, wendet sich an Katharina Klein, erklärt, er übergebe ihr hiermit ihren ersten Fall und erschießt sich. Katharina Klein und Andreas Amendt machen sich auf sie Suche nach den Hintergründen und finden plötzlich eine brisante Verbindung zu einem bekannten Pharmaunternehmen … Thema und Genre In diesem neuen Fall für Katharina Klein geht es um Forschung, die Pharmaindustrie, Verantwortung, Wirtschaft und Politik. Charaktere Katharina Klein, erst dreiunddreißig Jahre alt, ist Kriminaldirektorin und Leiterin ihrer eigenen Einheit. Sie hat ein hochqualifiziertes, buntes Team zusammengestellt. Dr. Andreas Amendt leitet das rechtsmedizinische Institut. Als mit allen Mitteln und massivem Druck bis ins Privatleben versucht wird, ihre Recherchen zu verhindern, wissen sie, dass sie auf der richtigen Spur sind und ermitteln umso intensiver weiter. Handlung und Schreibstil Die aktuellen Ereignisse finden zwischen 6. und 16. April 2008 statt, doch die Ermittlungen führen tief in die Vergangenheit. Die Handlung ist rasant, spannend und die Themen sind zeitlos aktuell. Fachliche Details zeigen die intensive Recherchearbeit des Autors. Die Überschriften und Zitate am Beginn der einzelnen Kapitel stammen diesmal nicht aus dem Jazz, sondern vom Chess, wie auch der Titel des Buches. Die Sprache ist wieder sehr flüssig und mit Vergnügen zu lesen, das ironische Augenzwinkern und die witzigen Dialoge fehlen auch in diesem neuen Band der Serie nicht. Man spürt, dass der Autor selbst viel Spaß beim Entwickeln der Figuren, der Geschichte und beim Schreiben hatte. Fazit Dieser Kriminalroman ist ein packender, rasanter Politthriller, den man auf Grund der kurzen Rückblicke und Erklärungen auch lesen kann, ohne die vorhergehenden drei Bücher zu kennen. Perfekt für Leser*innen, die eigenwillige Ermittlerfiguren schätzen, deren Ecken und Kanten sie speziell, sympathisch und nachdrücklich erinnerbar machen. Dazu eine komplexe, sehr gut aufgebaute, realistische Geschichte, spannend und charmant erzählt.
"„Sie weigert sich, sich unterzuordnen, ignoriert Dienstvorschriften und direkte Weisungen ihrer Vorgesetzten, integriert sich nur schwer ins Team und überschreitet bei ihrer Arbeit auch schon einmal die Grenzen der Legalität.“ (Zitat aus der Personalakte von Katharina Klein, Seite 74)"
„Jazz-Trilogie: Westend Blues, African Boogie & Dolphin Dance“ von Helmut Barz, Verlag: epubli, 1. Juli 2019, Kindle Ausgabe, Seitenzahl der Print-Ausgabe: 1375 Seiten, Sprache: Deutsch, ASIN: B07TXDXCGK „Ich verliere gerade zwei gute Beamte statt einem. Und das nur, weil sie Rambo spielen müssen und danach mit der Frankfurter Unterwelt zocken.“ (Zitat Pos. 242) Inhalt Band 1 Westend Blues Vor sechzehn Jahren hat Katharina Klein ihre Eltern und ihre ältere Schwester Susanne durch einen Mordanschlag verloren. Damals war sie gerade siebzehn Jahre alt geworden. Heute ist sie Kriminalhauptkommissarin beim K11 Frankfurt, mit umfassender Spezialausbildung, überqualifiziert, zornig, mit einer Ausklärungsquote von 100%. Sie ist gerade suspendiert, da sie zwei Geiselnehmer erschossen hat, als ihre Nachbarin ermordet wird. Dr. Andreas Amendt, Neurologe, als Rechtsmediziner ebenfalls suspendiert, unterstützt sie bei der Suche nach dem Mörder. „Alte Rechnungen begleichen? Ja. Genau das würde ich machen. Alle. Endgültig und für immer.“ (Zitat Pos. 13390) Inhalt Band 2 African Boogie Katharina Klein wurde soeben zur Kriminaldirektorin der neuen Sonderermittlungseinhalt SEE I FFM befördert. Doch zunächst muss sie untertauchen, denn der südamerikanische Drogenboss, dessen Sohn einer der beiden Geiselnehmer war, die sie vor vierzehn Tagen in Notwehr erschossen hatte, hat einen hochspezialisierten Killer auf sie angesetzt. Zeit für ein paar Wochen Urlaub in einem Luxusressort auf Mafia Island, Tansania. Dort taucht auch Dr. Andreas Amendt auf, auf dessen Gegenwart sie absolut keinen Wert legt, seit sie weiß, dass sie eine gemeinsame Geschichte haben. Da ereignen sich mehrere eigenartige Unfälle im Ressort. „In Ihrer Gegenwart ist es immer gut, eine medizinische Grundausstattung dabeizuhaben, Frau Klein.“ (Zitat Pos. 16766) Inhalt Band 3 Dolphin Dance Zurück in Frankfurt und mit einem wichtigen neuen Hinweis zum nach wie vor unaufgeklärten Mord an ihrer Familie, beginnt Katharina Klein, unterstützt von Andreas Amendt, mit einer neuen, intensiven Suche nach Fakten und Hintergründen in der Vergangenheit und Gegenwart. „Wir bringen das jetzt zu Ende! Sie und ich! Ein für alle Mal!“ (Pos. 15899) Thema und Genre In diesem Sammelband von drei Kriminalromanen geht es um die ersten drei Fälle der Frankfurter Ermittlerin Katharina Klein, um Polizeiarbeit, Verbrechen, internationale Konzerne, Frankfurt und die Szene, um Inselfeeling, Familie, Freundschaft, Liebe, Trauer, Traumata, Verrat, Schuld und Rache. Charaktere Katharina Klein ist eine facettenreiche Ermittlerin, eigenwillig, unangepasst, hartnäckig. Eine kampferprobte Einzelgängerin, die im Grunde Gewalt verabscheut, Dienstvorschriften und Weisungen ignoriert und die legalen Grenzen sehr großzügig auslegt. Dr. Andreas Amendt ist ein hervorragender Neurologe, doch noch mehr als die Lebenden interessiert ihn, was die Toten ihm zu sagen haben und daher arbeitet er als Rechtsmediziner. Durch eine wichtige Gedächtnislücke traumatisiert, ist auch er immer noch auf der Suche nach Antworten. Handlung und Schreibstil Jeder der drei Fälle und Ermittlungen findet innerhalb von wenigen Tagen statt, dadurch ist die Handlung straff und packend. Erdig und überraschend wie die vielschichtigen Klangfarben des Jazz sind auch die Ereignisse, ihre verschlungenen Hintergründe, überraschenden Wendungen und die Charaktere. Auch sprachlich überzeugend, gekonnt formuliert, nachvollziehbar und mit charmanten, sehr witzigen Dialogen und Szenen. Fazit Drei dicht aufeinander folgende Kriminalfälle und eine unangepasste, schräge, kämpferische und gleichzeitig einfühlsame Ermittlerin. Das Resultat ist eine gelungene Mischung aus Spannung und Lesevergnügen, drei Pageturner mit Garantie für nächtliche Lesestunden.
"„Wir bringen das jetzt zu Ende! Sie und ich! Ein für alle Mal!“ (Pos. 15899)"
„So oft wird aus etwas Richtigem etwas Falsches. Warum soll nicht ebenso aus etwas Falschem etwas Richtiges werden können?“ (Zitat aus „Geliebte Tochter“, Seite 150) Inhalt und Thema Dieser Erzählband ist eine Sammlung von Geschichten, in denen es um das Abschiednehmen geht. Jeder Abschied hat eine Vorgeschichte, eine kurze Episode, oder auch ein ganzes Leben. Damit verbunden sind immer Erinnerungen, intensive Gefühle und auch Entscheidungen, die getroffen werden und dem Leben eine neue Wendung geben, in der Erinnerung dann bestätigt oder bedauert werden. Genau davon handeln diese Erzählungen, die sich dem Thema aus immer neuen, völlig unterschiedlichen Blickwinkeln nähern, vielfältig wie eine Farbpalette. Handlung und Schreibstil So unterschiedlich wie die Problematik, ist auch die Erzählform. Es gibt Ich-Erzähler, Hauptfiguren, die der Autor nur „er“ oder „sie“ nennt, von anderen erfahren wir den Namen durch die Dialoge. In der ersten Geschichte geht es um ein Gespräch, das ein Mann schon längst mit seinem Freund hätte führen wollen, doch es schien nie der passende Zeitpunkt zu sein. Nun ist der Freund gestorben. In der zweiten Geschichte findet ein nächtlicher Mord statt, der auf der Straße gegenüber dem Haus des Ich-Erzählers stattfindet, doch dieser hat geschlafen und nichts bemerkt. Die dritte Geschichte handelt von einem überraschenden Wiedersehen. Das Mädchen war seine Jugendliebe, mit ihrem Bruder war er damals eng befreundet, doch dann hatte er sich für ein Amerikajahr für Schüler entschieden. In der vierten Geschichte bittet ein schwer kranker Mann seine erste Ehefrau, die er vor neunzehn Jahren verlassen hatte, um ein Treffen und ein letztes Gespräch. Ein Mann und eine Frau lernen sich in der fünften Geschichte bei einem Yoga-Treffen kennen und drei Wochen später haben beide ihre bisherigen Ehepartner verlassen und beginnen ihr gemeinsames Leben, zu dem auch die fünfjährige Tochter der Frau gehört. Die sechste Geschichte handelt von besonderen Sommerferien eines elfjährigen Jungen mit seiner Mutter auf einer Nordseeinsel. Vier Wochen, in denen er beginnt, sich für Mädchen zu interessieren. Die siebente Geschichte ist die persönlichste in dieser Sammlung. Es geht um den plötzlichen Tod des älteren Bruders eines Schriftstellers und die damit verbundenen Erinnerungen, vor denen er nicht in die Welt seiner Geschichten fliehen kann. In der achten Geschichte begibt sich ein Mann kurz nach seinem siebzigsten Geburtstag auf die Suche nach einer Frau, mit der er vor vielen Jahren die glücklichsten Stunden seines Lebens verbracht hatte. Die neunte Geschichte erzählt vom Jahrestag einer Beziehung eines Mannes, er ist einundsiebzig Jahre alt, zu einer wesentlich jüngeren Frau. Er ist glücklich, macht sich aber Gedanken über die Zukunft. Der Autor entwickelt seine Geschichten langsam, leise, in einer poetischen Sprache, klar schnörkellos und gerade dies macht sie so packend und eindrücklich. Fazit Geschichten, wie sie das Leben schreibt, Entscheidungen, für die es, einmal getroffen, keinen Weg zurück gibt, denn das mögliche andere Leben kann niemals mehr gelebt werden. In der Erzählung Altersflecken bringt es eine Protagonistin auf den Punkt: „Gemeinheiten, Peinlichkeiten, Fehler? – Altersflecken“ (Seite 219).
"„Gemeinheiten, Peinlichkeiten, Fehler? – Altersflecken“ (Seite 219)"
„Dort draußen läuft ein Glück im Gras herum, und hier drinnen sitzt ein anderes mit mir am Tisch. Ich habe alles, was ich mir wünsche. Ich bin ein glücklicher Mann.“ (Zitat Seite 19) Inhalt Ein halbes Jahr nach seinem großartigen Erfolg in München reist Gustav Mahler an Bord der ‚Amerika‘ mit Alma und Anna wieder nach New York. Erst fünfzig Jahre alt, ist er nach wie vor voll musikalischer Schaffenskraft, ein unruhiger Geist, doch sein Körper ist von seiner schweren Krankheit gezeichnet und müde. Mit Blick auf das Meer denkt er über die vergangenen letzten Jahre nach. Thema und Genre Der Autor beschreibt einige Stunden im Leben des Komponisten Gustav Mahler, doch durch dessen Erinnerungen wird dieser Roman auch eine sehr persönliche Biografie des Künstlers. Charaktere Gustav Mahler wird als eigenwilliger, aber überzeugter Künstler geschildert, als Komponist ebenso innovativ, fordernd und auf der Suche nach der perfekten musikalischen Ausdruckskraft, wie als Dirigent. Gleichzeitig erfahren wir viel über den Menschen Gustav Mahler, seine Liebe zu seiner Frau Alma und zu seinen Töchtern, seine Begeisterung für die Natur und seinen Blick für das Glück der kleinen Dinge. Doch er erkennt auch, wie selbstverständlich es für ihn war, dass sich auch seine Familie seinem musikalischen Genie unterordnet. Handlung und Schreibstil Es sind nur wenige Stunden am Beginn eines neuen Morgens, in denen Gustav Mahler allein auf seinem persönlichen Lieblingsplatz auf dem Sonnendeck des Schiffes sitzt. Betreut von einem Schiffsjungen, hängt er seinen Gedanken nach und reist in der Erinnerung zurück zu den wichtigen Ereignissen der letzten Jahre. Fazit In seiner leisen, eindrücklichen Sprache erzählt der Autor auf nur 126 Seiten eine in ihrer Tiefe und Dichte beeindruckende Geschichte eines intensiv gelebten Künstlerlebens. „Ich hätte noch so viel mehr komponieren können. Es fühlt sich an, als hätte ich gerade erst angefangen, dabei ist es schon wieder zu Ende.“ (Zitat Seite 30)
"„Ich hätte noch so viel mehr komponieren können. Es fühlt sich an, als hätte ich gerade erst angefangen, dabei ist es schon wieder zu Ende.“ (Zitat Seite 30)"
Inhalt „Christliche Geschenke“ heißt das gediegene Geschäft in der Wiener Goldschmiedgasse, dessen Inhaber während einer Fahrt mit dem Fiaker ermordet wird. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dieser Tat und den geheimnissen Tau-Kreuzen, die seit Tagen heimlich an Häuser und Sehenswürdigkeiten in der Wiener Innenstadt gemalt werden? Denn bei dem Toten wird ein Zettel mit genau diesem Kreuzzeichen gefunden und einer geheimnisvollen Zahlenreihe. Für den Chefermittler Martin Stein ist sofort klar: er braucht die Hilfe von Sarah Pauli, Chefredakteurin beim „Wiener Boten“, denn sie kennt sich mit mystischen Zeichen aus. Thema und Genre In diesem Wiener Kriminalroman geht es um geheimnisvolle Kreuze und verschlüsselte Botschaften. Ein aktuelles Thema ist Love-Scaming, eine moderne Form des Internet-Betrugs durch gefälschte Profile und Identitäten in Verbindung mit rührseligen Geschichten. Obwohl bereits Band 10 einer Serie, kann dieser in sich abgeschlossene Wien-Krimi auch als Einzelbuch oder Einstieg in die Serie gelesen werden. Charaktere Sarah Pauli ist gerade leitende Chefredakteurin des „Wiener Boten“ geworden. Doch das ist für sie noch lange kein Grund, nun am Schreibtisch zu bleiben. Sie liebt die Recherchen, die Gespräche vor Ort. Als Martin Stein ihre Hilfe braucht, ist sie, unterstützt von ihrem Team, sofort mitten im Geschehen: neugierig, kompetent, hartnäckig und aus innerer Überzeugung dem Qualitätsjournalismus verpflichtet. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in einem Zeitraum von nur vierzehn Tagen, dies macht die Handlung straff und spannend. Ergänzende Rückblenden bringen Schritt für Schritt zusätzliche Details und Überraschungen in das aktuelle Geschehen. Sehr realistisch und unterhaltsam zu lesen sind die Dialoge zwischen dem Ermittler und der Journalistin, sie will möglichst viele Hintergrundinformationen für ihre Zeitungsartikel, und er braucht ihr Wissen über Symbolik und Zahlen. Doch mit den gemeinsamen Fällen sind auch das gegenseitige Vertrauen und die Wertschätzung gewachsen. Fazit Ein Regio-Krimi mit Wiener Charme und einer sympathischen Journalistin, die in Mordfällen gerne selbst ermittelt und recherchiert. Spannend und unterhaltsam grantelnd macht dieses Buch Lust auf Wien.
"„Es wird Tote geben, ging ihr die verschlüsselte Botschaft wieder durch den Kopf.“ (Zitat Seite 91)"
Inhalt Trina lebt in Graun, einem malerischen Südtiroler Bauerndorf. 1923 macht sie ihr Abitur und will Lehrerin werden. Doch dann kommt Mussolini und mit ihm ein Verbot der deutschen Sprache. Sie erhält keine Anstellung als Lehrerin, doch sie unterrichtet heimlich weiter. Die Nationalsozialisten mit ihrer Aufforderung, nach Deutschland auszuwandern, trennen das Dorf in die Optanten und die Dableiber. Erich, Trinas Ehemann, entscheidet sich zu bleiben, und sie bleibt mit ihm. Doch auch nach dem Krieg kommt ihre Heimat im oberen Vintschgau nicht zur Ruhe. Ein Stausee wird gebaut und sein Wasserpegel soll plötzlich viel höher werden, als ursprünglich geplant. Thema In diesem Roman geht es um die wechselvolle Geschichte der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols, um Heimatverlust, Erinnerung gegen das Vergessen, um Familie, persönlichen Mut, politische Willkür und die Flutung des Reschensees. Charaktere Trinas Vater ist Schreiner, doch sie will Lehrerin werden. Als junge Frau widersetzt sie sich als Katakombenlehrerin mutig den Faschisten. Nach ihrer Heirat trifft Erich die Entscheidungen, die sie mitträgt. Seine Hauptfiguren umgibt der Autor mit unterschiedlichen Dorfbewohnern, so erfasst er sehr authentisch die verschiedenen Sichtweisen und Entscheidungen, von denen viele in ein einfaches „wir bleiben, hier ist unser Leben“ münden. Handlung und Schreibstil Der Autor erzählt die Geschichte von Alt-Graun und Reschen chronologisch in Form von Trinas Aufzeichnungen für ihre Tochter. Dieser Erzählform passt der Autor auch die Sprache an und da die schreibende Trina keine sehr gefühlsbetonte Frau ist, bleibt auch die Sprache unaufgeregt, karg, beinahe sachlich berichtend. Nach einer kurzen Einleitung beginnt sie mit ihrer Jugend und den Vorbereitungen für das Abitur 1923 und endet in einer Zeit, in der Sommerurlauber den Turm im See fotografieren. Ergänzt wird die Geschichte mit Rückblicken in Form von persönlichen Erinnerungen. Denn darum geht es in diesem Buch, nicht nur um die Schilderung der ohnedies bekannten Fakten, sondern vor allem um die persönlichen Schicksale, die damit verbunden sind. Fazit Diese mit den historischen Tatsachen verknüpfte Geschichte einer fiktiven Familie erzählt von Widerstand, Verbundenheit mit der eigenen Heimat, von Hoffnung und schließlich vom Verlust. Die ruhige, manchmal beinahe karge Sprache lässt das Geschehen umso eindrücklicher wirken, ein Buch, das nachdenklich macht und beim Lesen ein völlig neues Bild vom Kirchturm im Reschensee ergibt.
"„Unsere Häuser, die Kirche, die Straßen, alles lag innerhalb dieser Striche, von denen wir nicht sicher wussten, was sie bedeuteten. Jenseits gab es nur noch die Berge und die windschiefen Lärchen.“ (Zitat Seite 105)"
Inhalt 1928 verlässt der junge Pole Vicente Rosenberg Europa und wandert nach Argentinien aus. Fünf Jahre später begegnet er Rosita Szapire, die er heiratet. 1940 haben die beiden drei Kinder und Vicente hat gerade sein Möbelhaus eröffnet. Als er im Oktober 1941 einen Brief von seiner Mutter erhält, in dem sie ihm das Leben im Warschauer Ghetto schildert, fühlt er sich schuldig, weil er sie und seinen Bruder nicht schon längst zu sich nach Argentinien geholt hat. Um die Stimme des eigenen Gewissens nicht mehr hören zu müssen, spricht auch er nicht mehr, er zieht sich völlig in sein Schweigen zurück. Thema und Genre Das Hauptthema dieses biografischen Romans ist eine andere Perspektive des Völkermordes an den Juden im WKII, es geht um die Schuldgefühle jener, die überlebt haben, ihre Fassungslosigkeit, Scham und Ohnmacht, nichts tun zu können. Weitere Themen sind die Frage nach den eigenen Wurzeln und Identität, und die Familie. Charaktere Vicente Rosenberg war der Großvater des Autors, der sich als Pole, später als Argentinier, aber nie als Jude fühlte. Die Ungewissheit über das Schicksal seiner Mutter und seines Bruders stürzen ihn in tiefe Schuldgefühle, gefolgt von Depressionen und Spielsucht. Er hüllt sich buchstäblich in ein umfassendes Schweigen. Handlung und Schreibstil Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Jahre 1940 bis 1945, ergänzt durch Rückblenden und sachliche Berichte über geschichtliche Tatsachen. Die bewegende Geschichte beginnt voll Hoffnung, Vicente ist dabei, sich ein erfolgreiches Leben aufzubauen, ist ein romantischer Ehemann und liebevoller Vater. Dies alles ändert sich schlagartig, als die ersten kurzen Meldungen über die Situation der Juden in Europa nach Argentinien gelangen. Nun stehen Vicente und seine Befindlichkeiten und Schuldgefühle im Mittelpunkt der weiteren Geschichte und die bisherige Intensität der Handlung und die eindrückliche Sprache verlieren etwas von der ursprünglichen Aussagekraft. Fazit Eine ergreifende Geschichte, beklemmend in ihrer Hoffnungslosigkeit. Irgendwann jedoch mündest sie in eine ständige Wiederholung der Metaphern und Schilderungen der Befindlichkeit des Hauptprotagonisten, als ob auch dem Autor weitere Worte fehlten. Ich vermute, dass dies Absicht ist, mich konnte es jedoch nicht vollkommen überzeugen.
"„Mit am schlimmsten am Antisemitismus ist die Tatsache, dass die Juden sich zwangsläufig als Juden zu fühlen haben, dass man sie auf eine Identität jenseits ihres Willens festlegt und kurzerhand für sie beschließt, wer sie wirklich sind.“ (Zitat Pos. 572)"
Inhalt Max Taubert ist ein junger, noch unbekannter Architekt, als er 1908 von Professor Adam Rosen beauftragt wird, ein Landhaus in Berlin Dahlem für ihn und seine Frau Elsa zu bauen. Der Bauherr wünscht klare, schnörkellose Formen, auf keinen Fall die Jugendstil-Details und Türmchen der umliegenden Villen. Schon beim ersten Besuch des Grundstücks sieht Taubert das fertige Haus vor sich, das die Kriege überdauert und dann, leerstehend, unter Denkmalschutz, langsam verfällt. 1995 entdeckt Frieder Lekebusch das Haus durch Zufall, erwirbt und restauriert es. Wird es seiner Frau Hannah gelingen, die Villa Rosen wieder zu einem gesellschaftlichen Zentrum für Gäste aus Kunst und Kultur zu machen? Thema und Genre Im Mittelpunkt dieses Romans steht ein Haus, die berühmte Villa Rosen am Rande des Grunewalds, und das Leben und Schicksal seiner Bewohner. Es ist ein besonders Haus, das begeistert, aber auch fordernd und beklemmend ist, und in seinen Räumen die Spuren der Vergangenheit zu bewahren scheint. Charaktere Für Elsa sollte das neue Landhaus ein Rückzugsort sein, nur unwillig repräsentiert sie bei Einladungen an der Seite ihres Mannes und erkennt auch bald die drohende politische Veränderung. Die Familien Rosen und Lekebusch sind nicht verwandt und kennen einander nicht. Nur ein altes Gästebuch verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart und regt Hannah an, die Villa wieder für Gäste und Interessierte zu öffnen. Sie bemerkt nicht, wie das Haus immer mehr zum Mittelpunkt ihres Lebens wird. Ihr Sohn Luis lehnt das Haus ab, als er durch Zufall Details aus der Vergangenheit erfährt. Handlung und Schreibstil Es sind Episoden und Ereignisse, die der Autor abwechselnd in zwei Handlungssträngen erzählt, die in sich nicht immer chronologisch verlaufen. Im Mittelpunkt steht jeweils eine der Personen der jeweiligen Besitzerfamilie und immer spielt die Villa Rosen eine wichtige Rolle, meistens auch als Handlungsort. Es sind mehr als einhundert Jahre deutsche Geschichte, die das Leben der Menschen bestimmen und prägen, die in diesem Haus wohnen. Die Sprache ist leise und eindringlich, der Autor beleuchtet manche Szenen aus unterschiedlichen Sichtweisen, indem er sie später nochmals aufgreift, ergänzt und so die Zusammenhänge klar erkennen lässt. Fazit Dieser Roman erzählt von einer Berliner Villa, die mehr als einhundert Jahre lang das Leben seiner Bewohner geprägt hat, zwei unterschiedliche Familien, die einander nie kennengelernt haben. Ein interessanter, beeindruckender Streifzug durch die weitläufige Halle und lichtdurchflutete Zimmer, mit Einblicken nicht nur in einzelne Entscheidungen und Schicksale, sondern auch in wichtige Kapitel deutscher Zeitgeschichte.
"„Solche Häuser sind ein Fluch. Man wird ihnen nie gerecht. Sie sind immer stärker als ihre Bewohner.“ (Zitat Pos. 2817)"
Inhalt Dr. Urs A. Podini, 46 Jahre alt, von seiner egozentrischen Lebensgefährtin Karolin „Bärchen“ genannt, ist als Werbemanager und Co-Geschäftsführer eines Marketingunternehmens erfolgreich. Sein Traum von einer Professur für vergleichende Literaturwissenschaften und vom eigenen Roman dagegen hat sich nicht erfüllt. Gutmütig lässt er zu, dass ihn sein Leben lebt statt umgekehrt. Bis er eines Tages in der schrägen Boutique „Transitions!“ ein flauschiges Pandakostüm entdeckt, in das er mit einem zunächst vorsichtigen „Brumm“ schlüpft. Damit beginnt ein neues Leben für ihn, denn jetzt bestimmt sein Krafttier, der Panda, seine Handlungen, sanft, gemütlich, verspielt – doch wenn es darauf ankommt, fletscht er die Zähne und wird zum hartnäckigen Kämpfer. Thema und Genre Der Autor nennt seinen Roman eine moderne Fabel für unsere Zeit, in der Fakten bewusst durch gefühlte Wahrnehmungen ersetzt werden. Themen sind die alles bestimmende Medienpräsenz unserer Tage und ihre Scheinwelten, satirische Gesellschaftskritik und Politik. Es geht aber auch um Entscheidungen darüber, wer man sein will und wie man sein Leben gestaltet. Charaktere Ein Stückchen „Doktor Urs Ailuro Podini“ findet sich wohl im Leben vieler Menschen, die Entscheidung für Karriere und ein finanziell abgesichertes Leben, statt zumindest zu versuchen, die eigenen Träume zu leben. Kreativität ohne das notwendige Umsetzungspotential. Bei Dr. Urs A. Podini bewirkt der Panda in seinen Gedanken und dann auch in seinem Kostüm das Umdenken und die Veränderung. In welcher Form auch immer, als Leser schließt man diesen sympathischen, liebenswerten Hauptprotagonisten der Handlung sofort ins Herz. Handlung und Schreibstil Die Sprache zeigt den studierten Theaterwissenschaftler, sie führt uns flüssig durch die Handlung, ein großartiges Lesevergnügen. Unsere moderne Zeit der Influencer und ihrer Netzwerke, die Schwächen der derzeit die politische Bühne bespielenden Figuren werden gekonnt überspitzt, treffend, und mit einem großen Augenzwinkern beschrieben. Es sind der Humor und Witz, die skurrilen und doch aus dem Alltagsleben gegriffenen Szenen, die für laute Heiterkeit während des Lesens sorgen, unterbrochen durch Nachdenklichkeit und manchmal die Sorge um Urs. Denn auch sein Leben als erster anerkannter menschlicher Panda wird in der Geschichte immer noch von außen gesteuert, und als Romanfigur vom Autor, der mit einer überraschenden Wendung das von mir erwartete open End kappt. Für mich trotz verschiedener Andeutungen nicht stimmig, zu viel gewollt und zu bewusst konstruiert. Fazit Ein vergnüglich zu lesender, sprachlich großartiger Roman mit einer liebenswerten Hauptfigur. Mit einem grollenden „Brumm!“ für das Ende ziehe ich persönlich zwar einen Bewertungsstern ab, aber empfehle, dieses ungewöhnliche Buch auf jeden Fall zu lesen, es macht wirklich Spaß!
"„Bei uns sagt man, der Panda ist freundlich und die Verkörperung der Seelenruhe, doch begegnest du ihm, tritt ihm nicht zu nahe, willst du nicht gegen einen gnadenlosen Krieger kämpfen.“ (Zitat Seite 46)"
Inhalt Sie sind Freunde und schon mit knapp vierzehn Jahren wissen sie, was sie nicht werden wollen: Carl Friedländer will Fotograf werden und nicht die väterliche Schneiderei übernehmen, Artur Burwitz will Erfolg haben und kein Wagner bleiben, wie sein Vater. Luise „Isi“ Beese will auf keinen Fall so werden, wie ihr strenger Vater Gottlieb Beese, Lehrer mit politischen Ambitionen. Sie haben kreative Geschäftsideen und können sie auch erfolgreich umsetzen, doch dann kommt das Jahr 1914 und damit der Krieg. Artur und Carl, beide achtzehn Jahre alt, werden sofort eingezogen. Die Jahre bis 1918 verlangen von jedem der drei jungen Menschen beinahe Unmögliches, und der Einfluss der mächtigen Gutsbesitzerfamilie Boysen, die feudal über ganz Thorn herrscht, reicht bis an die Front. Thema und Genre Im Mittelpunkt dieses historischen Romans, der gleichzeitig auch ein Abenteuer- und Entwicklungsroman ist, stehen drei mutige junge Menschen am Beginn des 20. Jahrhunderts, ihre Träume, Hoffnungen und die Realität. Wichtige Themen sind die Unterdrückung der Menschen im feudalen Ständesystem dieser Zeit, die schrecklichen Schlachten des Ersten Weltkrieges, Hunger, Schwarzhandel und der Kampf ums Überleben. Es geht aber auch um Familie, Tradition, Mut zum Neubeginn, Freundschaft, Vertrauen und Liebe. Charaktere Carl ist eher schmächtig, zurückhaltend und vorsichtig. Durch den draufgängerischen, ehrgeizigen Artur, der immer eine Idee hat, zu Geld und Erfolg zu kommen, oft am Rand der Gesetze, wird auch das Leben seines Freundes Carl abenteuerlich. Die unangepasste Isi entspricht absolut nicht den Vorstellungen dieser Zeit von einem wohlerzogenen Mädchen. Klug, keck und schauspielerisch begabt, nützt sie ihr gutes Aussehen für die Umsetzung ihrer Einfälle. Dazu kommen ihr Mut und ihre Willensstärke, sich nicht unterkriegen zu lassen. Handlung und Schreibstil Der Roman beginnt mit einer Vorstellung der drei Hauptfiguren: Carl, Artur und Isi. Die Handlung ist in fünf Abschnitte eingeteilt, diese wiederum in einzelne Kapitel. Die Ereignisse werden von Carl in der Ich-Form geschildert, chronologisch, ergänzt durch Rückblicke. Teilweise gleichzeitig an unterschiedlichen Orten stattfindende Episoden im Leben von Artur und Isi, von denen Carl nichts wissen kann, werden jedoch personal erzählt und stellen jeweils Artur oder Isi in den Mittelpunkt. Die Geschichte ist spannend und auch emotional fesselnd, da die einzelnen Figuren überzeugend und nachvollziehbar handeln. Die Sprache erzählt und beschreibt packend und einfühlsam und lässt auch den Humor nicht vermissen. „Es folgte eine lange Schimpfkanonade im breitesten Wiener Schmäh. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich fragte, wie ein Volk, das so melodisch fluchen konnte, einen solchen Krieg gewinnen wollte.“ (Zitat Pos. 4683). Fazit Ein spannender historischer Roman über die Hoffnungen und Träume einer Generation, die, kaum erwachsen, sich plötzlich in einem furchtbaren Krieg wiederfand. Jede der drei Hauptfiguren, die völlig unterschiedlich und doch durch eine tiefe Freundschaft verbunden sind, muss den eigenen Weg finden und aus Träumen werden Werte, für die es sich einzustehen lohnt, auch wenn der Einsatz das eigene Leben ist. Ein großartiges Leseerlebnis.
"„Damals erwachte in mir das unstillbare Verlangen, mir immer ein eigenes Bild zu machen. Ich wollte selbst beobachten, wollte wissen, wie sich die Dinge wirklich verhielten, und nicht von Beschreibungen anderer abhängig sein.“ (Zitat Pos. 551)"
Inhalt Vor zehn Jahren war ihr bei der Beförderung ein Kollege vorgezogen worden, der nun ihr direkter Vorgesetzter ist und Hulda Hermannsdóttir, Kommissarin bei der Polizei Reykjavík, hat inzwischen das Gefühl, mit Ende vierzig schon an der Spitze ihrer Karrieremöglichkeiten angelangt zu sein. Ebenfalls vor zehn Jahren ist ihre Tochter Dimma gestorben und zwei Jahr später ihr Ehemann Jón. Seither gibt es für Hulda nur mehr ihre Arbeit und sie spezialisiert sich auf ungeklärte Verbrechen. Als ihr ein eigenartiger Todesfall auf einer entlegenen kleinen Insel gemeldet wird, übernimmt sie den Fall selbst. Plötzlich stößt sie bei den Ermittlungen auf einen direkten Zusammenhang mit einem Mordfall in der Vergangenheit, der damals rasch aufgeklärt worden war – oder doch nicht? Thema und Genre In diesem packenden isländischen Thriller geht es um Familie, Verluste, vor allem aber um nachhaltend prägende Ereignisse, die das weitere Leben beeinflussen. Charaktere Nach dem Tod ihrer jungen Tochter und dem späteren Verlust ihres Ehemannes rettet Hulda Hermannsdóttir sich in ihre Arbeit. Da keine Familie mehr auf sie wartet, gibt es für sie auch keine Bürozeiten in ihren Ermittlungen, nichts lenkt sie ab. Ihre Erfahrung lässt sie prinzipiell auch angebliche Fakten und Beweise hinterfragen und hartnäckig sucht sie nach der Wahrheit. Handlung und Schreibstil Der Aufbau umfasst einen Prolog, einen Teil I, der im Jahr 1987 spielt und den Hauptteil, Teil II, der zehn Jahre später, 1997, stattfindet. Ein kurzer Epilog ergänzt fehlende Details. In Teil I untersucht Kommissar Lýður, später Huldas Vorgesetzter, einen Mordfall. In Teil II ermittelt Hulda. In einigen Kapiteln steht, abwechselnd mit Hulda, auch jeweils eine Person des Freundeskreises, um den es bei den Ereignissen auf der Insel geht, im Mittelpunkt: Dagur, Klara, Benedikt, Alexandra. So erhält man beim Lesen unterschiedliche, zusätzliche Informationen, die Hulda nicht wissen kann und dies sorgt gekonnt für ein sehr packendes Lesevergnügen, realistisch und nachvollziehbar. Dieser zweite Band der Hidden Iceland Trilogie beginnt die Lücke zu schließen, zwischen dem ersten Band, der im Zeitablauf der letzte ist, und dem noch nicht erschienenen dritten Band, der am weitesten in die Vergangenheit zurückreicht. Fazit Zwei Ereignisse in einsamen, abgeschiedenen Gegenden Islands, mitten in der ungezähmten Landschaft, dazu eine erfahrene, menschlich sehr sympathische Ermittlerin. Zusammen ergibt das einen sehr spannenden Nordic Noir Thriller, einen Pageturner, der nächtliche Lesestunden garantiert.
"„Ihre eigene Arbeit hatte sich im Laufe der Jahre immer weiter spezialisiert, sodass sie mittlerweile fast ausschließlich mit Gewaltverbrechen beschäftigt war, eine Kategorie, unter die auch ungeklärte Todesfälle fielen, die in Island allerdings relativ selten waren. Hulda wusste, dass sie gut war in dem, was sie tat.“ (Zitat Seite 185)"
Inhalt Jedes Jahr verbringen sie im Sommer zwei Monate an der französischen Atlantikküste im Landhaus von Elsa’s Eltern: die Freundinnen Elsa, Marie und Fanny. Die vierte im Bunde ist Lenica, die in diesem Ort lebt, ein phantasievoller Wirbelwind. Sie sind jung, unbeschwert und voller Pläne. Doch dann kommt der Sommer, in dem Lenica ihren Jugendfreund Sean mitbringt und nach dem Ende dieser Sommerferien sehen sie einander nicht wieder. Viele Jahre später trifft Elsa zufällig Marie und dann auch Fanny, und sofort ist die alte Vertrautheit wieder da. Sie beschließen, noch einmal in das alte Haus am Atlantik zu fahren. Nur Lenica fehlt, die vor Jahren verstorben ist. Dafür trifft überraschend Sean ein … Thema und Genre In diesem Frauenroman geht es um eine besondere Frauenfreundschaft, unbeschwerte Sommertage und Zukunftspläne, schicksalhafte Wendungen, Entscheidungen und verdrängte Erinnerungen. Charaktere Es sind unterschiedliche Frauen, doch auch die Jahre, in denen sie keinen Konakt hatten und ihr eigenes Leben mit Familie und Karriere gelebt haben, können nichts an ihrer Verbundenheit ändern. Sie akzeptieren, was sie waren und was aus ihnen geworden ist. Marie ist offen und geerdet, Fanny ist ruhig und doch präsent. Elsa ist sehr intensiv in ihren Gefühlen und verliert manchmal den Überblick, Ich-bezogen sieht sie nur ihre eigene Befindlichkeit. Ihre Freundinnen stört das nicht, mich als Leserin schon. Handlung und Schreibstil Die Gegenwart wird chronologisch geschildert, doch unterbrochen von zahlreichen Rückblenden, welche die Ereignisse des letzten gemeinsamen Sommers erzählen. Offen ist die Frage, warum Elsa damals den Kontakt abgebrochen hat, buchstäblich aus dem Leben der Freundinnen verschwunden ist. Durch die Schilderung der Vorfälle in diesen besonderen Sommer in der Vergangenheit, teilweise aus aus unterschiedlichen Sichtweisen, ergeben sich langsam die Antworten. Der Schreibstil ist locker, schildert vergnügte Sommertage, das Meer, die Natur, das gemeinsame, fröhliche Genießen. Teilweise vermisse ich einen deutlicheren Unterschied in der Schilderung der nun längst erwachsenen Frauen im Gegensatz zu ihrem sorglosen jungen Ich. Fazit Ein lockerer, leichter Frauenroman über unbeschwerte Sommertage, Freundschaft und Erinnerungen, denen man sich stellen sollte, um nicht das eigene Leben zu verträumen.
"„Es war so unsagbar heiß gewesen an diesem letzten Tag, an dem wir uns alle das letzte Mal gesehen hatten. In diesem einen Sommer. Diesem nicht enden wollenden Sommer am Atlantik.“ (Zitat Seite 12)"
Inhalt Liina, Anfang dreißig, arbeitet als verdeckte Rechercheurin für eine der wenigen noch unabhängigen Nachrichtenagenturen in einem Deutschland der Zukunft, wo der Staat jeden Schritt der Menschen mit modernster Technologie kontrolliert und steuert, nichts wird mehr dem Zufall überlassen. Zuerst hält sie die Story über einen Schakalbiss, wegen der ihr Chef Yassin sie in die Uckermark schickt, für unwichtig und banal, doch etwas stimmt an dieser Geschichte nicht. Am selben Tag unternimmt Yassin angeblich einen Selbstmordversuch und liegt im Koma, gleichzeitig wird eine Kollegin, eine erfahrene Investigativjournalistin, tot aufgefunden. Das Team der Agentur sucht intensiv nach Informationen, an welcher Story die beiden zuletzt gearbeitet haben und stößt auf ein Forschungsprojekt im Gesundheitsbereich. Liina ist überzeugt, es muss einen Zusammenhang zu ihren Recherchen in der Uckermark geben, aber welchen? Thema und Genre In diesem spannenden, dystopischen Thriller geht es um moderne Technologien, Chips und Apps steuern die Gesundheitsvorsorge und den Alltag, Geheimdienste überwachen alles. Das Kernthema hinterfragt die Forschung und ihre ethischen Normen und Verantwortung. Charaktere Liina hat auch privat eine intensive Geschichte. Sie ist mutig, clever und engagiert. Özlem Gerlach hat gemeinsam mit Yassin Schiller die Agentur Gallus gegründet und führt jetzt das Rechercheteam. Unterstützt werden sie von Olga, Datenjournalistin und Hackerin aus Rostock, sehr kompetent und herzlich, obwohl sie nie viele Worte macht. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in Deutschland in einer Zukunft, die von Erderwärmung und der Veränderung der Natur geprägt ist. Die meisten Menschen haben die ländlichen Gebiete verlassen und leben in riesigen Ballungsräumen. Die aktuelle Handlung spielt in einem straffen, kurzen Zeitraum und wird durch eine Parallelgeschichte ergänzt, die mit Ereignissen aus Liinas Jugendjahren beginnt und bis in die Gegenwart führt. Zoë Beck ist eine Autorin, der es gelingt, mit ihrer verhältnismäßig knappen Sprache so eindrücklich zu schildern, dass sich beim Lesen sofort die entsprechenden Gedankenbilder ergeben, man in die Handlung eintaucht und dieser gebannt bis zur letzten Seite folgt. Fazit Ein packender Thriller von brisanter Aktualität, der Spannung und ernste Themen gekonnt verknüpft, mit Figuren, denen man sofort mit Interesse folgt. Auch sprachlich ein überzeugender Pageturner.
"„Bei der hohen Überwachungsdichte ist ihr Job schon gefährlich genug, die Tarngeschichten, Vermeidungstaktiken und technischen Ablenkungsmanöver reichen nicht immer aus, um glaubhaft alle Spuren zu verwischen.“ (Zitat Seite 107)"
Inhalt Hulda Hermannsdóttir ist bekannt dafür, im Job kompetent, präzise und freundlich zu sein. Privat ist die Kommissarin bei der Polizei Reykjavík in diesem Monat Mai erschöpft und deprimiert, denn sie wird demnächst fünfundsechzig Jahre alt und dies bedeutet, dass sie Ende des Jahres in Pension gehen muss. Doch nun wird sie sogar frühzeitig in den Ruhestand geschickt, innerhalb von zwei Wochen muss sie ihren Schreibtisch räumen. Während dieser Zeit darf sie einen unaufgeklärten Altfall bearbeiten. Sofort denkt sie an den Fall der jungen Elena, eine russische Asylsuchende, die tot in einer felsigen Bucht gefunden worden war. Weder der ermittelnde Kollege noch die Medien interessierten sich für das Schicksal dieser Frau, die in Island ein besseres Leben gesucht und den Tod gefunden hatte. Hulda beginnt zu ermitteln. Doch die Suche nach der Wahrheit ist schwierig und gefährlicher, als sie es sich vorstellen konnte. Thema und Genre In diesem packenden isländischen Thriller geht es um die schwierige Situation von Asylsuchenden zwischen Hoffnung und Abschiebung, besonders, wenn es sich um junge Frauen handelt. Wichtige Themen sind Kindheitserlebnisse, die prägend für das weitere Leben sind, problematische Mutter-Tochter-Beziehungen, Verlust, Enttäuschung, Einsamkeit. Charaktere Hulda Hermannsdóttir ist eine Frau, in deren Leben der Beruf im Mittelpunkt steht. Die plötzliche, vorgezogene Pensionierung, das Gefühl, in dieser von Männern dominierten Polizeiarbeit für zu alt und nicht mehr kompetent gehalten zu werden, beschäftigt und blockiert sie und führt zu Fehleinschätzungen bei ihren Ermittlungen. Privat lebt sie in selbst gewählter Zurückgezogenheit, denkt aber über eine mögliche neue Beziehung nach. Doch zuvor will sie unbedingt diesen cold case lösen. Handlung und Schreibstil Der Zeitraum der aktuellen Handlung umfasst nur drei Tage, drei in Kapitel unterteilte Hauptteile. Parallel zur Haupthandlung verlaufen zwei weitere Geschichten, die ebenfalls chronologisch geschildert werden. Sie haben einen direkten Bezug zum aktuellen Geschehen und legen in kleinen Abschnitten immer mehr Hintergrundinformationen offen. Unvorhersehbare Wendungen überraschen und erhöhen die Spannung. Diese wird durch die Sprache verstärkt und der Autor schildert so gekonnt das Leben der Menschen und beschreibt so eindrücklich die raue Natur in Island, dass man beim Lesen sofort in diese düstere, beklemmende Welt eintaucht. Genial ist die Idee, die Hidden Iceland Trilogie mit einem ersten Band zu beginnen, der inhaltlich der letzte ist. Fazit Ein düsterer, packender und sehr komplexer Thriller mit einer facettenreichen, ungewöhnlichen Ermittlerin, die man gerade deshalb sofort ins Herz schließt. Eine großartige Geschichte, wenn man das Genre Nordic Noir zu schätzen weiß.
"„Dabei musste Hulda in Wahrheit nicht mal überlegen: Es gab einen unaufgeklärten Todesfall, der förmlich danach schrie, ihn sich wieder vorzunehmen.“ (Zitat Seite 36)"
Inhalt Mit dem Abriss der Stadtmauer ab 1858 und dem Bau der Wiener Ringstraße mit ihren Prachtbauten beginnt ein gründerzeitlicher Bauboom. In Verbindung mit der geplanten Weltausstellung führt dies zu einer euphorischen Aufbruchsstimmung, die alle Bevölkerungsschichten erfasst. Auch Heinrich von Strauch, der Inhaber des gleichnamigen Wiener Bankhauses, erkennt rasch die Möglichkeiten der schnellen Gewinne durch Investitionen in Immobilien und das Auflegen immer neuer Aktien an der Börse. Doch kann die Weltausstellung, die am 1. Mai 1873 eröffnet wird, die hohen Erwartungen erfüllen? Nicht nur auf Grund der schönen, jungen Frauen, denen er noch nie widerstehen konnte, hat Heinrich von Strauch immer öfter schlaflose Nächte. Thema und Genre Dieser historische Roman spielt im Jahr 1873. Themen sind das aufwändige Leben der damals herrschenden Gesellschaftsschicht und die enormen Klassenunterschiede, gewagte Börsen- und Immobiliengeschäfte und Spekulationen, aber auch Genuss und Lebensfreude im Wien des 19. Jahrhunderts. Charaktere Die fiktiven Hauptprotagonisten sind gekonnt in das tatsächliche historische Umfeld eingefügt und durch die bekannten realen Personen dieser Zeitperiode ergänzt. Die Charaktereigenschaften entsprechen, obwohl in ihrer Negativität etwas einseitig und teilweise überzeichnet, dem Denk- und Verhaltensmuster der damaligen Zeit. Heinrich von Strauch ist der typische Sohn, der das vom Vater zuvor Aufgebaute erbt, ein Lebemann und Genussmensch, der aber auch das nötige Fachwissen für das Bankwesen und die Börsengeschäfte besitzt. Die Risiken seiner intensiven Investitionstätigkeit sind ihm durchaus bewusst. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in der Zeit von Januar bis Juli 1873, ein Prolog und Epilog erweitern diesen Zeitrahmen. Rückblenden und zusätzliche Hintergrundinformationen in Form von Zeitungsartikeln zu aktuellen Ereignissen, Expertenmeinung und allgemeiner Stimmungslage ergänzen die Handlung. Auch wenn der Wiener Börsenkrach und die Ursachen bekannte Fakten sind, ist die Geschichte um das fiktive Wiener Bankhaus spannend zu lesen. Die Sprache mit den speziellen Wiener Ausdrücken entspricht der damaligen Zeit, die Dialoge sind zusätzlich der gesellschaftlichen Stellung und Bildung des/der Sprechenden angepasst. Fazit Ein Roman aus der rasanten Finanzwelt der späten Gründerzeit 1873 in Wien, wo die nahe Weltausstellung Reichtum und Aufstieg für alle Bevölkerungsgruppen verspricht und alles möglich scheint. Man taucht ein in die „gute“, alte Zeit, die nur für eine kleine Bevölkerungsgruppe wirklich gut war, genießt das gesellschaftliche Leben in den Wiener Kaffeehäusern und Salons und erhält ungeschönte Einblicke in das Leben der von den Launen der Herrschaft abhängigen Bediensteten. Die authentische Sprache vervollständigt diese interessante, facettenreiche Reise ins alte Wien.
"„Dazu kam, dass die allermeisten Wertpapiere, mit denen an der Börse gehandelt wurde, nur einen Bruchteil ihres derzeitigen Kurses wert waren. Ein Faktum, das für ihn als Börsenfachmann und Spekulant evident, das aber dem normalen Bürger, der ein bisschen Erspartes im Sparstrumpf hatte, völlig unklar war.“ (Zitat Seite 29)"
Inhalt Nach dem Tod ihrer Mutter verlässt Anahera Golden Cove, den Ort, in dem sie aufgewachsen ist. Sie wollte niemals zurückkehren. Wenige Jahre später ist sie eine berühmte Pianistin und kommt nach dem überraschenden Tod ihres Ehemannes zurück. Sie trifft die alten Freunde wieder, vor allem ihre beste Freundin Josie, in deren Café Miriama aushilft, eine junge, fröhliche Schönheit und angehende Fotografin. Eines Abends kommt Miriama nicht vom Joggen zurück und eine große Suchaktion startet. Schon ein Mal, im Sommer vor fünfzehn Jahren, waren insgesamt drei junge Urlauberinnen spurlos verschwunden. Damals wie heute waren keine Fremden im Ort, hat jemand aus Golden Cove etwas mit dem Verschwinden der Mädchen zu tun? Thema und Genre Dieser spannende Thriller spielt auf der Südinsel Neuseelands. Es geht um die besondere Gemeinschaft in einer kleinen Stadt, wo die Menschen einander kennen, für einander da sind, wo es schwierig scheint, Privates geheim zu halten. Dennoch gibt es sie, die verborgenen, dunklen Seiten. Wichtige Themen sind Familie, Verlust, Kindheitserinnerungen, Träume und Hoffnung, Freundschaft und die Liebe. Charaktere In ihrer Jugend waren die Hauptprotagonisten eine eingeschworene Clique: Anahera und Josie, Keira und Daniel, Vincent und Nikau. Der Polizist Will ist erst seit drei Monaten in Golden Cove, doch er kümmert sich um die Menschen und gibt nicht auf, intensiv allen Spuren zu folgen, um Miriama zu finden. Anahera unterstützt ihn, gleichzeitig versucht sie, mit den Ereignissen in ihrer Vergangenheit abzuschließen, die sie blockieren. Handlung und Schreibstil Es ist das ungewöhnliche Konzept dieser Geschichte, das uns Leser sofort in den Bann zieht. Ein packender Thriller, bei dem es nicht um die blutige Beschreibung einer Tat geht, sondern um die intensive Suche nach einer verschwundenen Person, in Verbindung mit psychologisch interessanten Beschreibungen des Lebens der einzelnen Menschen in einer Kleinstadt. Naturschilderungen der wilden Schönheit dieses Landes und Einblick in die Traditionen der Maori lassen Neuseeland beim Lesen in den Gedanken lebendig werden. Durch überraschende Details und neue Erkenntnisse ergeben sich wechselnde Sichtweisen und so bleibt die flüssig und sehr gut zu lesende Geschichte bis zum Schluss unvorhersehbar und spannend. Fazit Ein packender, ungewöhnlich vielschichtiger Thriller mit Tiefgang, der uns in die wilde Schönheit Neuseelands entführt, wo es viel Licht, aber auch dunkle Schatten gibt.
"„So war das in dieser Stadt: Die Gerüchte verbreiteten sich, und man glaubte, alles über jeden zu wissen. Aber es gab dennoch Geheimnisse hier. Eine dicke Schicht Lava brodelte unter der Oberfläche.“ (Zitat Pos. 345)"
Inhalt Sonja Gunnarsdóttir träumt davon, endlich ihren Sohn Tómas zu sich nehmen zu können, der bei der Scheidung dem Vater zugesprochen worden war. Doch dafür braucht sie genügend Geld für ein finanziell unabhängiges und abgesichertes Leben. Gegen die bisher sehr erfolgreiche Investmentbankerin Agla Margeirsdóttir, mit Sonja in einer Liebesbeziehung, laufen Ermittlungen im Zusammenhang mit dem isländischen Bankenskandal. Bragi ist ein erfahrener Zollbeamter kurz vor der Pensionierung. Sein Dienstort ist der Flughafen von Reykjavik. Schon mehrmals ist ihm eine gut aussehende, gepflegte Frau aufgefallen, wohl eine Geschäftsfrau. Doch dann sieht er zufällig in einer Zeitschrift Modevorschläge für die erfolgreiche Frau im Beruf und plötzlich fällt es ihm ein. Die fremde Frau war stets genau nach diesen Bildern gekleidet, perfekt bis ins kleinste Detail - zu perfekt. Was ist ihr Geheimnis? Thema und Genre Dieser Kriminalroman ist der erste Band einer Trilogie aus Island. Ein typischer Roman noir, der zur Gänze in der Grauzone zwischen Gut und Böse spielt. Es geht um kriminelle Handlungen und ihre Beweggründe, wobei die Schuldfrage aus unterschiedlichen Gesichtspunkten zu betrachten ist. Charaktere Die drei Hauptfiguren Sonja, Bragi und Agla sind gut beschrieben, ihre Situation ist glaubhaft und ihre Entscheidungen nachvollziehbar. Dennoch bleiben sie irgendwie auf Distanz, man verfolgt interessiert und mit Spannung was sie tun, wie sie sich verhalten, was passiert, ohne jedoch um das Schicksal der einzelnen Charaktere zu bangen. Sonja und Agla kämpfen um die Dinge, die ihnen wichtig sind, aber sie reagieren, statt zu agieren. Die Zeit, in Ruhe über mögliche Hintergründe nachzudenken, nehmen sie sich nicht, dadurch handeln sie für ihre Gegner vorhersehbar und sind leicht zu manipulieren. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt kurz nach dem Bankencrash in Island, zwischen November 2010 und Februar 2011. In drei durchgehenden Erzählsträngen steht entweder Sonja, oder Agla, oder Bragi im Mittelpunkt. Abwechselnd geschildert, geschehen die Ereignisse manchmal gleichzeitig, überschneiden sich, verknüpfen sich. Der straffe Zeitrahmen sorgt für Spannung, obwohl wenn man manche Zusammenhänge bald vermutet. Der Schreibstil ist flüssig zu lesen und entspricht dem Genre. Fazit Ein nordischer Kriminalroman für Leser*innen, die in erster Linie an einer packenden, guten Geschichte interessiert sind und denen die einzelnen Figuren weniger wichtig sind, als das Gesamtbild. Ein Buch für spannende, unterhaltsame Lesestunden.
"„Wenn Sie Macht haben wollen, brauchen Sie Sicht nach oben.“ (Zitat Pos. 2873)"
Inhalt Taru Favonius, Biologin und Journalistin, hat an ihrem fünfzigsten Geburtstag ihrem Privatleben eine neue Richtung gegeben. Dies tut sie nun auch beruflich, indem sie spontan den Job bei einem Zeitungsherausgeber kündigt, der ihr keinen Freiraum lässt, ihre Artikel so zu schreiben, wie sie es für richtig hält. Ihre Tochter Kaia, Studentin, besucht sie und bringt ihre Freundin Remy mit. Remy, die auf einem Dachboden einen großen, alten Sekretär entdeckt hat, dessen Front eine Fülle von wunderbar gearbeiteten Insekten ziert. Während sie die Geschichte um dieses besondere Möbelstück recherchieren und den Garten, von dem es erzählt, beginnen sie mit der Umsetzung ihrer Idee von einer eigenen Zeitschrift, die den Menschen Freude macht, und von einem ganz besonderen Garten, der eine Heimat für Insekten, Pflanzen und Menschen werden soll – kann so ein Garten auf der Insel Rügen Wirklichkeit werden? Thema In diesem ersten Band der Inselgärten-Reihe geht es um den Schutz des natürlichen Lebensraumes, um die Artenvielfalt der Insekten, um Gärten als magische Orte für Pflanzen, Tiere und Menschen. Ein wichtiges Thema sind auch Erinnerungen, Träume, Familie, Freundschaft, Liebe und der Mut für einen Neubeginn. Charaktere Taru hat die Erfahrung, Remy die Pläne, Ideen haben sie beide und gemeinsam mit Heiko, einem Kollegen von Taru, sind sie in der Stimmung, etwas Neues zu wagen. Es sind kreative, sympathische Figuren, die uns in dieser Geschichte begegnen, Menschen, die Träume haben, wissen, was sie wollen, oder noch auf der Suche sind. Leser*innen der Ostseetrilogie wird es besonders freuen, in diesem Roman Remy aus Ahrenshoop wiederzutreffen. Handlung und Schreibstil Die aktuelle Handlung spielt im Jahr 2014 in Ahrenshoop, Groß Nemerow und auf der Insel Rügen. Sie ist in Abschnitte eingeteilt, in denen abwechselnd Remy oder Taru im Mittelpunkt stehen. Ergänzt wird diese Geschichte durch Tarus Kindheit und Jugend auf der Insel Rügen in den Jahren 1971–1976. Detaillierte Schilderungen und bildintensive Beschreibungen führen beim Lesen direkt zur Mecklenburgischen Seenplatte, an die Ostseeküste, in Rügens Buchenwälder mit den Kreidefelsen, und in Gärten mit Magie und Seele. Fazit Ein Wohlfühlroman, in dem Träume, Kreativität und der Mut, etwas Neues zu wagen, im Vordergrund stehen und natürlich die Natur und naturnahe Gärten. Ein Buch für entspannte Lesestunden im Grünen, begleitet vom Zwitschern der Vögel und dem Summen der Bienen, oder auch für einen Tag am Meer, wo die Wellen nicht nur zwischen den Buchseiten rauschen.
"„Wenn es an einer Stelle nicht vorangeht, dann mache ich an einer anderen weiter. Immer dort, wo sich gerade am meisten bewegen lässt. Und wenn ich in einer Sackgasse stecke, dann gehe ich die Sache einfach von einer ganz anderen Seite an. (Zitat Seite 155)"
Inhalt Dad Lewis aus Holt, Colorado, erfährt, dass er nur noch wenige Wochen zu leben hat. Es ist Sommer und umsorgt von seiner Ehefrau Mary und seiner Tochter Lorraine blickt er in Gedanken und Träumen auf sein Leben zurück, genießt die Sommertage und den Blick in die Natur. Langjährige Nachbarn kommen zu Besuch und auch Rob Lyle, der neue Reverend, der immer wieder Probleme bekommt, weil er die alten, festgefahren Ansichten und Einstellungen der Menschen verändern will. Wie Frank, der Sohn von Mary und Dad Lewis, der vor vielen Jahren den Kontakt zu ihnen abgebrochen hat. Leise und beständig vergehen die Tage und der Abschied rückt näher. Thema und Genre In diesem Roman, der wieder in der fiktiven Kleinstadt Holt in der Nähe von Denver, Colorado, spielt, geht es um das geerdete, genügsame Leben in einer kleinen Stadt, um Schicksal, Freundschaft, Familie und das Abschiednehmen am Ende eines langen Lebens. Charaktere Dad Lewis ist ein Mann mit Prinzipien und so trifft er auch seine Entscheidungen. Die Folgen dieses Handelns aus Überzeugung beschäftigen ihn noch in seinen letzten Lebenstagen. In diesem Roman sind es die einzelnen Personen, ihre Gefühle und Gedanken, welche die Handlung tragen, Dad Lewis, Mary, Lorraine, Frank, Rudy und Bob, Berta May und Alice, Willa und Alene Johnson, Lyle und sein Sohn John Wesley. Genau und mit viel Einfühlungsvermögen beobachtet und schildert der Autor das Leben der Menschen, den Zusammenhalt einer Nachbarschaft in der Enge einer Kleinstadt, die im Gegensatz zur Weite der Natur steht. Handlung und Schreibstil Dieser dritte und letzte Band der Plainsong-Trilogie spielt einige Jahre nach den beiden ersten Teilen. Abgesehen von einigen kurzen Erwähnungen lernen wir uns bisher unbekannte Einwohner von Holt kennen und erhalten in einzelnen Episoden einen Einblick in ihr Leben und ihr Schicksal. Im Mittelpunkt der Handlung steht der schwer kranke Dad Lewis. In diesen Wochen seines letzten Sommers nimmt er Abschied, erinnert sich an die wichtigsten Ereignisse in seinem arbeitsreichen Leben, an Entscheidungen, die er getroffen hat, und deren Auswirkungen. Rückblenden füllen die Gegenwart mit weiteren Details. Die Sprache schildert eindrucksvoll das karge Leben in der fiktiven Kleinstadt Holt, den Sommer mit Hitze und leisen Sommerabenden, als Gegensatz dazu stehen die einfachen, klaren Dialoge. Fazit „Du träumst rückwärts“, heißt es auf Seite 80 und diese Aussage klingt durch alle Seiten dieses Romans. Für Träume ist im Alltag von Holt wenig Platz und am Ende eines Lebens überwiegen die Erinnerungen. Ein leiser, wehmütiger und gleichzeitig tröstlicher, positiver Roman.
"„Von beiden Seiten des Highways gingen unter dem klaren blauen Himmel Landstraßen ab, alle gerade wie Zeilen in einem Buch, mit nur wenigen vereinzelten Kleinstädten auf dem flachen, offenen Land.“ (Zitat Seite 7)"
Inhalt Im Sommer 1945 kamen mit den amerikanischen Soldaten der Swing, Jazz und Blues nach Rom. Die Musik verbindet Guenda und Lesley vom ersten Augenblick an, beide sind gerade Anfang zwanzig. Heute, viele Jahre später, verbindet die Musik, der Blues, drei völlig unterschiedliche Frauen. Laura Sommer, Anfang fünfzig, reist nach ihrer Scheidung nach Rom und trifft dort Fabio Belli, Professor für Kunstgeschichte. Doch der geplante Hochzeitstag wird zum Tag von Fabios Begräbnis. Damit scheint auch ihr eigenes Leben zu Ende. Die bunte, unangepasste Blues-Sängerin Fra ist gerade in ihre neue Wohnung eingezogen, als ein Wasserrohrbruch diese unter Wasser setzt. Es ist Fabios und nun Lauras große Wohnung, die genau darüber liegt und Fra zieht in eines der Gästezimmer. Die junge amerikanische Studentin Samantha Carter hatte bei Fra ein Zimmer gemietet, gut, das es bei Laura noch ein Gästezimmer gibt. Laura will nur eines, wieder alleine mit ihrer Trauer und ihren Erinnerungen an Fabio sein, ihre Ruhe haben. Doch Fra und Sam sehen das anders. Thema und Genre Im Mittelpunkt dieses Romans stehen starke Frauen, die eines gemeinsam haben: sie stehen, bewusst oder unbewusst, vor einem Neubeginn, einer Planänderung in ihrem Leben, vor neuen Möglichkeiten. Es geht um Verlust, Trauer, vor allem aber um Mut, Entscheidungen, sich auf etwas Neues einzulassen, um Freundschaft, und um die Kraft der Musik. Natürlich sind auch Beziehungen und die Liebe ein Thema. Charaktere Laura ist durch ihren Verlust völlig blockiert, sie scheint langsam aus ihrem eigenen Leben zu verschwinden. Die laute, unkonventionelle Fra ist ihr suspekt, erst langsam erkennt sie das große Einfühlungsvermögen dieser Frau und öffnet sich für Neues, vor allem für die Gefühle, die der Blues und das Tanzen in ihr auslösen. Sam ist Anfang zwanzig, spontan, für sie ist jeder Tag in Rom ein wunderbares Abenteuer, an dem sie die ganze Welt über Social Media teilhaben lassen will. Handlung und Schreibstil Der Roman spielt in Rom, in der Jetztzeit, doch ein zweiter Handlungsstrang führt als erzählte Erinnerung zurück in das Jahr 1945 und zu den Ereignissen, die damals in diesem Palazzo stattgefunden haben. Die Ereignisse bekommen ihre Intensität und Spannung durch die drei völlig unterschiedlichen Frauen und ihre Art, diese oft turbulente Zeit in Rom mit Leben zu füllen. Die Schilderungen des Alltagslebens auf der Straßen von Trastevere versetzen den Leser sofort nach Rom mit der lebhaften Italianità, den Gerüchen, der Stimmung. Ergänzt werden diese Eindrücke durch die intensive Musik, die durch alle Seiten klingt, die Sängerin Fra und die Musiker. Fazit Ein vielschichtiger Roman, ernst, humorvoll, ein Lesevergnügen für entspannte Stunden, in dessen positiver Stimmung der Blues mit einem glücklichen Lächeln mitschwingt.
"„Blues ist nicht die choreografische Vorstellung vom Leben. Blues ist das Leben. Ehrlich und niemals perfekt.“ (Zitat Pos. 1127)"
Inhalt Er ist knapp vierzehn Jahre alt, als er seinen Geburtsort Grein am Gebirge verlässt, nun kehrt Kommissar Alex Körner aus Wien nach siebenundzwanzig Jahren als Ermittler in einem Mordfall zurück. Ein Reporterteam hat einen anonymen Hinweis erhalten und entdeckt den brutal zerfetzten Körper eines toten Mädchens. In dem kleinen Dorf stoßen Körner und sein Team auf eine Mauer des feindseligen Schweigens. Gleichzeitig macht ein starkes Hochwasser es ihnen unmöglich, den Ort zu verlassen. Was sie dann im Zuge der Ermittlungen in alten Dokumenten aus dem Jahr 1864 entdecken, widerspricht jeder kriminalistischen Logik und Vorstellungskraft. Thema und Genre Dieser Roman ist ein packender Thriller, der gleichzeitig der phantastisch-mystischen Horrorliteratur in der Tradition von H.P. Lovecraft zuzuordnen ist, wobei der Schwerpunkt der Geschichte im Bereich des dunklen, gefährlichen Übernatürlichen liegt. Ein Thema ist auch das Leben der Menschen in einer kleinen, abgeschiedenen Dorfgemeinschaft. Charaktere Das Wiener Ermittlerteam unter der Leitung von Chefinspektor Alex Körner kennt einander lange, nur die Kriminalpsychologin Sonja Berger ist erst seit drei Wochen in seinem Team. Die einzelnen Charaktere mit ihren speziellen Eigenheiten sind sehr sympathisch und stimmig geschildert, auch die zwischenmenschliche Komponente fehlt nicht. Handlung und Schreibstil Die Geschichte wird in fünf übergeordneten Teilen erzählt, die in Kapitel eingeteilt sind. Zwischen den einzelnen Teilen wird abschnittsweise ein Ereignis erzählt, das im Jahr 1937 stattgefunden hat. Auch ein altes Tagebuch aus dem Jahr 1864, im passenden Schriftbild klar abgegrenzt, spielt eine wichtige Rolle und führt langsam zum Hintergrund der aktuellen Handlung, die im knappen Zeitrahmen von Montag bis Freitag innerhalb einer Woche stattfindet. Dieser Aufbau vertieft die Spannung und ist eine hervorragende Lösung, die den Leser zuerst langsam, dann in einem immer schneller werdenden Tempo vom Thriller direkt in die dunklen Abgründe des atemberaubenden Horrors führt. Die Sprache der Tagebucheinträge passt perfekt in die damalige Zeit und hebt sich im Ausdruck von der aktuellen Handlung ab. Sehr beklemmend sind die sehr anschaulichen, atmosphärisch dichten Beschreibungen der Ereignisse, des Dorflebens und der einzelnen Dorfbewohner, und der Situation vor und während eines starken Hochwassers. Fazit Eine packende, beklemmende Mischung aus Thriller und Horror, wobei die düstere, geheimnisvolle Schauer-Komponente deutlich überwiegt. Überraschende Wendungen sorgen für Spannung und intensive Lesestunden bis zur letzten Seite.
"„Die Tagebucheinträge waren genauso verrückt wie der Fall, in dem sie ermittelten. Womöglich passten die Ereignisse gerade deshalb zusammen.“ (Zitat Seite 328)"
Inhalt Ein Toter hängt zwischen zwei Lavafelsen, auf Grund der historischen Bedeutung des Ortes genannt Galgenfelsen. Es ist Helgi Friðriksson, ein sehr vermögender Investmentbanker. Zuerst denken die Ermittler an Selbstmord, doch ein Nagel mit dem Rest eines Notizzettels in der Brust des Toten zeigt, dass es sich um Mord handelt. Als Huldar zur Adresse des Toten kommt, findet er in der stylischen Wohnung Freyja vor, die sich um einen vierjährigen Jungen kümmert, der seinen Namen, Siggi, kennt und die sehr geläufigen Kurzformen der Vornamen seiner Eltern, aber weder Familiennamen, noch Adresse. Er weiß nur, dass er nicht in dieser Wohnung wohnt, in der das Jugendamt ihn auf Grund eines anonymen Anrufes gefunden hat. Parallel zu den Ermittlungen im Mordfall Helgi muss das Team auch nach den Eltern des kleinen Jungen suchen. Offenbar gibt es keinerlei Zusammenhänge, oder doch? Thema und Genre In diesem spannenden Thriller geht es um einen mysteriösen Mordfall und die schwierige Suche nach den Eltern eines kleinen Jungen. Gesellschaftskritische Hintergründe sorgen für Tiefgang. Charaktere Kommissar Huldar und die Psychologin Freya ergänzen einander bei den Ermittlungen und auch die junge, engagierte Lína passt sehr gut in das Team von Huldar, auch wenn die schroffe Vorgesetzte Erla dies anders sieht. Die einzelnen Figuren der Ermittler in diesem verworrenen Fall sind als unterschiedliche Charaktere sehr gut und realistisch geschildert. Handlung und Schreibstil Die packende Handlung spielt in einem knappen Zeitraum, denn in den Ermittlungen drängt die Zeit. Der Hintergrund der Geschichte wird Stück für Stück, gleich kleinen Puzzleteilen, offengelegt. Nach zahlreichen Wendungen ergeben sich am Schluss die nicht vorhersehbaren Zusammenhänge. Die Ereignisse sind jedoch immer nachvollziehbar und stimmig. Eine geniale Wendung bildet den überraschenden Abschluss dieses neuen, vierten Falles des Ermittlerteams. Der Schreibstil ist dem Genre Thriller angepasst, enthält aber auch interessante Beschreibungen und bietet mit einer guten Prise Humor ein spannendes, begeisterndes Leseerlebnis. Fazit Ein packender Thriller mit sympathischen Ermittlern, der den Lesern Rätsel und überraschende Wendungen bietet. Ein Pageturner und Garantie für eine lange Lesenacht.
"„Irgendetwas stimmte hier nicht. Huldar korrigierte sich: Hier stimmte gar nichts. Absolut gart nichts.“ (Zitat Seite 188)"
Inhalt Frank Fischer ist als Historiker für das Deutsche Museum Berlin tätig und bereitet gerade eine Nostradamus Ausstellung vor, als ihm das bisher verschollene, dreizehnte Buch der Centurien des Michel de Nostredame, angeboten wird. Er zögert nicht, diese Sensation für das Museum zu erwerben. Im Gegensatz zu den bekannten Weissagungen, die sehr unterschiedlich interpretiert werden konnten, enthalten diese Prophezeiungen trotz der Gedichtform klare Aussagen. Diese müssen aber von Frank erst entschlüsselt werden, um das Ende der Welt verhindern zu können. Ein Wettlauf beginnt, nicht nur gegen die Zeit, sondern auch gegen mächtige, sehr gefährliche Gegner, die dieses Buch aus unterschiedlichen Motiven in ihren Besitz bringen wollen. Thema und Genre In diesem packenden Wissenschaftsthriller geht es um die auch heute noch faszinierenden Weissagungen des Michel de Nostredame, sowie um Technik, Quantenphysik, Kernforschung, moderne Computertechnologien, Geheimbünde und Geheimdienste, und um die Macht der Kirche. Charaktere Frank Fischer ist ein introvertierter Bücherwurm, als Wissenschaftler ein Fachmann auf seinem Gebiet, aber erst durch die Ereignisse wird er zum mutigen Kämpfer, der sein Leben für den Erhalt der Erde einsetzt. Seine frühere Ehefrau Lena Gerber, die als Chemikerin Tests durchführt, um die Echtheit des Buches zu prüfen, gerät dadurch ebenfalls in Gefahr, unterstützt ihn aber trotzdem. Doch erst durch den erfahrenden, britischen Spezialagenten Jack Cooper und dessen weltweite Verbindungen können sie hoffen, die Kette von Ereignissen vielleicht noch rechtzeitig zu stoppen. Die Figuren sind authentisch, mit ihren jeweiligen Eigenheiten sehr gut charakterisiert, und bleiben auch bei geballter Action glaubhaft. Handlung und Schreibstil Die straffe, rasante Handlung passt perfekt zum Genre. Überraschende Wendungen, die dennoch nachvollziehbar sind, sorgen für durchgehende Spannung bis zur letzten Seite. Für mich ist der Kern eines gekonnten Wissenschaftsthrillers eine prefekte Mischung aus Fiktion und sehr gut recherchierten Fakten, wodurch sich eine Handlung ergibt, die möglich wäre. Genau das ist hier der Fall und das Resultat ist ein ungemein spannendes, actionreiches Lesevergnügen mit Niveau. Sehr interessant ist die Aufstellung am Ende des Buches, in welcher der Autor Fakten und Fiktion offenlegt. Fazit Ein packender, kreativer Page-Turner, nicht nur für Fans von Dan Brown und J.R. Dos Santos, der durch seine technischen Fakten in Kombination mit einer brillanten Geschichte überzeugt.
"„Es wird passieren – das wissen wir, die Prophezeiung beschreibt es. Keine Ahnung wie, aber dass es geschieht, steht fest. Sofern wir es nicht verhindern …“ (Zitat Seite 465, 466)"
Thema und Inhalt Moritz Holl, unschuldig für einen Mord verurteilt, begeht Selbstmord. Seine Schwester Mia Holl, zuvor angepasst mit einem tadellosen Lebenswandel, wird dadurch völlig aus der Bahn geworfen. Sie beginnt aufzubegehren und Fragen zu stellen in diesem Staat, in dem Gesundheit das oberste Gebot ist und der durch Regeln, die „METHODE“, gelenkt wird. Darum geht es, sehr kurz gefasst, im 2010 erschienen dystopischen Roman „Corpus Delicti“ von Juli Zeh, der ursprünglich als Theaterstück geschrieben und auch an etwa 20 Theatern inszeniert wurde. Da der Roman seit Jahren auch auf dem Lehrplan im Deutschunterricht steht, ist gerade dieser Text für die Autorin immer präsent geblieben. Zehn Jahre und viele Fragen später, ist nun dieses Begleitbuch erschienen, das jedoch keine Interpretation des Romans ist. Juli Zeh beschäftigt sich vielmehr mit den unterschiedlichen Fragen, die sich in den Jahren besonders bei den jungen Leser*innen ergeben haben und bietet Antworten an. Se greift die Themen auf und ergänzt diese durch viele neue Gedanken, die sich auch mit dem aktuellen Gesellschaftsbild auseinandersetzen und mögliche Wege in eine positive Zukunft aufzeigen. Die Autorin hält es für sehr wichtig, dass sich immer mehr zeitgenössische Romane mit den aktuellen Entwicklungen auseinandersetzen. Eine der Fragen, die wir uns stellen sollten, ist es, wie wir in Zukunft als Einzelperson und als Gesellschaft miteinander umgehen wollen. Eine zentrale Rolle spielt das Gesundheitsthema und damit verbunden eine politisch verordnete Prävention, welche die demokratischen Grundrechte und Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen einschränkt. Umsetzung Juli Zeh wählt die Form eines fiktiven Interviews mit Fragen und Antworten. Das Buch ist in vierzehn übergeordnete Kapitel gegliedert und reicht von der Entstehungsgeschichte des Romans über die Protagonisten, Einflüsse, Literaturgattungen, bis zu ihrem eigenen schriftstellerischen Werdegang. Ein eigenes Kapitel (VIII) beschäftigt sich mit dem Genre politische Literatur. Im letzten Kapitel (XIV) spricht Juli Zeh „Statt eines Nachworts“ über die besondere Bedeutung, die der Roman „Corpus Delicti“ für sie hat. Fazit Eine interessante, wichtige und vertiefende Ergänzung zum Roman „Corpus Delicti“, gerade in diesen Wochen von brisanter Aktualität.
"„Ich entziehe einem Staat das Vertrauen, der besser weiß, was gut für mich ist, als ich selbst.“ (Zitat aus dem Originalroman, Seite 187)"
Inhalt 1999 erklärt der erfolgreiche Autor und Pulitzer-Preisträger Nathan Fawles, fünfunddreißig Jahre alt, in einem Interview, er werde nie mehr schreiben, es werde keine neuen Veröffentlichungen mehr geben. Er zieht sich auf die schöne, abgeschiedene Insel Île Beaumont zurück. Nun, beinahe zwanzig Jahre später, nimmt Raphaël Bataille, ein junger Autor, einen Job in der Buchhandlung auf der Insel an, um mit Nathan Fawles in Kontakt zu treten. Da geschieht ein grausamer Mord auf dieser kleinen Insel, gleichzeitig kommt die Schweizerin Journalistin Mathilde Monney auf die Insel um nachzuforschen, warum der Schriftsteller seine Karriere damals wirklich beendet hat. Kann sie das Geheimnis um Nathan Fawles lüften, obwohl sein Agent immer wieder versichert, es gebe kein Geheimnis. Thema und Genre In diesem spannenden Roman geht es um Schriftsteller und das Schreiben, um ein nie vollständig aufgeklärtes Verbrechen in der Vergangenheit, um ein Verbrechen in der Gegenwart, um Zufälle, Schuld, Familiengeheimnisse und die Liebe. Charaktere Nathan Fawles hat insgesamt nur drei Romane veröffentlicht, diese jedoch sehr erfolgreich. Bewusst beschließt er, sein Leben nicht mehr dem Schreiben und seinen Figuren zu unterwerfen und zieht auf die kleine Insel Beaumont. Raphaël ist ein junger Autor, der unbedingt die Meinung von Nathan Fawles zu seinem Romanskript hören möchte, da ihn die Bücher von Fawles sehr geprägt haben. Mathilde Monney ist verbissen auf der Suche nach Antworten. Handlung und Schreibstil Die Geschichte wird von unterschiedlichen Personen geschildert, die jenen Teil der erzählen, den sie erlebt oder erfahren haben. Interviews aus dem Jahr 1999 ergänzen die Handlung, die der Schriftsteller als fiktive Erzählerfigur beendet. So vielschichtig und packend die Handlung ist, so überraschend die Wendungen, so ungewöhnlich ist auch diese Erzählform. Ergänzt wird die Geschichte durch Zitate von bekannten Schriftstellern zum Thema Schriftsteller und Schreiben am Beginn der einzelnen Kapitel. Fazit Ein spannender Roman um Schicksal und Zufall, Familiengeheimnisse und das Leben als Schriftsteller. Der Originaltitel: La vie secrète des écrivains sagt wesentlich mehr aus, als dieser triviale deutsche Titel und das ebenfalls sehr einfache Cover, das dieser vielschichtigen, packenden und intensiven Geschichte nicht gerecht wird. Man sollte sich davon nicht abhalten lassen, dieses anspruchsvoll-unterhaltsame Buch zu lesen.
"„Wenn du Romanschriftsteller bist, dann bist du es rund um die Uhr. Du hast nie Urlaub. Du liegst immer auf der Lauer, wartest immer gierig auf eine Idee, die du aufgreifen kannst, auf einen Ausdruck, ein Verhalten, die eine deiner Figuren charakterisieren könnten.“ (Zitat Pos. 1263)"
Inhalt Simona, demnächst dreißig Jahre alt, hat Landschaftsgärtnerei studiert und ist in Kempten im Allgäu freiberuflich tätig. An dem Tag, an dem sie ihren Job verliert, stirbt auch ihre Großmutter, Nonna Franca, bei der sie aufgewachsen ist. Simona wusste nicht, dass Franca ein Haus in der Region Marche in Mittelitalien besaß. Dieses Haus in Belmonte ist das renovierte Elternhaus von Franca, mit einem wunderbaren Obst- und Gemüsegarten, das Simona nun erbt. Da sie ohnedies auch Abstand von ihrem Lebensgefährten Sebastian braucht, fährt sie nach Italien. Als sie mehrere Kuverts ohne Absender erhält, auf denen ihre Großmutter ihr Leben erzählt, beginnt sie nachzuforschen. Thema und Genre Im Mittelpunkt dieses deutsch-italienischen Familienromans stehen die Frauen. Themen sind Familie und ihr Zusammenhalt, die eigenen Wurzeln, Heimat und Auswanderer, eine noch ursprüngliche italienische Gegend und die Liebe. Es geht auch um schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen, die sich durch vier Generationen ziehen. Charaktere Teresa und ihre Freundin Marta, Franca und ihre Freundin Irma, Marina und ihre Tochter Simona: unterschiedliche Frauen, deren Leben durch vergangene Ereignisse geprägt ist. Es sind einprägsame Figuren und die sympathisch gestalteten Charaktere stehen im Mittelpunkt dieser Geschichte. Handlung und Schreibstil Die Familiengeschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, Simona in der Jetztzeit, unterbrochen immer wieder durch Teresas und Francas Geschichte in der Vergangenheit. Franca erzählt ihr Leben in der Ich-Form. Jedes Kapitel ist mit Zeit- und Namensangabe versehen, das macht die Handlung übersichtlich. Italienisches Flair erhält der Roman vor allem durch die Charaktere und die Schilderungen des Alltags in Belmonte. Denn obwohl auch Landschaft und Natur beschrieben werden, fehlte mir beim Lesen etwas von diesem lebendigen, typischen Italien der Marche, wie ich es kenne. Überraschende Wendungen sorgen für Spannung, allerdings trifft Simona im Laufe der Handlung eine Entscheidung, die für mich im Zusammenhang mit dem Charakter dieser Figur und Details der Ausgangssituation nicht stimmig und nicht nachvollziehbar ist. Fazit Ein Generationenroman mit starken Frauen, der von Ereignissen und Schicksalen erzählt, die ein Leben völlig verändern können. Ernste, traurige Erfahrungen wechseln mit humorvollen Episoden ab und Mut, Hoffnung und Liebe machen dieses Buch zu einer angenehmen Lektüre für entspannte Lesestunden.
"„Ihren ersten Kaffee trank sie auf der Steinbank neben dem Kücheneingang im Schatten des Moro und beobachtete eine Eidechse, die sich auf dem Mäuerchen der Terrasse sonnte.“ (Zitat Pos. 952)"
Inhalt Vivian Louise Morris wächst behütet und gelangweilt in einer vermögenden Familie auf und sie will auf keinen Fall übergangslos in einer ebenso behüteten Ehe enden. Ratlos schicken ihre Eltern sie 1940 schließlich zu ihrer Tante Peg nach New York. Dieser gehört eine Theaterkompanie in New York City, das Lily Playhouse. Vivian ist neunzehn Jahre alt und im Gepäck hat sie ihre Nähmaschine. Ihre große Begabung und Leidenschaft für Mode machen sie rasch zur kreativen Kostümbildnerin in Pegs Theater. Vivian ist jung und sie will alles vom Leben. Erfahrungen sammelt sie in den wilden Nächten der Clubs und Bars der schillernden Großstadt New York, bis sie durch ihre Gedankenlosigkeit in einen Skandal verwickelt wird und zu ihren Eltern zurückkehren muss. Im Sommer 1942 holt Peg sie zurück nach New York, doch es dauert noch viele Jahre, bis Vivian ihren Weg findet. Thema und Genre Dieser Roman, in dessen Mittelpunkt Frauen stehen, ist kein typischer Frauenroman. Es geht um das glitzernde, turbulente Leben im New York der Vierzigerjahre, um die Welt der kleinen Theater, Musik, um Mode und Frauen, die ein unabhängiges, selbst gestaltetes Leben wollen. Auch Männer, Familie, Freundschaft und die Liebe in allen Facetten sind ein Thema. Charaktere Vivian hält ihre privilegierte, finanziell abgesicherte, Herkunft viele Jahre lang für selbstverständlich. Ihre naive, gedankenlose Ziellosigkeit macht sie als Figur nicht immer sympathisch, erst in den Jahren nach dem Krieg findet sie bewusst zu einem Leben, das sich für sie richtig anfühlt. Peg, Olive, Edna und Marjorie sind großartige Frauenfiguren, facettenreich und immer authentisch. Handlung und Schreibstil Es ist Vivian selbst, die 2010 rückblickend ihre Lebensgeschichte in einem Brief erzählt. Sie schreibt ihre Erinnerungen chronologisch nieder, ergänzt durch Details, die sie nicht wissen konnte, aber durch Gespräche mit Beteiligten erfahren hat. Die Handlung ist spannend und interessant. Das Leben im New York der Vierzigerjahre und später in der Nachkriegszeit ist sehr lebendig und wirklichkeitsnah geschildert, besonders auch die Situation der kleinen Theater. Die Seele der Geschichte jedoch sind die tiefen, ehrlichen Frauenfreundschaften und die Lebensfreude, die sich durch die gesamte Handlung zieht. Die Sprache ist humorvoll, beschwingt und angenehm zu lesen. Fazit Ein einfühlsam erzählter, charmanter Roman über Frauen, Männer, die Liebe und das Leben, in dem Dinge einfach so passieren, denn „Die Welt folgt keinem Plan“ (Zitat Pos. 6642).
"„Denn zunächst möchte ich sagen, dass sich das Lily Playhouse von allen Welten, die ich bis dahin bewohnt hatte, ganz und gar unterschied. Es war die elektrisierende Verkörperung von Glamour, Wagemut, Chaos und Spaß – mit anderen Worten, eine Welt voller Erwachsener, die sich wie Kinder benahmen.“ (Zitat Pos. 659)"
Inhalt Nach einem Sprung von der Bosporusbrücke erwacht Boratin Bey im Krankenhaus. Er hat eine gebrochene Rippe und er hat sein Gedächtnis verloren. Er erfährt seinen Namen und seine Adresse, denn er hatte einen Ausweis bei sich. In seiner Wohnung stehen Gitarren, an der Wand hängen Plattencover. Boratin ist Bluessänger, Songwriter und Gitarrist mit einer eigenen Band. Doch er hat auch seine Musik verloren. Sein bester Freund Bek begleitet ihn auf Spaziergängen durch Istanbul, zu seinen früheren Lieblingsplätzen. Auch alleine erkundet Boratin vorsichtig die Stadt, immer auf der Suche nach sich selbst. Nicht wer, sondern was ist dieser im fremde Mensch im Spiegel? Thema und Genre In diesem Roman geht es um die Frage, wie wichtig die Kenntnis um die eigene Vergangenheit für die Gegenwart und die Zukunft ist. Themen sind Erinnerung, Freundschaft, Musik und die Stadt Istanbul, die Boratin wie ein Fremder neu erkundet. Charaktere Boratin, der der seine Geschichte selbst erzählt, ist achtundzwanzig Jahre alt. Er ist ein beliebter Musiker und die Songs für seine Band Denizalti hat er selbst geschrieben. Nach dem Gedächtnisverlust ist er sich selbst fremd, ohne Vergangenheit hat er auch keine eigene Geschichte. Dadurch hat seinen Mut und Begeisterungsfähigkeit verloren. Er zweifelt an sich, doch stellt sich trotzdem jedem neuen Tag. Handlung und Schreibstil Der Autor lässt Boratin, die Hauptfigur, als Ich-Erzähler seine Geschichte selbst schildern. Wir wissen als Leser*innen nicht mehr als Boratin, und folgen ihm chronologisch durch die ersten Tage und Wochen nach dem Aufwachen im Krankenhaus. Durch die Erinnerungen seiner Freunde und Bekannten, besonders seines besten Freundes Bek, erfährt Boratin, was er für ein Mensch war. Nur die wichtige Frage nach dem Warum kann niemand für ihn beantworten. Die Handlung gleicht Momentaufnahmen, der Autor führt uns zu unbekannten Plätzen Istanbuls, zeigt das Leben der Menschen in den Beobachtungen und Gedanken seiner erzählenden Figur. Denn Boratin sieht Istanbul unvoreingenommen, mit neuen Augen, so wie er auch sich selbst jeden Morgen neu betrachtet, ein unbekanntes Gesicht im Spiegel. Seinen Kaffee trinkt er jetzt schwarz, vielleicht mochte er früher Zucker im Kaffee, es ist egal, denn jetzt will er ihn so. Fazit Sprachlich beeindruckend schön, ist es eine melancholische Geschichte, aus welcher der Autor uns und seine Figur nachdenklich und mit vielen offenen Fragen entlässt. Vielleicht ist der leise Regen, der eines Abends nach einer langen Zeit der Trockenheit einsetzt, eine Metapher für eine positive Zukunft für Boratin, ein Ausweg aus diesem Labyrinth der Suche nach sich selbst, wir wissen es nicht.
"„Die Vergangenheit ist wie ein Zug, der in der Dunkelheit verschwindet. Entsinnst du dich nicht, wohin du mit ihm unterwegs warst, an welcher Station du ausgestiegen bist, weißt du auch nicht, wer du bist.“ (Zitat Seite 30)"
Inhalt Sie heißt Caroline, ist Journalistin und hat vor zwei Jahren eine Auszeit für eine Weltreise genommen, auf der Suche nach echten Erfahrungen und Begegnungen. Sie hat großartige und furchtbare Orte gesehen, viele Gefahren gemeistert, doch jetzt ist sie auf der Flucht. An einem kühlen Abend im März landet sie auf dem Mönchsberg in Salzburg, wo sie mit Blick über die Stadt und den Sternenhimmel übernachten will. Plötzlich bemerkt sie, dass sie hier nicht alleine ist. Josh ist Wahlfranzose, auf dem Weg in sein Haus in Frankreich, während sie zurück nach Hamburg will. Ihre Verfolger spüren Caroline immer wieder auf, und immer wieder taucht Josh auf und hilft ihr. Gemeinsam suchen sie einen Ausweg, die Zeit drängt und Josh bereitet sie auf eine mögliche Konfrontation mit ihrer Vergangenheit vor, aber vollkommen anders, als sie es sich jemals hätte vorstellen können. Doch wer ist dieser geheimnisvolle Josh, kann sie ihm trauen, hat ihre beginnende Liebe eine Chance? Thema und Genre Dieser Roman ist eine ungewöhnliche Mischung aus spannendem Wirtschaftsthriller und einer spirituellen Reise in unterschiedliche philosophische Denkschulen, verbunden durch eine Liebesgeschichte. Thema sind international tätige, mächtige Konzernstrukturen, Philosophie, meditative Sinnsuche, Eigenverantwortung, Mystik und Magie. Handlung und Schreibstil „Im Osten begannen die ersten Sterne zu funkeln und erklärten still den Abend für angebrochen.“ (Zitat Pos. 80) Mit diesem einfachen Satz hat der Autor schon auf der zweiten Seite seines Romans meine volle Aufmerksamkeit erreicht. David Candeago nimmt uns mit auf eine gedankliche Weltreise zu besonderen Orten und bei den lebhaften, anschaulichen Beschreibungen der Natur und der damit verbundenen Stimmungen spürt man sofort, dass er selbst dort gewesen ist. Die Handlung ist in drei übergeordnete Teile und einzelne Kapitel eingeteilt und wird in zwei Parallelsträngen geschildert. Einerseits führt sie durch die Vielfalt der Philosophie bis zu ihren antiken Wurzeln, deren Fragenstellungen auch heute noch zeitlos aktuell sind. Wir finden alchemistische Elemente, Transzendenz, Meditation, Tarot, Mystik, Magie, ungewöhnlich neu verbunden und interpretiert. Das Verhältnis von Josh und Caroline entspricht in manchen Szenen den Grundgedanken der Transaktionsanalyse. Hier lässt die Handlung während des Lesens Zeit, um kurz innezuhalten, nachzudenken. Doch im zweiten Erzählstrang, einem spannenden Wirtschaftsthriller, entwickeln die Ereignisse einen packenden Sog, der die Handlung wieder vorandrängt und von der ersten bis zur letzten Seite anhält. Die Antwort auf die Frage, wie das alles zusammenhängt, hält eine Reihe von Überraschungen bereit. Fazit Dieses Buch ist eine auch in der breiten Vielfalt der Literatur ungewöhnliche Mischung, die neugierig macht und Leser*innen, die sich darauf einlassen, werden nicht enttäuscht. Man verbringt die Zeit nicht nur mit einem spannenden Thriller, sondern erhält gleichzeitig Einblick in die vielschichtige Welt der philosophischen Lehren. Dies regt zum Nach- und Weiterdenken an, lädt ein, Ideen davon für die Erweiterung des eigenen Standpunktes aufzugreifen und schon deshalb wird man dieses Buch noch öfter zur Hand nehmen wollen.
"„Auf ihre Fähigkeit, aus vertrackten Situationen das Beste zu machen, darauf hatte sie sich immer verlassen können. Auf ihrer Tour rund um die Welt hatte sie mehr als genug solcher Situationen gehabt und sich immer retten können.“ (Zitat Pos. 3258)"
Inhalt Ada Hoffmann, dreiundvierzig Jahre alt, hat vor vierundzwanzig Jahren das Elternhaus in Gragaard an der Ostsee verlassen, um Kunst zu studieren und lebt jetzt in Hamburg. Toni, ihre drei Jahre ältere Schwester, Studienrätin, lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in der kleinen Stadt Ratzeburg. Vor sechs Wochen hatte sich ihre Mutter Nora wie immer abends vor den Fernseher gesetzt, war eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Nun kommen die beiden Schwestern ein letztes Mal nach Gragaard, in das alten Haus am Meer mit dem wunderbaren Garten. Das Haus muss geräumt werden, denn es wird verkauft. Jedes Stück trägt besondere Erinnerungen in sich, die sie nochmals durchleben. Dabei beginnen sie, auch über ihr aktuelles Leben nachzudenken. Thema und Genre In diesem Frauen- und Familienroman geht es um Kindheit, Erinnerungen, Familiengeschichte und um die Liebe in allen Facetten. Plötzlich ist nicht nur die Vergangenheit ein Thema, sondern auch mögliche Veränderungen und neue Wege. Charaktere In diesem Roman begegnen wir starken Frauen, die, völlig unterschiedlich, doch immer füreinander da sind. Nora, die Mutter, die ihre Karriere als Pianistin beendet hat, als Toni auf die Welt kam, ist die Seele des Hauses in Gragaard, klug, einfühlsam und mit einer großen Liebe zu ihren Töchtern und zu ihrem Garten. Toni schreibt Listen, seit sie schreiben kann, will alles perfekt machen, was dazu führt, dass sie zwischen Job und Familie manchmal auf die Lebensfreude und auf sich selbst vergisst. Ada ist nicht nur optisch das genaue Gegenteil. Sie ist eine kreative Künstlerin, die schon als Kind gemalt hat und lange Zeit das Gefühl hatte, im Schatten ihrer selbstbewussten Schwester zu stehen. Handlung und Schreibstil Besonders Ada hängt sehr an diesem Haus, doch auch ihre gestresste Schwester Toni spürt den alten Zauber der Kindheit und Jugend, als sie sich doch Zeit nimmt, die Gegenstände durchzusehen, zu sortieren und auch Unbekanntes über ihre Mutter zu entdecken. Die Geschichte spielt, wie der Titel sagt, innerhalb von zwei Wochen, allerdings unterbrochen durch Rückblenden, die langsam die gesamte Familiengeschichte bis zu diesen Tagen im Juni ergänzen. Die Sprache erzählt einfühlsam, mit feinem Humor und schildert lebendige Bilder in einer positiven Grundstimmung, die aber niemals übertrieben wirkt. Fazit Ein poetischer, leiser Roman, der Mut macht, der die Kraft der Erinnerung und den Trost im liebevollen Abschied über die Trauer eines Verlustes stellt. Eine nachdenkliche, aber immer positive Geschichte, die uns ihre sympathischen Figuren und das alte Haus mit seiner Seele und dem wunderbaren Bauerngarten am Meer sofort nahebringt.
"„Ada betrachtete sich im Spiegel. Der Pullover war an den Ärmeln zu kurz, er passte nicht wirklich. Und irgendwie fühlte sich ihr Leben im Moment genauso an.“ (Zitat Seite 61)"
Thema und Inhalt Dieses Sachbuch beschäftigt sich mit den aktuellen Fragen zur Nachhaltigkeit in allen Konsumbereichen des täglichen Lebens. Die Autorin ist Journalistin und Dokumentarfilmerin und untersucht seit Jahren die Kernfragen im Zusammenhang mit einem möglichst umweltbewussten Leben. Die einzelnen Hauptthemen sind: Müll, Verkehrsmittel, Energie, Ernährung, Bewusster Konsum. Umsetzung Das Buch wird selbstverständlich ohne Schutzfolie geliefert und wurde klimaneutral produziert. Auf dem vorderen inneren Umschlagdeckel befindet sich ein übersichtlich gestalteter Saisonkalender Obst, auf dem rückwärtigen inneren Umschlagdeckel der entsprechende Saisonkalender Gemüse. Positiv fällt bei diesem Sachbuch auf, dass das Glossar am Anfang des Buches steht. Jedes Thema ist in einzelne Artikel unterteilt, die sich mit allen wichtigen Fragen und Diskussionen in der Praxis beschäftigen. Forschungsergebnisse werden nicht einseitig erfasst, sondern es werden unterschiedliche Sichtweisen und Studien dargestellt. Alle Zitate werden durch einen Beleglink in der Fußzeile der jeweiligen Seite ergänzt, sodass man sofort sieht, wo vertiefend nachgelesen und nachgesehen werden kann. Jede Themengruppe schließt mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Fakten ab und ermöglicht so auch ein gezieltes, rasches Nachschlagen zu einem bestimmten Thema. Dieses Sachbuch gibt einen umfassenden Überblick über Fragen, die sich im normalen Alltag immer dann stellen, wenn man zwischen mehreren Möglichkeiten abwägen muss und überlegt, wie man möglichst nachhaltig konsumiert. So fand ich für mich endlich eine fundierte Gegenüberstellung zur Frage, warum ich auf Rügen Äpfel aus Neuseeland kaufen sollte, oder besser doch nicht. Das letzte Kapitel stellt die Rolle des Einzelnen eindrücklich den großen, wichtigen Aufgaben der Politik gegenüber: „Dass wir einerseits verstanden haben, dass zur Rettung der Erde auch Verzicht gehören wird und dass wir bereit sind, diesen Beitrag zu leisten. Aber dass wir von unseren gewählten Volksvertretern im Gegenzug erwarten, dass sie die drängenden Probleme angehen. Jetzt.“ (Zitat Seite 317) Am Buchende sind nochmals die „10 goldenen Regeln für ein nachhaltiges Leben“ zusammengefasst, gefolgt von einer Aufstellung mit weiterführender Literatur. Fazit Dieses Sachbuch ist nicht nur interessant und vielseitig, sondern auch angenehm zu lesen, denn die Tipps und Anregungen werden niemals mit erhobenem Zeigefinger gegeben und Alltagssituationen, die wir alle auch schon erlebt haben, schildert die Autorin mit Humor, Verständnis und im lockeren Plauderton. In diesem Konsum-Kompass werden genau recherchierte und geprüfte Fakten, verbunden mit persönlichen Erfahrungen, auch für Laien sehr gut verständlich und nachvollziehbar präsentiert und regen zum Nachdenken und Umdenken an.
"„Wir Kunden haben mit unseren Kaufentscheidungen viel mehr Macht, als uns oft bewusst ist. Diese Macht sollten wir nutzen!“ (Zitat Seite 319)"
Inhalt Jana Seliger ist erst dreizehn Jahre alt, als ihre Ziehmutter Leonore bei einem Autounfall stirbt. Leonore war erst zweiundvierzig Jahre alt und an den angeblichen Selbstmord kann Jana nicht glauben, bis heute nicht. Inzwischen ist Jana erwachsen und selbst Mutter von Zwillingen. Sie weiß inzwischen, dass sie zwei Mütter hat, Leonore und ihre leibliche Mutter, die sie als Kleinkind bei Leonores Eltern Margo und Henri zurückgelassen hat. Im Herbst 2011 wird ihr Antrag auf Einsicht in die Unterlagen des MfS nach neun Jahren überraschend bewilligt. Obwohl Max, ihr Ehemann, ihr rät, die Vergangenheit ruhen zu lassen, will sie endlich wissen, wer ihre wahren Eltern waren und warum ihre Mutter sie damals im Stich gelassen hat, auch wenn Leonore für sie immer die echte Mutter bleiben wird. Thema und Genre Dieser zeitgeschichtliche Familien- und Generationenroman beginnt mit Leonores Jugend in der Aufbruchsstimmung der sechziger Jahre und führt den Leser durch die Zeit des geteilten Deutschland und endet im Jahr 2012. Es geht um Republikflucht und um politische Überzeugungen auf beiden Seiten der Mauer, die auch nach dem Mauerfall fortbestehen. Es geht um Opfer, Familiengeheimnisse und um die Liebe. Charaktere Die Frauen der Familie Seliger, Margo, Leonore und Jana sind starke Frauen, doch die unangepasste Leonore, rebellisch und neugierig, prägt die Geschichte der Familie besonders. Auf einem Jugendlager in der DDR trifft sie die selbstbewusste Clara, von der sie sich verstanden fühlt. Längst erwachsen, stehen die beiden Frauen einander wieder gegenüber und Leonore trifft eine Entscheidung, die ihr Leben völlig verändert. Alle Romanfiguren bleiben stimmig und ihre Beweggründe sind nachvollziehbar. Handlung und Schreibstil Die Autorin beschreibt die Zeit eindrücklich, in lebendigen Farben, und macht so das Buch zu einer auch zeitgeschichtlich interessanten, spannenden Lektüre, sei es, weil man diese Zeit selbst erlebt hat, aber sicher auch für jüngere Lesergruppen, die hier in Romanform einen vielschichtigen Einblick in das Leben einzelner Menschen in diesen prägenden Jahren erhalten. Die Handlung wird in mehreren Erzählsträngen abwechselnd erzählt. In Teil I stehen abwechselnd Jana in der Jetztzeit im Mittelpunkt und Leonore in den Jahren 1964 bis 1991, in Teil II wird Claras Geschichte erzählt und Teil III verbindet alle Schicksale. Rückblenden ergänzen die Geschehnisse und bieten auch einige Überraschungen. Ein Personenverzeichnis am Ende des Buches erleichtert den Überblick. Die Sprache schildert einfühlsam und intensiv. Fazit Ein zeitgeschichtlicher Generationenroman, ein fesselndes, lebendiges Bild der prägenden Jahre des Aufbruchs, aber auch des Spannungsfeldes zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland. Die vielschichtige, spannende Familiengeschichte mit starken, beeindruckenden Charakteren garantiert Lesevergnügen, das nachhallt.
"„Jeder Mensch hat eine Mutter. Jana Seliger hatte zwei. Eine war ihr nah, obwohl sie fern war, von der anderen wusste sie nur, dass sie von zweifelhaftem Charakter sein musste.“ (Zitat Pos. 32)"
Inhalt Auch an diesem Morgen im März schaut die Ich-Erzählerin, eine Schriftstellerin, hinter den Gardinen verborgen, aus dem Fenster ihrer Wohnung in Berlin, Friedrichstraße. Sie rechnet damit, ein Auto zu sehen, doch es ist nicht da. Um Mitternacht war es doch noch da, sie denkt nach, frühstückt und einige Minuten nach neun Uhr, sie spürt es förmlich, sind sie wieder da. Wie würde sie in zehn, zwanzig Jahren an diesen Tag zurückdenken? Thema Geschrieben 1979, überarbeitet 1989, erschienen erst 1990, führte diese Erzählung zu einem heftigen Literaturstreit. Die Autorin beschreibt an einem Beispiel den Alltag jener Menschen in der DDR, die jahrelang rund um die Uhr von der Stasi überwacht wurden, da sie zu den verdächtigen Personen zählten. Wie geht man mit diesem permanenten Druck um, dessen Kernfrage lautet: „Was wollt ihr eigentlich?“ Wie lebt man damit, Freunde auf der Straße nicht mehr anzusprechen, um sie nicht ebenfalls in Gefahr zu bringen, oder aber von alten Bekannten ohnedies geschnitten zu werden. Handlung Die Ich-Erzählerin ist Schriftstellerin, sie beobachtet, wird beobachtet und führt in dieser Situation intensive Zwiegespräche mit ihrer inneren Stimme, ihrem inneren Begleiter, das Jetzt füllt sich mit kontroversen Gedankendiskussionen. Die Erzählung schildert einen Tag in ihrem Leben, der mit dem Aufstehen beginnt und mit einer Lesung am Abend und zwei Telefonaten nach Mitternacht endet. Ergänzt wird der Ablauf durch Rückblenden in Form von Erinnerungen und Bemerkungen über die sich abwechselnden, nur in der Farbe unterschiedlichen, Bewacherfahrzeuge. Fazit Christa Wolf zeigt in dieser intensiven Erzählung die physischen und psychischen Auswirkungen einer permanenten Überwachung auf, die einem Verlust jeglicher Privatsphäre gleichkommt. Ihre gedanklichen Diskussionen mit den Facetten ihres Ich zeigen eindrücklich ihre Zerrissenheit, sowohl dem, was aus der sozialistischen Grundidee in dieser DDR geworden ist, als auch ihrer persönlichen Situation und dem eigenen Verhalten gegenüber. Kernstück ist eine Lesung am Abend des geschilderten Tages und ein Blick auf junge Menschen, die Fragen stellen und Hoffnung für die Zukunft geben. Eine verhältnismäßig kurze Erzählung, die in ihrer vielfältigen Eindrücklichkeit ein zeitlos lebendiges, klares Bild dieser Zeit zeigt.
"„Woran mochte es liegen, daß seit einiger Zeit eine jede Wahl, vor die ich mich gestellt sah, nur eine Wahl zwischen schlimm und schlimmer war? Lernte man einfach schärfer sehen mit den jungen Herren vor der Tür?“ (Zitat Seite 57)"
Inhalt Ein Toter liegt vor dem bekannten deutsch-dänischen Denkmal beim Alten Friedhof in Flensburg: Karl Bentien, 73 Jahre alt, Pensionist, früher hatte er am Gymnasium Dänisch und Geschichte unterrichtet. Die extreme Brutalität, mit der das Opfer zu Tode getreten worden war, spricht gegen einen einfachen Raubmord und als die ersten Spuren in die Vergangenheit führen, ist klar, dass es sich nicht um ein zufälliges Opfer handelt. Karl Bentien war in Oksbøl, Dänemark geboren, somit ist dies ein neuer Fall für die deutsch-dänische Sondereinheit in Padborn. Thema und Genre Dieses Buch ist der zweite Band der Serie „Boisen & Nyborg ermitteln“, ein Kriminalroman aus dem deutsch-dänischen Grenzgebiet. Es geht um Flüchtlinge und Vertriebene, besonders um das Schicksal der Kinder. Ein Thema sind die deutsch-dänischen Beziehungen vom Ende des WKII bis heute, und die Problematik der deutschen Minderheiten in Dänemark. Charaktere Die deutsche Ermittlerin Vibeke Boisen arbeitet sehr genau und gewissenhaft, ist pedantisch beim Einhalten der Vorschriften, was ihr manchmal den nötigen Weitblick nimmt. Ihr dänischer Kollege Rasmus Nyborg ist das genau Gegenteil, eigenwillig, unangepasst, verlässt er sich auf sein Gefühl, sucht nach Zusammenhängen und umgeht Vorschriften, wenn sie seine Arbeit blockieren. Gerade diese Unterschiede gestalten die Zusammenarbeit interessant, wenn auch nicht frei von Spannungen. Handlung und Schreibstil Der Ablauf der Handlung findet in einem straffen Zeitrahmen statt, was die Ermittlungen nachvollziehbar macht und die Geschichte spannend. Rasmus und Vibeke stehen abwechselnd im Mittelpunkt der einzelnen Kapitel, welche als Überschrift den jeweiligen Handlungsort anzeigen. Einige Rückblicke geben weitere Informationen. Sehr gut beschrieben sind die einzelnen Mitglieder dieses gemischten Ermittlerteams, die unterschiedliche Mentalität, Lebens- und Arbeitsweisen der Dänen und der Deutschen. Der zeitgeschichtliche Hintergrund, der im Zuge der Ereignisse deutlich wird, ist sehr gut recherchiert und ergänzt die Handlung mit interessanten, realen Details. Die flüssig zu lesende Sprache entspricht dem Genre Kriminalroman. Fazit Dieser zweite Fall des deutsch-dänischen Ermittlerteams Boisen & Nyborg kann durchaus auch gelesen werden, ohne den ersten Band zu kennen. Eine spannender Kriminalroman mit unvorhersehbaren Wendungen, einem sympathischen Ermittlerteam und einem interessanten, zeitgeschichtlichen Hintergrund.
"„Es war nur ein winzig kleiner Ausschnitt des Archivs, trotzdem hatte Rasmus das Gefühl, dass der Fall gerade größere Dimensionen annahm als erwartet.“ (Zitat Seite 162)"
Inhalt Sebastián Pérez Delgado ist Journalist und seit zehn Jahren mit der Buchhändlerin Lydia verheiratet. Mit ihrem achtjährigen Sohn Luca führen sie ein glückliches Leben in Acapulco. Bis Sebastián in einem Artikel umfassend über Javier Crespo Fuentes berichtet, einem charmanten, belesenen Mann, der gleichzeitig als Boss des mächtigen Drogenkartells Los Jardineros für unzählige, grausame Morde verantwortlich ist. Was folgt, ist ein Blutbad bei einem großen Fest von Sebastiáns Familie, nur Lydia und Luca können entkommen. Lydia weiß, dass sie so rasch wie möglich so viele Tausende Kilometer wie möglich zwischen sich und Javier bringen muss. Ihre einzige Chance ist der Norden, die US-Mexikanische Grenze. Thema und Genre Ausgehend von der Schilderung des mexikanischen Alltags im Schatten der mächtigen Drogenkartelle, ist das Hauptthema dieser Mischung aus Roman und Thriller mit realem Hintergrund die Situation der Migranten aus Zentralamerika. Beschrieben werden die Ursachen und die extrem gefährliche Reise durch Mexiko auf dem berüchtigten Güterzug La Bestia bis zur beinahe unmöglichen illegalen Überschreitung der amerikanischen Grenze. Doch gleichzeitig geht es auch um Menschlichkeit, Hoffnung, Freundschaft und Liebe. Charaktere Lydia war glücklich mit ihrem Leben und ihrer gemütlichen Buchhandlung, doch als sie sich der neuen Situation stellen muss, ist sie mutig, erfinderisch, selbstlos und bereit, das Leben ihres Sohnes um jeden Preis zu schützen. Die Flucht lässt dem kleinen Luce keine Zeit, das Erlebte irgendwie zu verarbeiten, dennoch bleibt er auch Kind, lebhaft, hilfsbereit, neugierig, andererseits fühlt er sich als tapferer Beschützer seiner Mutter. Alle Personen der Handlung sind, obwohl fiktiv, glaubwürdig und realistisch beschrieben. In einzelnen Erlebnissen zeigen sich beide Seiten, Menschen in den Dörfern und Städten auf der Route die helfen, und Menschen, die auch auf diesem Weg nicht vor Verbrechen zurückschrecken. Handlung und Schreibstil Das Buch ist ein spannender Roman und Thriller, eine authentische Schilderung der gefährlichen, oft tödlichen Reise der Migranten, die hoffen, auf den Waggondächern von Güterzügen nach el Norte zu kommen, um von dort aus auf ebenso lebensgefährlichen Schleichwegen nach Amerika zu gelangen. Die Geschichte wird in einer personalen Erzählform geschildert, aus der Sicht von Lydia oder auch aus der Sicht von Luca. Die Zeit drängt, dieser straffe Zeitrahmen der Flucht macht die Handlung intensiv, dicht und packend. Die Sprache ist auch in der Übersetzung beeindruckend zu lesen. Fazit Die Flucht von Lydia und Luca ist das Kernstück für eine weit größere Geschichte, die verzweifelte, beinahe aussichtslose Reise von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat verlassen und auf ein besseres, sicheres Leben in Amerika hoffen, ein Land, das gerade Menschen wie sie nicht haben will. Ein intensiv recherchierter, packender, eindrücklicher und einfühlsamer Roman zwischen Angst, Brutalität, Willkür und Freundschaft, Menschlichkeit, Liebe.
"„Was auch immer geschieht, niemand anders in ihrem Leben wird je die Qualen dieser Pilgerreise verstehen, die Menschen, die sie kennengelernt haben, die Angst, die immer mit ihnen reist, die Trauer und die Müdigkeit, die an ihnen nagen.“ (Pos. 3828)"
Inhalt Fritz Töllner hatte 1899 in Sellin zunächst die Villa Hedwig gebaut, doch diese war rasch zu klein geworden und so hat er sie drei Jahre später wieder verkauft und auf einem 2.000 m2 großen Grundstück 1903 die Villa Helene gebaut, ein neues Haus für die Familie, mit Fleischerei und Pensionszimmern für Sommergäste. Dieses Haus erzählt die abwechslungsreiche Geschichte der Familie Töllner. Thema und Genre Diese biografische Familiengeschichte ist gleichzeitig die Geschichte der Entwicklung des Bädertourismus und der Seebäder am Beispiel des Ortes Sellin. In diesem ersten Band stehen die Jahre 1903 bis 1953 im Mittelpunkt. Handlung und Gestaltung Es ist das Haus selbst, das sich an die wechselhafte Geschichte erinnert, beginnend mit dem Jahr 1903, gefolgt von dem kalten Winter 1904 und dem gespannten Warten auf die ersten Sommergäste und den Beginn der Saison im Frühling. Es folgt der Bau der ersten Seebrücke im Jahr 1906 und die erfolgreiche Entwicklung der Seebäder. Zwei Weltkriege und die mühevolle, entbehrungsreiche Zwischenkriegszeit hat diese Familienvilla gut und sicher überstanden, bis zu jenen Schicksalstagen der Aktion Rose im Frühjahr 1953, denen sich die Familie Töllner in letzter Minute durch die Flucht in den Westen entziehen kann. Es sind Bücher wie dieses, das die Geschichte wirklich spannend und erlebbar machen. Dieses Alltagsleben von Menschen wie du und ich, mit den glücklichen und traurigen Tagen, versetzt uns beim Lesen in diese Zeit zurück. Wir erleben den Beginn des Bädertourismus, den Aufstieg von Sellin im Schatten von Binz, aber auch damals schon ruhiger, mit mehr Persönlichkeit und Flair. Woher kann ein Haus dies alles wissen? Die Autorin löst das auf eine originelle, plausible Art. Das Haus ist ein interessierter Zuhörer und Beobachter. „Ich höre nicht nur die Stimmen von Familie Töllner innerhalb meiner etwas mehr als vier Wände, sondern der Wind trägt mir über die Dächer und Gärten der anderen Häuser außerdem den neuesten Tratsch und Klatsch und Wichtigkeiten durch Fenster und Türen.“ (Zitat Seite 28). Viele Fotografien, Dokumente, Originaltexte und ein genau recherchierter, geschichtlicher, internationaler Hintergrund ergänzen die erzählte Familiengeschichte. Fazit Ein Leseerlebnis nicht nur für Menschen, die hier leben und aufgewachsen sind, und Menschen, die ihren Urlaub an der Ostsee und vielleicht sogar auf der schönen Insel Rügen verbrinden, sondern auch für die interessierte jüngere Generation. Es sind diese Geschichten der Vorfahren, die nicht verloren gehen dürfen, sondern erzählt und angehört werden sollen. Ich musste beim Lesen dieser packend und lebhaft erzählten Lebensgeschichte einer Familie an ein Zitat des bekannten Autors Alessandro Baricco denken: „Du bist nicht wirklich aufgeschmissen, solange du noch eine gute Geschichte hast und jemanden, dem du sie erzählen kannst.“
"„Seit mehr als hundert Jahren bin ich mal Mittelpunkt dieser Geschichte, mal Zuschauer, mal ganz nah, dann abgeschnitten und weit entfernt. Ich habe während dieser Zeit Vieles erlebt, erfahren, gesehen und gelernt. Ich möchte sie jetzt gerne erzählen.“ (Zitat Seite 5)"
Inhalt Dieser Gedichtband ist vier übergeordnete Abschnitte gegliedert, und endet mit einem Epilog. Der erste Abschnitt, „stille quellen“ gibt dem Buch den Titel. Die meisten Gedichte dieser Sammlung sind zwischen Dezember 2000 und September 2003 entstanden. Themen und Sprache Es geht um Erinnerungen, die eigenen Wurzeln, Momentbilder aus der Kindheit, ins Heute versetzt, um Liebe, Einsamkeit, Alter. Es sind besondere Augenblicke, ein Naturerlebnis, ein Alltagsgegenstand, welche die Gedanken auf die Reise schicken, die dann oft ernüchtert wieder in die Situation im Jetzt zurückkehren. Die besondere Sprache dieser Gedichte malt Bilder, verknüpft Dinge, Eindrücke, Gefühle völlig unerwartet neu, interpretiert mit einem oft überraschenden Schlussgedanken. Fazit Gedichte in einer modernen lyrischen Sprache, in der nicht die bekannten Vers- und Reimformen zählen, sondern die freie Entfaltung der Worte in einer besonderen Melodie der Sprache. Nachdenklich, mit einer leisen Melancholie, führen diese Gedichte auch in die eigene Erinnerung.
"„die tropfkerzen brannten gefährlich herunter du hingst nur da u. drücktest auf repeat kein blick nach draußen, keine fremdwahrnehmung für eine weile, die sich endlos zieht“ (Zitat, Ausschnitt aus „entfernte musik ..“, Seite 81)"
Inhalt Petra Dittrich ist auf Rügen geboren, doch als sie achtzehn Jahre alt ist und die Grenzen offen sind, zieht es sie in die Großstadt Berlin. Im Jahr 2000 kommt sie auf die Insel zurück, hilft, in Gingst eine Buchhandlung aufzubauen, doch dann erhält sie ein Angebot einer Buchhandlungskette in Hamburg. 2008 dann hat sie das Gefühl, dass es Zeit ist, irgendwo wirklich anzukommen und dieses Irgendwo kann nur Rügen sein. Die Buchhandlung aus dem Jahr 2000 in Gingst gibt es nicht mehr, doch dies hält sie nicht von ihren Plänen ab, weiterhin als Buchhändlerin tätig zu sein, selbstständig, in ihrem eigenen Buchladen, wieder in Gingst. Ihre Idee: eine Buchhandlung, gemütlich wie ein Wohnzimmer, kleine Verlage, außergewöhnliche Bücher abseits des Mainstream. Ihre Umsetzung: nicht einfach, aber erfolgreich. Thema und Genre In dieser autobiografischen Geschichte geht es um eine Buchhändlerin und vor allem um ihre besondere Buchhandlung auf der ebenso besonderen Insel Rügen. Autoren Petra Dittrich erzählt uns ihre eigene Geschichte, ihren Werdegang, ihre turbulenten Großstadt-Jahre. Sie schildert ihr Konzept für ihre Buchhandlung und die Realisierung. Wir erhalten Einblicke in den Alltag einer engagierten Buchhändlerin, die ihre Energie und Einsatz zwischen dem Laden und der Organisation von Lesungen zu einem nunmehr erfolgreichen Gesamtpaket bündelt. Rainer Moritz, Germanist, promovierter Literaturwissenschaftler, leitet das Literaturhaus Hamburg, ist Autor, Literaturkritiker und Übersetzer. Als ich gelesen habe, dass er auch eines meiner Lieblingsbücher übersetzt hat, „84, Charing Cross Road“ von Helene Hanff, wusste ich, dass sich hier, in „Meine Inselbuchhandlung“ ein Autorenpaar getroffen hat, dessen Herzen für Bücher schlagen, kraftvoll, engagiert, aber mit wunderbar leisen Tönen. Umsetzung Petra Dittrich beginnt mit der Situation im Jahr 2019, schildert die für sie so wichtigen Lebensjahre ab 2008 chronologisch, ergänzt durch Erinnerungen. Vor allem jedoch ist dieses Buch eine bunte, lebhafte Mischung, in der zum Beispiel auch die geliebten Bücher ihrer Kindheit nicht fehlen, ihre Lieblingsbücher, die Autor*innen und Lesungen, ihr Garten, ihre Katzen, Lieblingsplätze auf Rügen und besondere Tipps mit ihren Lieblingslokalen. Zeit nimmt sie sich auch für die Beschreibung von Gingst, vom Marktplatz und seinen Läden, und malt mit Worten die Stimmung auf dem wöchentlichen Grünen Markt im Museumshof. Ehrlich und ohne falsche Romantik erzählt sie mit Herz, Verstand, Freude, Überzeugung und Humor und lässt auch Schwierigkeiten nicht aus. Fazit Die Geschichte der Inselbuchhandlung in Gingst auf Rügen, erzählt von der Buchhändlerin selbst. Ein besonderes Lesevergnügen, in dem mit jedem Wort die Liebe zum Beruf, zu Büchern, zu den Menschen und zum Leben überhaupt mitklingt.
"„Nein, mit der liebevoll verklärten Bullerbü-Heimeligkeit aus Astrid Lindgrens Büchern hat mein Alltag nicht viel zu tun. Es ist eine schöne, aber keine heile Welt in meinem Gingst. Und in ihr steckt sehr viel Arbeit.“ (Zitat Seite 128)"
Inhalt Bis vor fünf Jahren hat Sandra, nun Mitte dreißig, zusammen mit ihren Eltern auf Jahrmärkten einen Autoscooter betrieben, seither lebt sie auf der Insel. Die Schönheiten der Natur und der Gezeiten begeistern sie täglich aufs Neue. Doch plötzlich kommt Unruhe in ihr bisher beschauliches Leben, einerseits durch den neuen Schulleiter Björn, der ihr mehr als sympathisch ist, andererseits durch die Tatsache, dass sie spontan dem Leserkreis von Gretas kleiner Inselbuchhandlung beigetreten ist. Sandra besitzt viele Bücher, aber es sind Hörbücher, denn sie kann weder lesen noch schreiben. Nur Greta kennt ihr Geheimnis und macht ihr ein Angebot. Wird Sandra es annehmen? Thema und Genre Auch im zweiten Roman dieser Serie um eine kleine Inselbuchhandlung geht es wieder um Bücher und das Leben auf einer kleinen Insel, um Freundschaft und um die Liebe. Doch das wichtigste Thema sind diesmal die Probleme und der Alltag heimlicher Analphabeten. Charaktere Sandra liebt ihr Leben auf der Insel, doch als Analphabetin ausgerechnet einem Leserkreis beizutreten und sich auch noch in einen Deutschlehrer zu verlieben, bringt sie in eine persönliche Krise. Das Verbergen ihrer Schwäche kostet viel Energie, dazu kommen ihre Schwindeleien. Trotz ihres Alters fehlen ihr der Mut und das Selbstbewusstsein, sich den Tatsachen zu stellen. Die Haltung dieser Protagonistin schildert die Problematik sehr realistisch. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in einem überschaubaren Zeitraum von einigen Wochen. Die straffe Handlung wird durch Schilderungen der Vielfalt der Natur, des lebhaften Insellebens und des Lesekreises ergänzt. Der Schreibstil ist leicht und angenehm zu lesen und entspricht dieser Wohlfühlliteratur. Die bisher drei Bände dieser Serie um eine kleine Inselbuchhandlung können unabhängig voneinander gelesen werden und auch die Reihenfolge spielt keine große Rolle. Fazit Ein Unterhaltungsroman mit Inselfeeling. Perfekt, um den Alltag auszublenden und wenigstens in Gedanken ans Meer zu reisen.
"„Von Anfang an war der Büchertempel ein magischer Ort für Sandra gewesen. Irgendeine besondere Energie ging von den Bänden in den schattigen Räumen aus, und das hatte bis heute nicht nachgelassen.“ (Zitat Seite 26)"
Inhalt Pauline ist siebzehn Jahre alt und lebt in dem kleinen Ort Treuchtlingen, als sie den dreißig Jahre älteren Max Lassenius, Weltreisenden, Fotograf, Kameramann, Sammler, kennenlernt. Dieser finanziert und ermöglicht ihr 1899 einen Aufenthalt in New York, über zwei Jahre lang arbeitet sie dort in den Botanic Garden in der Bronx. Anschließend heiraten sie. 1966 besucht Elsa, die in Frankfurt Biologie studiert, die nun vierundachtzig Jahre alte Pauline, bei der sie als Kind Ferien verbracht hatte. Elsa hat gerade eine Beziehung beendet und wird von Paulines Erinnerungen an die vielen intensiven Augenblicke eines abenteuerlichen, von Reisen in ferne Länder geprägten Lebens mit Max in eine völlig andere, vergangene Zeit entführt. Thema und Genre Dieser Roman erzählt eine spannende Lebensgeschichte, es geht um Erinnerungen, Erfahrungen, um Weltoffenheit, um Kultur und Natur, aber auch um Beziehung und Liebe. Charaktere Der Aufenthalt in New York bringt Pauline Selbstständigkeit und ein umfassendes Wissen und Bildung, was sie zur perfekten Gefährtin des gewandten Weltreisenden Max macht. Als Pauline später als Witwe wieder im Dorf ihrer Kindheit lebt, spürt sie keine Enge mehr, sie hat sich verändert, weil ihr Leben mit Erfahrungen und Erinnerungen gefüllt ist. Max kann sich durch die Heirat mit Pauline endlich aus der Umklammerung seiner Mutter lösen. Elsa besitzt die natürliche Neugierde einer Forschern, sie stellt Fragen, kann aber auch zuhören. Handlung und Schreibstil Pauline erzählt ihr Leben nicht chronologisch, sondern in bruchstückhaften, Puzzleteilen gleichenden Erinnerungen, die plötzlich durch eine Bemerkung, eine Situation wieder lebendig werden. Die gemeinsame Zeit mit Max ergibt sich durch Antworten auf Elsas Fragen. Der Roman beginnt mit einem Brief Elsas an den Autor, in dem sie erklärt, woher sie Pauline kennt, wie sie zu deren umfangreichen Aufzeichnungen kam und der die Geschichten zu einem Ganzen schließt. Die Sprache ist in den Dialogen lebhaft, einfühlsam und passt zu den beiden Frauen. Die erzählenden Beschreibungen sind jedoch intensiv ausgeschmückt, kein Objekt darf in knappen Worten einfach sein, sondern wird dicht mit Adjektiven und Metaphern versehen. Dadurch verliert die Sprache hier die poetische Leichtigkeit der Dialoge. „Das Papiergeraschel der Blätter. Grüne Schattenfächer zerteilten den Widerschein schwach durchwindeter Wolken auf dem Wasser. In nervösen Wellen floss das Licht der Pappeln hinauf und ließ die Luft erzittern.“ (Zitat Pos. 1782) Schilderungen wie diese erzeugen in mir kein Bild der Szene, weil die Gedanken an den Sätzen festhängen. Fazit Dieser Roman erzählt das erfüllte, abenteuerliche Leben einer klugen, selbstbewussten Frau, das Erkunden ferner Länder und Kulturen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. „Als habe diese Geschichte nur darauf gewartet, einmal, ein einziges Mal erzählt zu werden“ (Zitat Pos. 2605) Durch das Erzählen und Teilen der eigenen Erinnerungen mit der nächsten Generation wird die Vergangenheit noch einmal zur Gegenwart.
"„Wahrsagende Begebenheiten – auf die kommt es an. Die kommen ganz überraschend und strahlen in alle Richtungen aus, auch in unsere Vergangenheit. Unsere Erinnerungen spulen sich um das, was gewesen ist, wie Eisenspäne um einen Magneten.“ (Pos. 1654)"
Inhalt Dieser Gedichtband ist sechs übergeordnete Abschnitte gegliedert. Die sechzig Gedichte dieser Sammlung sind in den Jahren zwischen 2016 und 2019 entstanden. Themen und Sprache Es geht um das Leben, Natur, Erinnerungen, Beziehung, Liebe, Sehnsucht, Verlust. Worte, die Bilder von Momentaufnahmen malen, Augenblicke während eines Spazierganges in der Natur, Sonne, Licht, Wind und die Erinnerungen daran, wie man diese Situation früher erlebt hat, damals zu zweit, heute allein. Thema im Abschnitt IV sind Kindheitserinnerungen, die Freiheit in der Natur, die so anders war als in der Welt der Erwachsenen. Manches wiederholt sich, wenn der damalige Sohn inzwischen selbst Vater ist. Es sind Themen, die uns zum Nachdenken bringen, Alltagssituationen, die wir selbst ähnlich erleben. Wer kennt nicht den Spaziergang, oder die Reise, die man zuvor mit lieben Menschen unternommen hat und nun alleine geht, und die leise Wehmut der Erinnerung in den Gedanken. Die Besonderheit der Sprache, das scheinbar rasch hingeworfene Spiel der Sätze, begleitet diese Gedichte, bei aller Nachdenklichkeit, manchmal Trauer, mit einer fühlbaren Leichtigkeit. Jede Zeile birgt eine Überraschung durch ungewohnte Umbrüche, man fragt sich in einem Sekundenbruchteil „was kommt, was geschieht jetzt, was macht er da“? Ein Beispiel der Beginn des Gedichtes „der geist von locarno“ „der eine stuhl an ihrem tisch war frei ich passierte die seepromenade warf einen blick u. ging vorbei“ (Zitat Seite 77) Der schräge Humor in „echo“ brachte mich dazu, laut aufzulachen, denn das Gedicht beginnt so „abends bei cosenza liegen zwei zerbeulte turnschuhe, wo es über die treppe runter zum busento geht. ..“ (Zitat Seite 82) Wer denkt da nicht sofort an August von Platen, den edlen Alarich und die Goten. Im Kopf die Ballade, dazu das Bild von den Turnschuhen und die vom Autor erfasste aktuelle Stimmung, diese Mischung ist ein Leseerlebnis, das man so nur schwer beschreiben kann. Fazit Wer Gedichte noch immer mit Vers- und Reimformen, mit Hebungen und Senkungen verbindet, wird hier eine völlig andere Form der Lyrik entdecken, wer interessante, neue Möglichkeiten des Ausdrucks sucht, wer Sprache liebt, die gleichzeitig auch Bilder malt, Impressionen, verstärkt durch Gedanken und Gefühle, der sollte sich für diesen Autor Zeit nehmen.
"„immer geht du bei den kreidefelsen, verschränkst die arme hinter deinem rücken, hast deinen leichten linken fuß erhoben u. an der Sohle ist der gleiche weiße staub.“"
Inhalt „Ich“ befindet sich in einem Schloss, orientierungslos, ohne jede Erinnerung, kennt nicht einmal den eigenen Namen. „Ich“ ist ein Untertan in einer strengen Hierarchie aus einem König, Rittern und Wachen, und leitet die Lichterwerkstatt, wo an einer Lichtmauer gebaut wird, die das Schloss vor den Fabelwesen und Ungeheuern schützen soll, die in einem Wald hausen, der das Schloss umgibt. Es handelt sich um eine Insel in einem See und es soll einen geheimen Fluchtweg geben, der unter dem See auf das Festland führt. Denn „Ich“ will nur eines: fliehen, obwohl Fluchtversuche streng bestraft werden. Als „Ich" einen Zauberstab findet, ist dies der erste von vielen mutigen Schritten in die Freiheit – doch in welche Freiheit? Thema und Genre Der Autor selbst nennt seine Geschichte ein technoides Märchen und führt uns in phantastische virtuelle Welten voller Magie und Fabelwesen. Das Kernthema sind philosophische Fragen, bis zurück zu Platons Ideenlehre und Höhlengleichnis, die Frage, wie weit vergängliche, veränderbare Sinneswahrnehmungen unsere Vorstellung von der tatsächlichen Realität, der wahren Wirklichkeit, beeinflussen. Es geht auch um die modernen Realitätsbegriffe, die mehr Fragen aufwerfen, als beantworten. Charaktere „Ich“ als Figur bleibt über lange Zeit schwer zu definieren, jeder Leser füllt die optische Präsenz dieses Wesens nach der eigenen Logik, die sich später als zutreffend erweist, oder auch nicht. Wir wissen jedoch, dass die Figur sehr mutig ist, kreativ, niemals ihre Fluchtversuche aufgibt und Entscheidungen trifft, die überraschen. Handlung und Schreibstil Dieser Roman ist in Worte gefasste phantastische Malerei, er versetzt den Leser sprachgewaltig in das Panorama der Bilder des Autors wie „Die Raummaschine 6“, „Die Raummaschine 7“ und „Die Zwischengänge zu Räumen unterschiedlicher Zeiten“. Die Handlung ist in drei übergeordnete Teile gegliedert, diese wiederum in fortlaufende Kapitel. Zwei Handlungsorte werden durch unterschiedliche Sichtweisen nochmals aufgefächert. Die Wahrnehmungsebene der Figur pendelt wiederholt zwischen der verzauberten, magischen Welt und einer möglichen, erklärbaren Realität, und wieder zurück zur Magie. Die Ereignisse werden zeitlich fortlaufend geschildert, doch im dritten Teil schwenkt die Ich-Form zur personalen Erzählform, fasst beide Handlungsorte nochmals zusammen und diese veränderte Sichtweise verbindet die vorhergegangenen Ereignisse zu einem neuen, überraschenden Gesamtbild. Fazit Eine magische, geheimnisvolle, aber auch beklemmende Geschichte. Man erlebt mit einer Ich-Figur spannende Abenteuer, gefährliche Fluchten, trifft Zauberwesen und entwickelt selbst Zauberkräfte, wird durch virtuelle Ebenen von Computerspielen gewirbelt mit zum Glück mehreren Leben, um dann festzustellen, dass alles doch völlig anders ist. Ein phantastisches, packendes Leseerlebnis, dessen Themen zum Weiterdenken anregen.
"„Während ich zu lesen versuchte und in Gedanken doch ganz woanders war, wälzte ich unzählige Fragen in meinem Kopf: Wo bin ich? Wie kam ich hierher? Warum bin ich hier? Vor allem aber ließ mir eine Frage keine Ruhe: Wer bin ich?“ (Zitat Seite 9)"
Inhalt Am 31. März 1965 wird Johann Kaiser als Sohn von Soledad und Alfred Kaiser im Krankenhaus in Vaduz, Liechtenstein, geboren. Schon in jungen Jahren zeigt sich, dass er fremdes Eigentum als etwas ansieht, dass er sich bei Bedarf oder auch im Notfall jederzeit ausborgen kann, auch wenn er den Vorsatz, es dann zurückzugeben, meistens nicht einhalten kann. So erging es ihm auch mit den Kundendaten des Treuhandsektors der bekannten liechtensteinischen Bank des Fürstenhauses, die er für den Eigengebrauch kopiert hat und beinahe auch zurückgegeben. Doch aus diesmal blieb es beim „beinahe“ und so schreibt er, nun vierundfünfzig Jahre alt, mit neuer Identität irgendwo auf der Welt im Zeugenschutzprogramm lebend, seine Geschichte, seine Erlebnisse und seine Sicht der Dinge auf. „Ein Satz ist je schöner, desto mehr Wahrheit er enthält.“ (Originalzitat Seite 13) Thema und Genre In diesem Roman wird die Lebensgeschichte von H. K., im Buch Johann Kaiser, geschildert, der mit dem Verkauf der zuvor im Treuhandbereich der bekanntesten Bank Liechtensteins kopierten Kundendaten an den deutschen BND und weitere Länder einen internationalen Steuerskandal mit entsprechenden Ermittlungsverfahren ausgelöst hat. Es geht um den Finanzplatz Liechtenstein, internationale Finanzmärkte und den Wunsch eines Einzelnen, Teil davon zu sein. Charaktere Johann Kaiser, der an seiner Biografie schreibt und uns so die Geschichte seines bisherigen Lebens aus seiner Sicht, anhand seiner Aufzeichnungen und Erinnerungen schildert, sieht sich selbst nicht als kriminellen Betrüger, denn seine abenteuerlichen Aktionen waren nur teilweise geplant, oft sind seine Handlungen erst aus ausweglos scheinenden Situationen entstanden. „Im Nachhinein wünschte ich, ich hätte anders gehandelt, aber weil es jedes Nachhinein erst im Nachhinein gibt, ist jedes Nachhinein sinnlos. (Zitat Seite 259) Handlung und Schreibstil Der Ich-Erzähler schildert die Ereignisse chronologisch in vierzehn und einem letzten Buch, wobei jedes Buch einen durch Jahreszahlen definierten Zeitabschnitt umfasst und in Kapitel eingeteilt ist. In der Zeit zwischen dem 6. Januar 2003 und dem 2. Juni 2003 stellt der Autor Johann Kaisers Schilderung der Ereignisse auktorial Seite für Seite den Tagesablauf des Dr. Jan Mayer gegenüber, ein Kriminalpsychologe, der das Fürstentum als Experte berät. Dies ist nur einer der vielen Sprachspielereien und Literaturformen, die der Autor in diesem Roman mit offensichtlicher Freude und Neugier an der Sprache vor den Lesern ausbreitet. Da gibt es leere Seiten, dort, wo Johann Kaiser Erinnerungslücken hat, Abschnitte, die kaum eine halbe Seite füllen, während der Rest der Seite jeweils mit einer Reihe von Fußnoten gefüllt ist, wo Johann Kaiser selbst seine Erinnerungen mit Erklärungen, Ereignissen und Gedanken ergänzt, oder mit ebenfalls fiktiven Quellenangaben. Zwischendurch lässt der Autor seinen Protagonisten Haikus schreiben, erklärt die Geschichte Liechtensteins seit der Entstehung und plötzlich befinden wir uns mit Captain James Cook im Jahr 1768. Fazit Wer neue Interna über diesen Steuerskandal erwartet, wird enttäuscht sein, denn der Autor verwendet nur Fakten, die aus Sachbüchern und Artikeln eines namhaften deutschen Nachrichtenmagazins längst bekannt sind. Wer jedoch einen spannenden, sprachlich mit großem Vergnügen zu lesenden Roman sucht, dessen Autor den Leser immer wieder überrascht und der die Balance zwischen Sozial- und Gesellschaftskritik und dem humorvollen Augenzwinkern eines begeisterten Fabulierers zwischen Fiktion und Realität gefunden hat, wird begeistert sein.
"„Um verstehen zu können, wieso ich gehandelt habe, wie ich gehandelt habe, muss ich nicht nur ein umfassendes Bild meiner Person und meiner Lebensgeschichte, sondern gleichzeitig der Rahmenbedingungen zeichnen, in denen ich mich hin und her geworfen fand wie eine Kugel in einem Flipperautomaten.“ (Zitat Seite 13)"
1992 führt Henriette (Henni) Faber seit über fünfunddreißig Jahren ein erfolgreiches Modeatelier in München. Ihre Tochter Caroline hilft ihr beim bevorstehenden Umzug in ein günstigeres Geschäftslokal. Dabei entdeckt sie eine alte Fotografie und das Schreiben eines Anwaltsbüros aus Greifswald, in dem es um die mögliche Rückübertragung einer Villa auf der Insel Usedom geht. Doch ihre Mutter will damit nichts zu tun haben, will nicht einmal darüber reden. Caroline aber will die Wahrheit wissen und besucht zuerst ihre Großmutter Grete in Berlin, anschließend fährt sie auf die Insel Usedom. Zu viele offene Fragen warten auf Antworten. Thema und Genre Dieser Familien- und Generationenroman spielt in den Nachkriegsjahren und nach der Wende. Es geht um die DDR, um die Aktion Rose, um Schweigen, um zu vergessen. Ein Thema sind auch die Liebe, Hoffnung und Mut zum Neubeginn. Charaktere Grete, Henni und Caroline, drei unterschiedliche Generationen einer Familie, aber jede ist auf ihre Art eine starke, mutige Frau. Sie alle sind durch Geheimnisse und Verschweigen wichtiger Familienereignisse geprägt. Generell sind die Charaktere dieses Romans klar in „gut“ und „böse“ eingeteilt, es fehlen die menschlichen Graubereiche, die den Figuren mehr Tiefe gegeben hätten. Handlung und Schreibstil Die Familiengeschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt, ein Teil der Ereignisse spielt in den Jahren 1952 und 1953, der aktuelle Teil spielt im Jahr 1992. Die einzelnen Hauptprotagonistinnen Grete, ihre beiden Töchter Henni (Henriette) und Lisbeth, und Henriettes Tochter Caroline stehen abwechselnd im Mittelpunkt eines Kapitels, die Zuordnung erfolgt durch die Jahresangabe und den Namen. Die Handlung ist nachvollziehbar, gut geschildert und ergänzende Beschreibungen des Lebens in Ahlbeck auf der Insel Usedom und der Natur bieten einerseits zeitgeschichtliche Informationen, lassen andererseits Inselfeeling aufkommen. Die Sprache entspricht dem Genre Unterhaltungsroman. Fazit Ein Familien- und Generationenroman mit zeitgeschichtlichem Hintergrund, der auf der Insel Usedom spielt. Eine spannende, interessante Handlung, leicht und unterhaltsam zu lesen, passend für den Strandkorb, Liegestuhl oder das Sofa.
"„Tatsächlich glich ihre Familiengeschichte einem Puzzle, bei dem sie nur die Randstücke zusammensetzen konnte.“ (Zitat Pos. 186)"
Inhalt Der unangepasste, brillante Ermittler Hauptmann Dr. phil. Michael Lenhart und Leutnant Sabine Preiss, gutaussehend, bestens ausgebildet, clever, von Vorgesetzten als „echte Nervensäge“ bezeichnet, bilden ab sofort die neue, von der EU geforderte Sonderabteilung für ungeklärte und ungewöhnliche Gewaltverbrechen. Was als Strafversetzung gedacht war, wird innerhalb weniger Stunden zu einer undercover ermittelnden, von Spezialisten unterstützten, Sondereinheit, als die Mordkommission um Unterstützung ansucht. Bei einer Beerdigung auf dem Wiener Zentralfriedhof ist ein Sarg zu Boden gefallen, in dem sich nicht nur eine tote alte Dame liegt, sondern auch ein ebenfalls toter junger Mann, dem die Leber fachmännisch entfernt worden war. Thema und Genre In diesem spannenden Kriminalroman mit Regionalbezug und Wiener Charme geht es um aktuelle Themen wie die technischen Möglichkeiten der globalen Überwachung, um internationalen Organhandel als höchst lukrative Einnahmequelle. Es geht um die Frage, wie weit vermögende Menschen zu gehen bereit sind, um ihr eigenes Leben oder das eines lieben Menschen zu retten. Auch die Politik, Medien und Korruption spielen eine Rolle. Charaktere Dr. phil. Michael Lenhart, zuerst Polizist eher durch Zufall, dann aus Überzeugung, ist ein erfahrener, hervorragender Analytiker mit Wiener Charme, der seine Vorgehensweise manchmal gedanklich mit Aristoteles und Sunzi abstimmt. Zwischen ihm und der toughen, attraktiven Sabine Preiss, der aufmerksamen Ermittlerin mit militärischer Ausbildung, stimmt die Chemie und sie bilden ein starkes Team, das sich nicht aufhalten lässt. Diese beiden Hauptprotagonisten, wie auch alle anderen Charaktere, sind detailliert, mit einer guten Prise Humor und in ihren unterschiedlichen Facetten absolut glaubhaft geschildert. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in einem straffen Zeitrahmen, was die Spannung erhöht und dem Geschehen Realität verleiht. Die einzelnen Kapitel tragen als Überschrift Tag, Uhrzeit und Ort der Handlung. Die erklärenden Beschreibungen zeigen, wie genau und umfassend recherchiert wurde. Auch wenn die Handlung fiktiv ist, liegen die Fakten und Ereignisse durchaus im Bereich des Möglichen, was diesen Kriminalroman zu einer fesselnden Lektüre macht, aber auch nachdenklich stimmt. Die Sprache passt zum Genre, Humor und charmante Leichtigkeit verbinden sich mit spannender Action, interessanten strategischen Plänen, sachlichen Beschreibungen und etwas Philosophie zu einem unterhaltsam zu lesenden Ganzen. Ein Glück, dass ich ein neues Buch niemals nach dem Cover, sondern stets nach Klappentext und Leseprobe auswähle, denn sonst wäre mir dieses spannende Lesevergnügen entgangen. Das Coverbild sollte wohl kreativ-witzig werden, meiner Meinung nach ist es grenzwertig-geschmacklos. Fazit Ein spannender Kriminalroman mit brisanten aktuellen Themen, Wiener Charme und einem unangepassten, aber erfreulich normalen Ermittlerteam. Ein unterhaltsames Lesevergnügen, das auf eine Fortsetzung hoffen lässt.
"„Um Himmels Willen, wie viele Züge planst du voraus? Ganz abgesehen davon: deine Rechnung hätte sich auch als falsch erweisen können.“ (Zitat Seite 22)"
Inhalt Nancy Wake, geboren am 30. August 1912 in Wellington, Neuseeland, wächst in Australien auf, geht als Journalistin nach Europa, wo sie 1938 in Wien die Verfolgung der Juden miterlebt, was sie für immer prägt. Sie lebt in Marseille, als die Deutschen Nordfrankreich besetzen und wird sofort aus tiefer Überzeugung als Fluchthelferin der Résistance tätig. Als Ehefrau des vermögenden Unternehmers Henri Fiocca hat sie die notwendigen Mittel und Tarnung für ihre gefährlichen Einsätze. 1943 flieht sie nach London, wird dort als Agentin ausgebildet und kehrt heimlich nach Frankreich zurück, um Einsätze der Maquis-Gruppen zu leiten. Fieberhaft suchen die Nazis nach der „Weißen Maus“ und bieten fünf Millionen Francs für ihre Ergreifung. Sie jedoch kämpft unbeirrbar weiter, in der Hoffnung, ihren Ehemann, den die Nazis 1943 verhaftet hatten und der seither verschwunden ist, nach dem Rückzug der Nazis zu finden und befreien zu können. Thema und Genre Dieser packende Roman mit biografischem Hintergrund handelt von einer der mutigsten Frauen der britischen Spezialeinheit SOE im zweiten Weltkrieg. Es geht um das von den Deutschen besetzte Frankreich und die Résistance, um die Agenten im Untergrund, welche die Landung der Alliierten in der Normandie durch ihre Einsätze erst möglich gemacht haben. Charakter Nancy Wake ist eine attraktive Frau, ihr Ehemann Henri Fiocca ist ihre große Liebe. Das Risiko, das sie beide mit ihren Einsätzen im besetzten Frankreich eingehen, ist ihr bekannt, aber ihre persönliche Überzeugung und ihr Charakter machen es ihr unmöglich, einfach schweigend wegzusehen. Auch nach ihrer harten Ausbildung als kompromisslose Kämpferin bleibt sie in den wenigen ruhigen Minuten zwischen den Einsätzen eine Frau mit Freude an Kleidern und Kosmetik, für sie kurze Momente eines anderen Lebens. Als Strategin ist sie einfallsreich und in der Ausführung mutig und unerschrocken. Ihr erbittertster Gegner ist Markus Friedrich Böhm, Major der Gestapo Marseille. Handlung und Schreibstil Der Roman berichtet die Ereignisse chronologisch, er beginnt 1943 mit Nancys Einsätzen in Südfrankreich und endet 1944 nach der Landung der Alliierten in der Normandie und der Befreiung von Paris. Historische Anmerkungen am Buchende erklären den Lesern, welche Teile des Romans Fakten sind und wo fiktive Veränderungen vorgenommen wurden. Der Schreibstil, in diesem Fall auch die Übersetzung, ist eine perfekte Mischung aus interessanten Fakten, lebhaften Beschreibungen und fesselnden Schilderungen von gefährlichen Einsätzen. Fazit Ein spannender biografischer Roman über die mutige Agentin und Widerstandskämpferin Nancy Wake im von den Deutschen besetzten Frankreich des WK II, ein interessanter, packender Pageturner.
"„Sie setzte sich in Bewegung, dann rannte sie, wurde immer schneller, rannte, bis sie die Verfolger hinter sich gelassen hatte und nur noch ihr keuchender Atem und sonst nichts zu hören war.“ (Zitat Pos. 586)"
Inhalt Schon während der Ausbildung haben sie sich gefunden und das Van-Ness-Quartett gegründet. Jana, Erste Violine, die meistens, und nicht nur in der Musik, den Ton und das Tempo vorgibt, Brit, die Zweite Violine, leise, im Leben manchmal pianissimo, doch wenn es im Ensemble darauf ankommt, ist sie präsent. Henry, Bratsche, das hochbegabte, jüngste Mitglied, denkt manchmal über eine Solokarriere nach und Daniel, Cello, der älteste der Gruppe, ist beinahe zwanghaft perfekt, ein großartiger Musiker, aber als Mensch anstrengend. Nach dem Abschlusskonzert am Konservatorium nehmen sie am Esterhazy-Quartett-Wettbewerb in Kanada teil, ein guter Platz wäre ein perfekter Start in eine erfolgreiche Zukunft. Doch persönliche Konflikte könnten sie auch musikalisch aus dem Takt zu bringen. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Musik, um Erfolg als Künstler und die Frage, ob ein intensives Leben als Musiker noch Platz lässt für Beziehungen. Ein wichtiges Thema sind die völlig unterschiedlichen Charaktere der einzelnen Mitglieder des Quartetts, sich daraus ergebende heftigen Diskussionen um musikalische Auslegungen und gleichzeitig die Liebe zur Musik als starkes Band, das sie zusammenhält und auch ihr Privatleben bestimmt. Charaktere Jana, Brit, Henry und Daniel sind sehr unterschiedlich in ihrem Herangehen an die Musik. Dennoch sind sie dann erfolgreich, wenn sie sich von der gemeinsamen Liebe zur Musik leiten lassen und so auch zu einem musikalischen Gleichklang finden. Die einzelnen Charaktere sind einfühlsam mit Liebe zum Detail geschildert und immer glaubhaft und stimmig. Die hohen persönlichen Anforderungen des Lebens als Musiker werden sehr realistisch, klar und keinesfalls idealisiert dargestellt, hier verstärkt durch die Zugehörigkeit zu einem Ensemble. Handlung und Schreibstil Der Roman folgt dem Ensemble chronologisch über mehr als fünfzehn Jahre lang, ist in vier Teile eingeteilt, wobei es in jedem Teil auch um bestimmte Musikstücke geht. Die personale Erzählform stellt in den einzelnen Kapiteln jeweils ein Mitglied des Ensembles in den Mittelpunkt, in Teil 1 und Teil 3 ist es abwechselnd Jana oder Brit, in Teil 2 und Teil 4 Henry oder Daniel. Dadurch ergeben sich für den Leser unterschiedliche Sichtweisen auf bestimmte Ereignisse, wodurch die Handlung intensiv erlebt wird. Musik und Leben im Alltag von Partnerschaften und Familie werden so zu einem facettenreichen Gesamtbild, auch in der Sprache untermalt von Musik. Fazit Ein leiser, manchmal nachdenklicher Roman, Musik, die konstant durch alle Entscheidungen der Mitglieder eines Ensembles von Streichinstrumenten schwingt, um dann in einer Konfliktsituation zum Fortissimo aufzubrausen. Die Frage, ob ein intensives Musikerleben, der Wunsch nach Anerkennung und Erfolg, für ein erfülltes Leben ausreichen, ob ein Ensemble die Familie ersetzt, oder ob ein privates Parallelleben möglich ist, gibt in diesem Roman gleich einem Notenschlüssel den Ton an. Diese ungewöhnliche Idee, gekonnt umgesetzt, garantiert Lesevergnügen, nicht nur für Musikfreunde.
"„Obwohl sie tief im Alltag der anderen verwurzelt waren (das Quartett war eine Art Lebenspartnerschaft) und manchmal nicht umhinkamen, sich einzumischen, drehten sich ihre Gespräche eher um Einsätze, Crescendos und Karrieren als um Liebesdinge.“ (Zitat Pos. 1057)"
Inhalt Im Jahr 1923 feiert Göteborg das Dreihundert-Jahre-Jubiläum. Die junge Ellen Grönblad erhält eine der begehrten Stellen als Voluntärin für die Ausstellungszeitung 'Krone und Löwe' und wird täglich berichten. Nils Gunnarsson ist Kriminalpolizist und einem Wirtschaftsbetrüger auf der Spur. Albert Einstein wird in Göteborg seine Nobelpreisrede halten, doch er war schon in Berlin bedroht worden. Seine Relativitätstheorie und der damit verbundene internationale Erfolg, dazu dieTatsache, dass er Jude ist, machen ihn zum Feindbild der gefährlichen nationalen Kreise in Deutschland. Dann verschwindet plötzlich sein Kalender mit allen Terminen von seinem Schreibtisch. Den Vortrag muss er halten, doch er ändert seine Reisepläne, ein Ereignis, an das sich Otto auch im Jahr 2002 noch erinnern wird, der damals als Junge mit seiner Eselin Bella auf der Ausstellung für die Unterhaltung der Kinder sorgte. Thema und Genre In diesem Roman geht es um die Jubiläumsausstellung 1923 in Göteborg, eine Episode in Einsteins Leben. Thema sind die gesellschaftlichen Umbrüche und die Anfänge eines neuen, modernen Frauenbildes. Das Buch ist ein zeitgeschichtliches Stimmungsbild der Gesellschaft Göteborgs in den Zwanziger Jahren. Charaktere Vier Hauptcharaktere stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Ellen, die angehende Journalistin, deren Ziel es ist, eine "Neue Frau" zu werden, die es tatsächlich aber bereits ist. Nils, der sympathische Kriminalpolizist, der beharrlich alle Spuren verfolgt und auch zuhört. Otto, der aufgeweckte Eseljunge, dessen späteres Leben durch die Eindrücke dieser Ausstellungsmonate nachdrücklich geprägt wird und Albert, nun, Einstein ist Einstein, eigenwillig, aber immer menschlich, einfühlsam. Handlung und Schreibstil Die Ereignisse werden aus Sicht der einzelnen Protagonisten fortlaufend geschildert. Otto erinnert sich 2002 in der Ich-Form an die damalige Zeit zurück, während in der personalen Erzählform der weiteren Kapitel jeweils Ellen, Nils oder Albert im Mittelpunkt stehen. Die Kapitel wechseln einander ab und fügen sich, zusammwn mit ergänzenden Rückblenden, zu einem lebendigen Gesamtbild. Der erzählende Schreibstil überzeugt auch sprachlich. Die Autorin vereint Beschreibungen, Gefühl und Humor zu einer unterhaltsamen, packenden Mischung. Fazit Auch wenn die Figuren und die Handlung, abgesehen von Albert Einstein und seine Gegnern, fiktiv sind, ist der interessante Rahmen der Geschichte real und genau recherchiert. So entsteht ein lebhaft-buntes Stimmungsbild Göteborgs während dieser internationalen Ausstellung 1923.
""Die neue Frau hatte einen Beruf und war finanziell von niemandem abhängig. Sie hatte aber nicht irgendeinen Beruf; es musste etwas Freies und Kühnes sein, wie Künstlerin, Schauspielerin oder Journalistin." (Zitat Seite 20)"
Inhalt Spielende Kinder finden auf einem Kutter den Kopf eines toten Mannes. Zwei Tag später wird auch der Körper gefunden. Für Kriminalhauptkommissar Luka Kroczek und sein Team der Kripo Bergen beginnen intensive Ermittlungen, die Staatsanwaltschaft will rasche Erfolge sehen. Als sich herausstellt, dass der Tote ein Bauleiter von NWEU war, jener Firma, deren Ostsee-Abteilung Lukas Lebensgefährtin Teresa Schomaker leitet, wird Luka vom Fall abgezogen. Doch er ermittelt weiter und als Teresa ein wichtiges Detail entdeckt, verfolgt auch sie heimlich eine Spur, jedoch ohne mit Luka darüber zu reden. Dann geschieht ein weiterer Mord. Thema und Genre Dieser Kriminalroman ist der zweite Band einer Serie, die auf der Insel Rügen spielt. Die Problematik ist vielschichtig und auch soziale Aspekte sind ein wichtiges Thema. Charaktere Luka Kroczek und Conny Böhme sind nach kleinen Startproblemen beim ersten Fall nun ein erfolgreich ermittelndes Team. Dafür kriselt es zwischen Luka und Teresa durch einige Missverständnisse. Dass auch Teresa in diesen Fall involviert ist, macht die Dinge nicht einfacher. Handlung und Schreibstil Die straffe Handlung spielt im Sommer 2015 auf Rügen. Die Geschichte bindet viele Themen und unterschiedliche Aspekte mit ein und überrascht mit nicht vorhersehbaren Wendungen. Dennoch bleibt die Geschichte nachvollziehbar, die unterschiedlichen Personen stimmig. Auch der Rügen-Bezug ist wieder sehr gut recherchiert und es stimmen auch die Details, was bei Regio-Krimis leider oft nicht der Fall ist. Die Sprache passt sehr gut zum Genre und die eingefügten Schilderungen unterstreichen das Rügen-Feeling, ohne die Spannung aus der Handlung zu nehmen. Fazit Dieser zweite Band einer Serie, der problemlos auch als Einzelbuch gelesen werden kann, bringt einen neuen, sehr vielschichtigen Fall für Luka Kroczek und sein Team. Ergänzt wird die spannende Handlung durch treffende Beschreibungen der Insel Rügen, die Urlaubssehnsucht in die Gedanken malen. Perfekt für den Strandkorb, zum Beispiel in Glowe, aber natürlich auch für gemütliche Lesestunden zu Hause.
"„Und dann erfuhren sie von ihm, was ihnen all die anderen Dörfler mit ihrem höflichen Plaudern und dem betroffenen Gehabe verschwiegen hatten.“ (Zitat Seite 103)"
Inhalt Teresa ist Ingenieurin und man bietet ihr einen interessanten Job an der Ostsee an. Sie zieht mit ihrem Lebensgefährten Luka Kroczek und der kleinen Tochter Tilda von Düsseldorf auf die Insel Rügen. Luka war bei der Düsseldorfer Polizei tätig und da die Kripo Bergen dringend einen neuen Leiter sucht, erhält er diese Stelle sofort. Die Kollegen sind über den Neuzugang nicht gerade erfreut. Schon an seinem ersten Arbeitstag wird er mit einem grausamen Mord konfrontiert und von ihm werden rasche Ermittlungsergebnisse erwartet. Erste Verdächtige gibt es sofort, doch als die Geschichten aus der Vergangenheit auftauchen, erweitert sich der Kreis von Menschen, die ein Motiv gehabt hätten, zu einem undurchsichtigen Dickicht. Thema und Genre Wie auch auf dem Buchcover zu lesen, handelt es sich um einen Kriminalroman mit regionalem Bezug, der auf Rügen spielt. Charaktere Dieses Buch ist der erste Band einer Serie um den Ermittler Luka Kroczek und das Team der Kripo Bergen. Luka bräuchte Zeit, um sich an Rügen, die Menschen hier und das noch immer präsente Ost-West-Thema zu gewöhnen, doch diese Zeit hat er nicht. Er ist präzises Arbeiten gewöhnt, streng darauf achtend, die entsprechenden Vorschriften einzuhalten. Doch hier an der Ostsee lernt er rasch, dass er umdenken muss, will er diesen komplexen Fall aufklären. Die einzelnen Charaktere sind in ihrer Unterschiedlichkeit sehr gut beschrieben und man erkennt die genaue Beobachtungsgabe der Autorin. Handlung und Schreibstil Hier schreibt jemand, der die Gegend sehr gut kennt, es ist das echte Rügen, das in den Zeilen dieses Buches lebt. Der Stoff beschränkt sich nicht nur auf die üblichen Sehenswürdigkeiten. Die Handlung beginnt im Mai 2013 und der Zeitraum der Ermittlungen ist knapp gehalten, was die Spannung erhöht. Rückblenden sind nur eingefügt, wo sie für das Verständnis der Vorfälle wichtig sind. Die Geschichte startet mit kleinen Längen, was wohl darin liegt, dass die Figuren, da es sich um das erste Buch einer Serie handelt, genauer vorgestellt werden müssen. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und wenn man als Leser glaubt, die Zusammenhänge erkannt zu haben, kommt eine neue Wendung und alles ist anders. Dennoch bleibt die gesamte Handlung logisch nachvollziehbar. Fazit Ein spannender Kriminalroman mit Regionalbezug, der auf Rügen spielt. Vielschichtig in den Themen mit sehr unterschiedlichen Charakteren, atmet die Handlung Geschichte, Musik, Meer und Insel. Unterhaltsame Lesestunden, die nicht nur Rügen-Fans genießen werden.
"„Wir sind auf Rügen. Unsere Highlights sind geklaute Kreditkarten und gelegentlich ein paar Einbrüche.“ (Zitat Seite 33)"
Inhalt Mitte fünfzig und arbeitslos geworden, machte sich Mathilde „Tilda“ Richter mit einem Schreibservice-Büro selbstständig. Nun geht ihr Hauptauftraggeber in Pension und sie braucht einen Zusatzjob. Spontan antwortet sie auf eine Anzeige der vierundachtzig Jahre alten Ruth Wellentin und wird engagiert. Als Privatsekretärin wird sie ihr beim döstädning helfen. Ausgerechnet Tilda, die überhaupt nicht damit klarkommt, in einem Monat sechzig Jahre alt zu werden. Thema und Genre In diesem Roman geht es um die Freude am Leben in jedem Alter, um persönliche Erfahrungen, die jeden Menschen prägen. Das Kernthema ist das aus Schweden kommende döstädning, das gezielte Ordnen der Dinge und das Aufräumen des Lebens. Man möchte glückliche Erinnerungen hinterlassen und nicht ein Chaos und Gerümpel, das aufwändig entsorgt werden muss. Charaktere Ruth ist eine selbstbewusste Frau, die auch mit vierundachtzig Jahren noch unangepasst ist und neugierig auf jeden neuen Tag. Im Laufe ihres Lebens hat sie einige Entscheidungen getroffen, deren Auswirkungen sie heute noch spürt, aber sie weiß auch, dass „was wäre gewesen, wenn“ keine Lösungen bringt. Tilda neigt dazu, die Dinge pessimistisch zu sehen und die Tatsache, in Kürze sechzig Jahre alt zu werden, versetzt sie in Panik. Zum Glück hat sie zwei lebensfrohe Freundinnen, die sie immer wieder in das positive Hier und Jetzt zurückholen. Handlung und Schreibstil Tilda erzählt die Geschichte chronologisch in der Ich-Form. So lässt sie uns auch an ihren Gedanken teilhaben. Der Handlungszeitraum erstreckt sich nur über einen Monat, wird jedoch durch Rückblicke in Form von Erinnerungen und Gesprächen ergänzt. Die Autorin schreibt mit leisem Humor und viel Empathie über diese zwei so unterschiedlichen Frauen, die einander spontan gegenseitig helfen, von ihren Erfahrungen geprägte, festgefahrene Denkmuster zu überwinden und neue Ansätze zu finden. Fazit Ein einfühlsamer, humorvoller Roman, den man mit Vergnügen liest, der aber auch Zeit zum Nachdenken lässt, über die Geschichte selbst und die Anregungen, die man als Leserin daraus mitnehmen kann.
"„Frau im besten Alter (84), stark eingespannt, sucht stundenweise verschwiegene/n Privatsekretär/in und Personal Assistant für diverse Aufgaben. Auch als Reisebegleitung. Führerschein Kl. B unverzichtbar. Sehr gute Bezahlung.“ (Zitat Seite 60)"
Inhalt Die Hamburger Innenarchitektin Paula Hennings hat seit fünf Jahren eine feste Beziehung mit ihrem verheirateten Chef Jan. Als dieser sie mit ihrer besten Freundin betrügt, fährt sie spontan für ein Wochenende auf die Insel Hiddensee. Hier, in der gemütlichen Pension Dünenrose, will sie in Ruhe nachdenken, wie es mit ihrem Leben weitergehen soll. Doch nicht nur die Überlegungen zu ihrer beruflichen Zukunft beschäftigen sie, sondern plötzlich muss sie auch über drei Männer nachdenken: Jan, der ihr nachgereist ist und sie zurückgewinnen möchte, Simon, den schweigsamen Meeresbiologen und Martin, Simons charmanten Assistenten. Thema und Genre Ein romantischer Frauenroman, der auf der Insel Hiddensee spielt. Charaktere Paula, 36, muss ihren verheirateten Liebhaber Jan seit Jahren mit seiner Familie teilen, doch erst durch seine Untreue beginnt sie, darüber nachzudenken, was sie selbst von ihrem Leben erwartet. So zielstrebig sie in ihrem Beruf ist, so unentschlossen ist sie, sobald es um Gefühle geht, um die Frage, jemandem zu vertrauen. Daraus ergeben sich einige Missverständnisse, die sie rasch durch ein offenes Wort hätten klären können, anstatt nur den eigenen Vermutungen zu folgen. Handlung und Schreibstil Der Schreibstil passt zum Genre Unterhaltungsroman, ist leicht und flüssig zu lesen. Irgendwann nervt es allerdings, dass auf beinahe jeder Seite, teilweise sogar mehrmals, von Paulas „Friesennerz“ die Rede ist, es weiß sicher jede Leserin, dass es sich hier um die typische gelb-blaue Regenjacke handelt, die Autorin hätte also die Bezeichnung dementsprechend etwas variieren können. Ein großes Plus als Ergänzung der romantischen Handlung sind die lebhaften, sehr gut gelungenen Beschreibungen der Insel Hiddensee und ihrer Bewohner. Fazit Ein unterhaltsamer Frauenroman, eine angenehme Lektüre für einen Tag im Strandkorb oder für graue Wintertage, an denen man sich auf die Wohlfühl-Insel Hiddensee träumt.
"„Doch der einsame, menschenleere Strand und das wechselnde Blau des endlosen Himmels schrieben ihren eigenen Rhythmus, und aus dem geplanten Wochenende wurde mitunter eine Woche oder mehr.“ (Zitat Seite 6)"
Inhalt Zwei Jahre vor der Rente wird der unangepasste, kritische Wirtschaftsredakteur – die Kollegen nennen ihn „Kassandra“ – freigestellt und in den Vorruhestand geschickt. Spontan beschließt er, weiterzuschreiben, diesmal in der Freiheit der eigenen Themenwahl. Ein Tagebuch soll es werden, ein Jahr lang wird er seine Gedanken und Eindrücke zu Papier bringen, als Zeitdokument, vielleicht für seine Nichte Lena, die gerade das Abitur macht und sich später, in dreißig Jahren etwa, fragen wird, wie es damals war, am Beginn des 21. Jahrhunderts. Thema und Genre Obwohl es vom Verlag so eingestuft wird, ist dieses Buch kein Roman, sondern eher eine Sammlung von Essays in Tagebuchform, mit Gedanken zur europäischen Wirtschaft, zur politischen Lage in Deutschland und in der EU, zu aktuellen Entscheidungen und ihre möglichen Auswirkungen in der Zukunft. Ein Thema ist auch die rasche und einfache Verbreitung von bewusst oder unbewusst falschen Meldungen in den sozialen Medien, von Menschen, die in erster Linie Aufmerksamkeit und Bestätigung suchen. Umsetzung Der Autor teilt das Buch in vier Kapitel ein. Die einzelnen Einträge tragen das jeweilige Datum, erfolgen chronologisch und beginnen mit dem 30.09.2017. Am 10.07.2018 erfolgt der letzte Eintrag, welcher lautet: (Fast) ein Jahr mein eigener Pausenclown, das reicht.“ (Zitat Seite 253) Der Journalist und für seine Wirtschaftsseiten bekannte Redakteur wird seinem Spitznamen „Kassandra“ durchaus gerecht. Auch er warnt vor einseitig argumentierten Entscheidungen, vor den Folgen von nicht ausreichend überdachten Handlungen und auch er sieht sich politischen Entscheidungsträgern, hier „Kanzlerin M“ und „Wirtschaftsminister Sch“, gegenüber, die diese Handlungen beschlossen haben und sie durch bewusste Falschinterpretationen auch weiterhin verteidigen. Doch er ermahnt auch sich selbst, alle Seiten zu sehen und keine Vorurteile zu pflegen. Ein besonderes Thema ist die Griechenland/Euro-Krise des Jahres 2017, die europäische Einwanderungspolitik und die verstärkten Investitionen von chinesischen Unternehmen in Europa. Der auf Grund des Buchtitels erwartete Rügen-Bezug beschränkt sich auf ein paar Tage auf Rügen, die er gemeinsam mit seinem deutsch-amerikanischen Freund Fritz Roon dort verbringt, im vierten und damit letzten Kapitel des Buches. Hier geht es auch vorrangig um persönliche Themen. Die Sprache schildert gekonnt die Gedankengänge des Tagebuchschreibers, der sich selbst, seine Mitmenschen und die Zeit, in der wir leben, mit spitzer, satirischer Feder beobachtet. An manchen Tagen ist er frustriert, verärgert, um am nächsten Tag auch seine Situation und Überlegungen mit Humor zu betrachten und zu den leisen Tönen zurückzukehren. Fazit Wer einen Roman mit Rügen-Bezug erwartet, sollte sich nicht für dieses Buch entscheiden, denn das wäre eine Enttäuschung. Wer eine sehr kritische, fundierte, freche, aber auch humorvolle wirtschaftspolitische Analyse unserer Zeit zu schätzen weiß, interessiert ist, sich mit den Hintergründen auseinanderzusetzen, bekannte Fakten vielleicht neu zu überdenken, wird dieses auch sprachlich überzeugende Buch mit Vergnügen lesen. Ich jedenfalls ging beim Lesen die gesamte Palette von „genau“ (mit heftigem Kopfnicken) über „na geh, aber wirklich nicht“ (mit Kopfschütteln) bis zu schallendem Gelächter mehrmals durch.
"„Der Mensch denkt, und Gott lenkt. Die zwei größten Irrtümer der Menschheit in sechs Worten, in einem Satz.“ (Zitat Seite 251)"
Inhalt Alma Schindler, die Tochter des Landschaftsmalers Emil Jakob Schindler, Stieftochter des Malers Carl Moll, verkehrt von frühester Jugend an den Wiener Künstlerkreisen und Salons. Sie selbst liebt die Musik, vergisst beim Klavierspiel die Welt, komponiert und träumt von einer Karriere als Komponistin. Als sie siebzehn Jahre alt ist, verliebt sie sich in Gustav Klimt. Sie ist einundzwanzig Jahre alt, als sie am 7. November 1901 den Dirigenten und Komponisten Gustav Mahler kennenlernt. Sie heiratet den um neunzehn Jahre älteren Mann im März 1902, obwohl dieser von ihr verlangt, ihre eigene Musik aufzugeben und sich mit ihm gemeinsam in seiner Musik zu finden. Wird dieser schönen, selbstbewussten jungen Frau ein Leben genügen, in dem sie nur mehr die Ehefrau des berühmten Künstlers Gustav Mahler ist? Thema und Genre Im Mittelpunkt dieses Frauenromans steht Alma Mahler-Werfel, eine als Schönheit gefeierte, selbstbewusste Frau, die aus der Künstlerszene der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Wien bis New York nicht wegzudenken ist. Dieses Buch schildert die erste Hälfte ihres Lebens und ihre Ehe mit dem Komponisten Gustav Mahler. Vor allem geht es um die Stellung der Frau Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts und das rege gesellschaftliche Leben in Wien, Paris aber auch die völlig unterschiedlichen Lebensumstände in New York. Ein wichtiges Thema sind auch die neuen Strömungen in der Kunst, besonders in der Malerei, der Architektur und in der Musik. Charaktere Im Mittelpunkt der Geschichte steht Alma Mahler-Werfel, ihre Ehe in glücklichen und weniger glücklichen Tagen, ihre kindhafte Sehnsucht, geliebt, bewundert und begehrt zu werden. Da es sich bei diesem Buch um einen Roman handelt und keine Biografie, werden ihre Handlungen und Persönlichkeit etwas beschönigt dargestellt, auch die Qualität ihrer Begabung als Komponistin. Die Realität in Dokumenten, Briefen, Aufzeichnungen und Biografien zeigt ein unterschiedliches Bild. Handlung und Schreibstil Die facettenreiche Geschichte der Ehe zwischen Alma und Gustav Mahler wird ergänzt durch lebhafte Schilderungen dieser Zeit. Das Buch ist in einer flüssigen, angenehm zu lesenden Sprache geschrieben. Die personale Erzählform stellt Alma in den Mittelpunkt des Geschehens, es geht um ihre Sicht der Dinge, um ihre Gefühle, um ihr Leben. Fazit Ein Frauenroman über Alma Mahler-Werfel, eine gefeierte, schillernde Persönlichkeit der Künstlerszene rund um die Wiener Secession, Ehefrau und Muse des berühmten Komponisten Gustav Mahler. Es handelt sich um den sechsten Band der Serie „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“, voneinander unabhängige Romane, geschrieben von unterschiedlichen Autorinnen. Leserinnen dieser Serie werden auch dieses Buch gerne lesen.
"„Ich werde die Muse des großen Gustav Mahler sein, dachte sie im Rhythmus ihrer Schritte. Ich werde ihn zu seinen schönsten Werken inspirieren und mich in ihnen wiederfinden.“ (Zitat Pos. 1907)"
Inhalt Mlada Bosna ist eine serbisch-nationalistische Organisation junger bosnischer Serben, die mit allen Mitteln für ein vereinigtes Großserbien kämpfen. Auch der neunzehnjährige Gavrilo Princip und seine beiden gleichaltrigen Freunde Nedeljko und Trifko gehören zu dieser Vereinigung. Intensiv geschult und ausgebildet durch Mitglieder des serbischen Geheimbundes Schwarze Hand, bereiten sie ab März 1914 einen Anschlag auf das österreichische Thronfolgerpaar vor. Ausgerechnet am 28. Juni, dem serbischen Gedenktag an die Schlacht auf dem Amselfeld, werden Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gattin Sophie Sarajevo besuchen. Immer wieder hört Major Rudolf Markovic vom österreichischen Geheimdienst Gerüchte über ein geplantes Attentat, doch ein Thronfolger lässt sich nicht durch Gerüchte beeinflussen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt… Charaktere Die historisch bekannten Personen, aus den Seiten der geschichtlichen Datensammlungen und Sachbücher in diese dichte Handlung der letzten Woche vor dem Attentat zurückgeholt, werden für den Leser zu handelnden, fühlenden, zweifelnden Menschen. Die Schilderung der Charaktere auf Grund von Quellen und intensiver Recherche ergibt ein neues, erweitertes Bild, in dem auch die Täter nicht automatisch die Bösen sind, sondern junge Idealisten, die glauben, das Beste für Serbien zu tun. Dazwischen schieben sich Wohlfühlszenen des Thronfolgerpaares, zuerst in der Familie, dann während der Reise, die auch Herzogin Sophie sichtlich genießt. Ergänzt werden die realen Personen durch einige fiktive Charaktere, die das Gesamtbild abrunden. Handlung und Schreibstil Ein Ereignis, das bereits ob seiner geschichtlichen Tragweite in zahlreichen Biografien, Sachbüchern und Dokumentationen geschildert und im Jahr 2014 nochmals intensiv diskutiert wurde. Ein Anschlag, bei dem Tatzeit, Täter, Opfer, Tathergang und Hintergründe bekannt sind, wir Leser wissen schon vorab, was passieren wird. Dennoch entwickelt der Autor aus diesen Tatsachen eine intensive, packende, neue Geschichte. Unterschiedliche Perspektiven, eine personale Erzählweise, die abwechselnd Gavrilo Princip und die Vorbereitungen des Attentats, Erzherzog Franz Ferdinand und die Reise, sowie Rudolf Markovic und seine Recherchen in den Mittelpunkt stellt, sowie die straffen Zeitangaben mit teilweise minütlich gleichzeitigen Geschehnissen machen aus diesem Roman der Fakten, vermischt mit etwas Fiktion, ein Leseerlebnis, das man am besten mit „Geschichte lebt“ beschreiben kann. Fazit Eine überzeugende Mischung aus Biografie und Roman, welche die Tage vor dem Attentat von Sarajevo und den Anschlag selbst facettenreich, straff und spannend schildert. Interessante, genau recherchierte Hintergrundinformationen ergänzen die packend und stimmig neu erzählte Geschichte.
"„Ich danke Ihnen für die Besorgnis um unseren Thronfolger. Aber wegen ein paar Gerüchten können wir nicht die Reise absagen.“ (Zitat Seite 230)"
Inhalt Als Jörg Bentheim, anerkannt für seine Reportagen und Fotografien, überraschend stirbt, vererbt er seinen beiden Töchtern Ariane und Jolante ein Manuskript mit dem letzten Wunsch, sie sollen es veröffentlichen. Laut Verleger handelt es sich um autobiografische Aufzeichnungen über die DDR von 1986 bis 1989. Doch diese sind nirgendwo zu finden und ihre Mutter Ina wiederholt immer wieder: „es gibt kein Manuskript“. Während Arianes Eltern und Jolante seit der Wende in Småland leben, lebt die dreißigjährige Journalistin Ariane seit elf Jahren in Leipzig, wo auch ihre Großeltern wohnen. Doch nun zieht sie zurück nach Schweden, um herauszufinden, worum es bei diesem Manuskript geht. Warum schweigt ihre Mutter so verbissen auf alle ihre Fragen? Thema und Genre In diesem Familienroman geht es um die problematische politische Situation in der DDR als Auslöser für Handlungen und Geheimnisse, die das Leben aller Beteiligten verändern. Ein wichtiges Thema ist die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern und natürlich geht es auch um die Liebe. Charaktere Ariane würde das Verhältnis zu ihrer Mutter Ina als sehr gut, aber etwas distanziert bezeichnen, denn Ina neigt dazu, in entscheidenden Momenten zu schweigen und das Thema zu wechseln. Auch Ariane vermeidet Auseinandersetzungen, geht ihnen aus dem Weg und schweigt lieber. Sie selbst fühlt sich mit ihren dreißig immer noch als Suchende, weiß nicht genau, was sie vom Leben will, bevor sie sich entscheidet, in Schweden einen Neubeginn zu wagen. Im Gegensatz zu ihr ist Jolante offen, fröhlich und unkompliziert. Handlung und Schreibstil Die Handlung wird in zwei Zeitsträngen erzählt, die einander abwechseln. Die personale Erzählform stellt in der Jetztzeit Ariane in den Mittelpunkt, in der Vergangenheit Ina. Zeitangaben über den Kapiteln erleichtern die Zuordnung. So erfährt der Leser langsam, was wirklich gesehen ist, wobei es einige Überraschungen gibt. Dies macht die Geschichte spannend. Lebhafte Schilderungen der Landschaft und des Lebens in Småland ergänzen die Handlung. Fazit Ein spannender, unterhaltsamer Frauenroman, in dessen Mittelpunkt alte Familiengeheimnisse und Konflikte stehen.
"„In Schweden fühle ich mich als Deutsche und in Deutschland fühle ich mich als Schwedin. Ich möchte endlich wissen, wohin ich gehöre.“ (Zitat Seite 143)"
Inhalt Ein nächtlicher Tauchgang im Dunkel der Ostsee, ein Taucher, der etwas verbirgt und alle Spuren verwischt. Doch dies kann eine Gruppe Menschen, eine gefährliche Mischung aus Wissenschaft, Forschung und Macht nicht stoppen. Vier Jahre danach entdeckt die Investigativ-Journalistin Natascha Da Silva, der ein beängstigender Anstieg von Gewalt im Alltagsleben aufgefallen war, geheime wissenschaftliche Experimente, groß angelegte Feldversuche, die mit nichtsahnenden Probanden durchgeführt werden. Zunächst befürchtet sie, vielleicht in ihren Gedanken Realität und Phantasie zu vermengen, weil sie mit einer brisanten Story erfolgreich Karriere machen könnte. Doch rasch muss sie erkennen, dass die Realität weitaus bedrohlicher und erschreckender ist, als zunächst vermutet. Ihre Gegner sind skrupellos und gefährlich und unerklärbare Todesfälle begleiten bald ihre Recherchen. Thema und Genre Dieser Wissenschaftsthriller greift eine Reihe von brandaktuellen Themen auf, welche uns gerade beschäftigen. Es geht um wissenschaftliche Experimente an unwissenden Probanden, um technisch hochentwickelte Formen von subliminalen Reizen und totaler Beeinflussung. Es geht um neuronale Prozesse und die Philosophie des Transhumanismus. Daher ist auch die Frage nach dem ethischen Aspekt einer Forschung ohne jede Grenzen ein wichtiges Thema. „Manchmal müsse man auch Risiken eingehen, sonst gehe nichts vorwärts“, lässt der Autor es einen der Verantwortlichen definieren, und alles sei nur zum Wohle der Menschheit. Charaktere Natascha da Silva ist alleinerziehende Mutter einer Tochter und arbeitet als Journalistin bei einem Online-Nachrichtenmagazin. Als die Vorkommnisse ihre Neugierde wecken, recherchiert sie intensiv und mutig. Die einzelnen Protagonisten sind stimmig und realistisch geschildert, überraschendes Verhalten wird im Zuge der weiteren Handlung nachvollziehbar. Handlung und Schreibstil Hauptorte der Handlung sind Mallorca, München, Hamburg und die Ostsee. Die Sprache ist eine perfekte Mischung aus spannenden, rasch wechselnden Episoden, unvorhersehbaren Wendungen und den für das Verständnis erforderlichen wissenschaftlichen Erklärungen, die interessant und verständlich geschildert werden. Man erkennt beim Lesen rasch die intensive Recherchearbeit, die den detailliert aufgebauten Hintergrund für diesen Thriller ergeben hat. Die Handlung selbst wird durch einen kurzen Prolog in der Vergangenheit und einem Nachtrag sechs Monate nach den Ereignissen ergänzt. Fazit Subliminal ist ein packender, informativer Wissenschaftsthriller. Das aktuelle, vielschichtige Forschungsthema birgt Stoff und Anregungen für weitere eigene Überlegungen, „kann es sein“, „was wäre, wenn“, „was würde ich tun“. Ein Experiment unter transhumanistischen Aspekten, eine gut recherchierte, glaubhafte Handlung und stimmige Figuren ergeben einen spannenden, interessanten Pageturner.
"„Und warum fiel es ihr, einer kleinen Journalistin, nach drei Wochen Recherche zur Entwicklung des Verhaltens der Menschen im Lande auf, entging aber offensichtlich allen anderen?“ (Zitat Seite 137)"
Inhalt Max Bissinger hat von seinem Vater eine Buchhandlung in Gutenstadt, eine Stunde westlich von Berlin, geerbt. 1931 lernt er zufällig die Geigerin Hanna Ginsberg kennen und sie verlieben sich. Doch ihre Zukunftspläne werden von der Realität eingeholt, denn Hitler kommt an die Macht und Hanna ist Jüdin. 1936 erhält Hanna ein Angebot eines niederländischen Sinfonieorchesters und sucht um eine Ausreiseerlaubnis an. Doch plötzlich klopft die SA an die Tür. 1946 erwacht Hanna völlig desorientiert auf einem Feld nahe Berlin, nur ihre Stradivari hat sie bei sich und ihre Liebe zur Musik bestimmt auch weiterhin ihr Leben – und ihre Sehnsucht nach Max. Thema und Genre Dieser Roman handelt von den Jahren von Hitlers Machtübernahme in Deutschland und von den Jahren des Aufbaus, die dem Ende des zweiten Weltkrieges folgen. Es geht um Religion, die Schicksale der Juden, die Probleme der Musikerinnen, in bekannten Sinfonieorchestern einen Platz zu erhalten, wo stets die männlichen Bewerber bevorzugt werden. Ein wichtiges Thema sind auch Familie, Freundschaft und Liebe. Charaktere Die Protagonisten und ihre Entscheidungen sind realistisch und stimmig. Hannas Lebensinhalt ist die Musik und ihre wertvolle Geige. Die Erinnerung an ihre große Liebe Max bestimmt ihr Leben nach dem Krieg. Max hat ein Geheimnis, das ihn immer wieder zwingt, Entscheidungen zu treffen, die er niemandem erklären kann. Handlung und Schreibstil Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen fortlaufend und abwechselnd erzählt, wobei die Sprache flüssig und rasch zu lesen ist. In den Kapiteln, welche die Jahre 1931 bis 1936 betreffen, steht Max im Mittelpunkt. Hier wählte die Autorin die personale Erzählform. Hanna dagegen schildert ihr Leben in den Jahren 1946 bis 1959 in der Ich-Form. Jedes Kapitel trägt den entsprechenden Namen und die Jahreszahl, was die Handlung sehr übersichtlich macht. Die eigentlichen Kriegsjahre bilden nur den Hintergrund der Geschehnisse, es stehen die Menschen und ihr Schicksal im Mittelpunkt. Die gut recherchierten Fakten und der spannende Aufbau machen aus dem Stoff eine interessante Geschichte, bis plötzlich eine magisch-fiktionale Komponente auftaucht, die sich dann wie ein roter Faden durch die Handlung zieht und die für mich in diesem Genre und Zusammenhang nicht passt. Fazit Eine packende Geschichte mit zeitgeschichtlichem Hintergrund, die durch eine überraschende Wendung zwischen Sci-Fi und Fantasy in den Bereich Unterhaltungsliteratur abgleitet. Eine Empfehlung sicher für jüngere Leserinnen, die romantische Frauenromane mit Tiefgang bevorzugen.
"„Doch wenn sie in seinem Laden spielte, fühlte es sich so an, als gäbe sie ein Konzert nur für ihn.“ (Zitat Seite 157)"
Inhalt und Thema Die bekannte Autorin und Nobelpreisträgerin öffnet dem Leser mit diesen zwölf Geschichten eine Welt der alten nordischen Sagen und Legenden rund um Weihnachten. Es geht um das Bewahren der Traditionen ihrer Heimat für spätere Generationen, um Geborgenheit, Glaube, Mitgefühl, Religion, aber auch um Schuld und Sühne. Schon in der ersten Geschichte, „Der Weihnachtsgast“, treffen wir Figuren aus ihrem Roman Gösta Berling wieder, eine andere Geschichte erklärt den Luciatag und die sehr poetische Geschichte „Die Legende von der Christrose“ handelt von einem besonderen Garten, der nur in der Weihnachtsnacht mitten im Wald zu sehen ist. Alle Geschichten haben einen christlich-religiösen Bezug. Fazit Eine Sammlung von besinnlichen Geschichten, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind und die sprachlich und inhaltlich diese Zeit für den Leser fühlbar und erlebbar machen.
"„Und siehe, wie er nun an der Stelle vorbeikam, wo er die kahlen Wurzelknollen eingepflanzt hatte, da sah er, daß üppige grüne Stengel daraus emporgesproßt waren, die schöne Blumen mit silberweißen Blüten trugen.“ (Zitat Seite 104)"
Inhalt In der Vorweihnachtszeit eines modernen Haushalts mit zwei Töchtern im Teenageralter versucht der Erzähler, etwas von der besinnlichen Ruhe der Weihnachten seiner Kinderzeit in die Gegenwart zu bringen. Genau dies passiert, als seine Frau Stacy einen Adventskalender mit ungewöhnlichen Zeichnungen nach Hause bringt, den ihr ein alter Mann geschenkt hatte. Die Bilder erzählen eine Geschichte von Weihnachten in der frühen Nachkriegszeit, als der Handel auf dem Schwarzmarkt für viele Menschen der einzige Weg war zu überleben. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Weihnachten einst und heute, um Hilfsbereitschaft und Familie. Handlung und Schreibstil Der Autor erzählt abwechselnd zwei Geschichten, die parallel in zwei unterschiedlichen Zeiten stattfinden. Einerseits berichtet der Ich-Erzähler der Gegenwart von den Alltagserlebnissen, die in unserer Zeit untrennbar mit der Vorweihnachtszeit verbunden sind. Das tägliche Öffnen des Türchens auf dem Adventskalender öffnet in ihm jedoch auch eine Erinnerung an die Weihnachten seiner Kindheit in den fünfziger Jahren, die er seiner Familie schildert. Gleichzeitig erzählen diese Bilder die Geschichte von drei jungen Männern, die sich durch den Diebstahl von zwei Gemälden und Eintausch auf dem Schwarzmarkt Heizmaterial und Lebensmittel für das kommende Weihnachtsfest finanzieren wollen. Gekonnt verbindet er diese Geschichten zu einem weihnachtlichen Ganzen. Ich schätze den Autor für seine poetische, wunderbar schildernde Sprache, die auch diesen Roman zu einem Lesevergnügen macht. Fazit Eine poetische Weihnachtsgeschichte, verbunden durch Erinnerungen, Hoffnung und den Zauber dieser besonderen Zeit.
"„Vielleicht lag es an der klaren, klirrenden Kälte dieses Morgens, dessen Licht rosig durch die Dämmerung brach und die Baumschatten als Hieroglyphenschrift auf mich zufallen ließ, daß bestimmte Momente meiner Kindheit in mir wach wurden.“ (Zitat Seite 22)"
Inhalt 1887 ist Marie Triepke zwanzig Jahre alt und will unbedingt Malerin werden. Schließlich stimmen die Eltern zu. 1888 reist Marie mit ihrer gleichaltrigen Gesellschafterin Asta nach Paris, wo sie den Maler Peder Severin „Søren“ Krøyer wiedersieht, den sie 1889 heiratet. 1891 ziehen sie nach Skagen, eine Künstlerkolonie am Meer. Wird Marie, inzwischen Mutter, nun endlich wieder malen können? 2018 ist Vibeke Weber zweiundzwanzig Jahre alt und nach einem abgeschlossenen Management-Studium soll sie die Farbenfabrik ihres Vaters übernehmen. Doch sie will endlich Malerei studieren. Auf den Spuren der Malerin Marie Krøyer reist sie mit ihrer Mutter nach Skagen, verliebt sich sofort in das besondere, strahlende Licht und wird an der dortigen Kunstschule aufgenommen. Neben dem Studium arbeitet sie im Skagens Kavehus, wo ein unsigniertes Bild hängt, das die Familie Krøyer zeigt. Hat sie ein bisher unbekanntes Bild von Marie Krøyer entdeckt? Thema und Genre Dieser Roman handelt von der berühmten dänischen Künstlerkolonie in Skagen, wo sich im späten 19. Jahrhundert Künstler trafen, die ihren eigenen Stil der realistisch-naturalistischen Freiluftmalerei entwickelten, der später auch vom französischen Impressionismus beeinflusst wurde. Ein wichtiges Thema sind die Schwierigkeiten und Probleme, die Frauen auf ihrem Weg als Künstlerin überwinden müssen. Es geht auch um Freundschaft, Familie und Liebe. Charaktere Marie, Tochter aus gutem Hause, will kein gesellschaftlich bequemes Leben führen, sie will die Kunst zu ihrem Beruf machen. Von ihrer Ehe mit dem erfolgreichen, deutlich älteren Søren Krøyer erhofft sie sich Inspiration, Unterstützung und Freiheit. Asta, aus armen Verhältnissen, ist auf den Verdienst als Maries Gesellschafterin angewiesen und manipuliert diese. Obwohl Vibeke eine moderne junge Frau des 21. Jahrhunderts ist, fehlt ihr die Sicherheit, ihre eigenen Wünsche konsequent durchzusetzen, weder gegenüber ihrem Vater, noch gegenüber einem aufdringlichen Mitstudenten. Dies dient sicher der Handlung, ist aber nicht immer stimmig. Handlung und Schreibstil Die Geschichte wird abwechselnd auf zwei Ebenen erzählt, das Leben von Marie Krøyer zwischen 1883 und 1940, und Vibekes Erlebnisse in Skagen 2018. Großartig sind die lebendigen Schilderungen des Lebens der bekannten dänischen Künstler in Skagen, gekonnt verbindet die Autorin die bekannten Fakten mit der fiktiven Geschichte ihres Romans. Für die Charaktere hätte ich mir mehr Stärke gewünscht, die starken, intensiven Bilder von Marie Krøyer passen für mich nicht ganz zum Bild, das die Autorin von ihr zeigt. Fazit Ein interessanter Roman über das Leben der bekannten dänischen Skagen-Maler. Sehr gut recherchiert, lässt er die Künstlerkolonie lebendig werden und macht Lust, sich näher mit dieser Künstlergruppe zu beschäftigen.
"„Mir ist, als könnte das Licht jedes Geheimnis aufdecken. Ja, als wäre es gar nicht möglich, in Skagen Geheimnisse zu haben.“ (Zitat Seite 77)"
Inhalt Vor drei Jahren, am 6. Dezember, hatten sie das Café Lilli eröffnet. Lilli, die ihre Tochter Claire alleine großgezogen hat und die Ich-Erzählerin, deren Ehemann Clemens vor einigen Jahren plötzlich verstorben ist und die nun alleine für ihre beiden Kinder Luis und Elsa sorgt. Sie haben einen gemeinsamen Traum: ein altes, verfallenes Haus im Odenwald, das sie vor Jahren gekauft haben und dort wollen sie irgendwann alle gemeinsam Weihnachten feiern. Noch steht das Haus ohne Dach und ohne Fenster da. Doch in diesem Advent bringt Lillis Vater einen Gast mit ins Café, den Amerikaner Bill. Gerade wieder ruhten die Arbeiten am Haus, Kälte und Bodenfrost. „There’s gotta be a way, Lilli“, sagt Bill, er werde sich um das Haus kümmern. Thema und Genre In dieser Geschichte geht es um die bedingungslose Freundschaft zwischen zwei Frauen, um Trauer und Verlust, um Familie und Kinder. Weihnachten ist hier das Symbol für Aufbruch, Träume und Ziele. Charaktere Die Ich-Erzählerin, Mutter von zwei Kindern, vermisst ihren früh verstorbenen Ehemann Clemens auch noch nach Jahren. Sie hat Schwierigkeiten, seinen Tod zu akzeptieren. Verlust und Trauer sind ihre Hauptthemen. Das alte Haus im Odenwald bedeutet Hoffnung für sie. Lilli ist die Seele des Cafés und sorgt dafür, dass sich ihre Freundin nicht zu sehr vor dem Leben verschließt. Handlung und Schreibstil Die Geschichte spielt in der Adventszeit und wird durch Rückblicke in Form von Erinnerungen ergänzt. Inhaltlich lässt sie sich mit einem Tagebuch vergleichen, in dem die Ich-Erzählerin die kleinen täglichen Erlebnisse aufschreibt, ihre Erinnerungen und die Sehnsucht nach ihrem verstorbenen Mann Clemens. Die Sprache ist etwas atemlos, man muss sich daran gewöhnen, sie zieht die Leser voran, obwohl man sich lieber Zeit nehmen möchte, die Sätze zu genießen. Fazit Das Weihnachtshaus steht für einen Zukunftstraum, ist ein Symbol für Freundschaft, Hoffnung und dafür, dass das Leben auch nach einem schweren Verlust weitergeht. Auch wenn die Handlung vorwiegend im Advent spielt, ist es in meinen Augen genau genommen ein poetisches Tagebuch einer Ich-Erzählerin und keine Weihnachtsgeschichte.
"„Lilli hat damals gesagt, Weihnachten kann nichts dafür, dass alles so gekommen ist, die Kinder können auch nichts dafür, also lass uns feiern, lass uns Weihnachten feiern.“ (Zitat Seite 53)"
Inhalt Bald ist Weihnachten und Lindsay Griffin, eine New Yorker Journalistin, hofft auf einen Antrag ihres Freundes Dan Newman. Doch der junge, erfolgreiche Anwalt hat völlig andere Zukunftspläne. Lindsay benötigt dringend Ruhe und Zeit zum Nachdenken und bucht spontan eine einfache, einsame Blockhütte bei West Yellowstone. Am Morgen ihres ersten Tages in der Wildnis trifft sie auf einen großen, schwarzen Wolf, der ihre Hilfe braucht. Brian Johnson, ein Ranger des Forrest Service, hatte ihr am Vortag die Cabin und die Umgebung erklärt, wo es eine alte Rangerstation mit einem Funkgerät für Notfälle gibt. Genau das braucht sie jetzt. Thema und Genre In dieser magischen Weihnachtsgeschichte geht es um das Leben in der Natur und vor allem um Wölfe, ihr Verhalten und das teilweise Unverständnis der Menschen. Natürlich ist auch die Liebe ein Thema. Charaktere Lindsay muss gerade ihre Zukunft neu planen, sie ist enttäuscht, traurig, aber dennoch positiv und nicht verbittert. Rasch hat sie ihre Angst vor Wölfen überwunden und wird sofort aktiv, als sie die Situation erkennt. Der Wolf wiederum hat gute Gründe, die Menschen zu meiden. Sein feiner Geruchssinn unterscheidet sofort zwischen dunkel, das bedeutet böse, und hell. Lindsay riecht für ihn hell. Handlung und Schreibstil Die Geschichte wird aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln abwechselnd erzählt, einerseits die Geschichte von Lindsay und Brian und andererseits die Geschichte des jungen Wolfes. Weitere Details erfährt der Leser durch Rückblicke in Form von Erinnerungen der einzelnen Protagonisten. Die Handlung selbst dauert nur wenige Tage. Fazit Eine magische, leise Weihnachtsgeschichte für verträumte Lesestunden.
"„Beaver Creek Cabin, südlich von Bozeman, nahe West Yellowstone. Nur mit dem Schneemobil erreichbar. Erbaut um 1900. Ofen, Bett, Matratze, Tisch, Stuhl. Kein Strom oder Wasser. Sehr rustikal. (Zitat Seite 59)"
Inhalt Wie alle Jahre fahren die Geschwister Tamara, Elisabeth und Ingmar mit ihren Partnern und Kindern zu ihren Eltern, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Wie alle Jahre endet schon das erste Treffen am Abend des 23. Dezember in unerfreulichen Diskussionen und Streit. Besonders Tamara benimmt sich auch beim Frühstück im Hotel am nächsten Morgen eigenartig und auch über den Ablauf der Bescherung am Abend gibt es unterschiedliche Meinungen. So machen sich Tamara, Elisabeth und Ingmar ohne ihre Familien auf den Weg zum Haus ihrer Eltern, um in einem gemeinsamen Gespräch zu versuchen, Lösungen zu finden, wie früher. Doch als sie klingeln, öffnet niemand. Die Eltern sind verschwunden und das wenige Stunden von der geplanten Weihnachtsfeier im Familienkreis. Thema In diesem Roman geht es um Familie, um die unterschiedlichen Wege, die Geschwister gehen, wenn sie erwachsen sind. Ein wichtiges Thema sind die Konflikte, die aus dem gesellschaftlichen Zwang von weihnachtlichen Familienfeiern entstehen. Charaktere Tamara, Elisabeth und Ingmar sind Geschwister, die sich als Erwachsene voneinander entfernt haben. Die Enttäuschung darüber führt zu Streit, in den auch die jeweiligen Partner und Kinder mit einbezogen werden. Es sind Figuren von nervig bis unangenehm, die sich familiär verpflichtet fühlen, das Fest gemeinsam zu feiern. Besonders Tamara ist eine zutiefst unsympathische Protagonistin. Vielleicht müsste man Geschwister haben, um diese Geschichte besser nachvollziehen zu können, aber eine Schwester wie Tamara, danke nein. Handlung Der Handlungszeitraum umfasst nur zwei Tage, den 23. und 24. Dezember. Rückblenden und Kindheitserinnerungen ergänzen die aktuellen Ereignisse. Der Roman ist in insgesamt sieben Kapitel eingeteilt und die Autorin wählt die personale Erzählform, wobei sie die Sichtweise öfter wechselt. Fazit Die „magische Botschaft“, von der auf dem Klappentext die Rede ist, konnte ich in diesem Roman nicht finden. Wenn man es sich mit einer stimmungsvollen Lektüre für die Vorweihnachtszeit gemütlich machen will, ist dieses Buch die falsche Wahl.
"„Warum mussten sie eigentlich jedes Jahr alle zusammen Weihnachten feiern? Es war doch schon von vornherein klar, dass es wieder schiefgehen würde.“ (Zitat Seite 25)"
Inhalt Ein altes Zollhaus an der österreichischen Grenze, auf der anderen Seite die Tschechoslowakei. Dort wächst Malina mit ihren Eltern und ihren beiden Schwestern auf. Zum Spielen hatten sie die freie Natur, nur der Grenze durften sie nie zu nahe kommen. Manchmal zerwackelt die Gegenwart um Malina, sie sieht und spürt Dinge und dieses Anderssein macht sie auch in der Familie zu einer Fremden. Nur der Vater versucht, sie zu verstehen und für sie da zu sein. Thema und Genre In diesem Roman geht es um Grenzen, um reale und symbolische, metaphorische, sowie deren mögliche Überwindung. Auch unterschiedliche philosophische Sichtweisen spielen eine wichtige Rolle. Charaktere Die Hauptprotagonistin Malina ist ein besonderes Mädchen. Sie ist phantasievoll und überschreitet nicht nur die reale Grenze zwischen West und Ost, sondern es verschieben sich auch die Grenzen ihrer Wahrnehmung zwischen Wirklichkeit und philosophisch-metaphysischer Parallelwelt. Handlung und Schreibstil Der Roman ist in vier Teile gegliedert, diese wiederum in Kapitel. Erzählt wird die Geschichte großteils von Malina. Die Ereignisse finden im Jahr 1989 statt, dem Jahr der Öffnung der Grenzen, was in die Geschichte einfließt. Doch auch die Zeit verwischt sich in diesem Roman zwischen mehreren Ebenen. Die Zeit, die Malina in der Klinik verbringt, scheint sich über das Jetzt von Raum und Zeit auszuweiten, grenzenlos. Ähnlich ausufernd ist auch die Sprache. Fazit Ich wollte dieses Buch lesen, da es die Kindheit von Malina, Protagonisten auch im Roman „Großmutters Haus“, schildert. Beides sind eigenständige Romane und die Reihenfolge spielt daher keine Rolle. Dieses Buch hier ist eine magische, philosophische Geschichte zwischen kindlich und surreal. An manchen Stellen war mir die Fülle der Gedanken, Dichte, Wortschöpfungen zu viel und ich habe den Esprit von „Großmutters Haus“ vermisst.
"„Den allerwenigsten gelingt es, freizukommen. Die meisten sind einfach nur sie selbst, bleiben ein Leben lang in sich gefangen.“ (Zitat Seite 67)"
Genre, theme and content Illustrations and relating texts for every minute, day and situation in the life of a book addict. Humorous, funny comics to make a bookworm laugh aloud with pleasure, smiling and nodding in agreement. Debbie Tung perfectly understands the everyday problems of bibliophiles and how it feels to be one. Conclusion A perfect gift for booklovers, for bibliophiles knowing the meaning of “SUB” and owning some of it. A book to flip through, read and enjoy time and again.
"“How to spot a Bookworm – Saying they’ll just have a quick browse but come our looking like they bought a whole shelf.” (Quotation page 106, 107)"
Inhalt Mehr als fünfundzwanzig Jahre lang hat Sara das Riverside Bookshop geführt, nach ihrem Tod erbt es ihre Nichte Charlotte. Doch Charlotte, nach nur wenigen glücklichen Ehejahren plötzlich eine junge Witwe, hat in Schweden ihr eigenes Kosmetik-Unternehmen erfolgreich aufgebaut und so fliegt sie nur nach London, um das Haus samt Buchhandlung so rasch wie möglich zu verkaufen. Diese gemütliche alte Buchhandlung, die beiden engagierten Mitarbeiterinnen und der eigenwillige Kater Tennyson üben sofort eine besondere Anziehungskraft auf Charlotte aus. Auch der verstorbenen Tante Sara fühlt sie sich in dieser Umgebung eigenartig verbunden, obwohl sie diese nie kennengelernt hat, weil ihre Mutter nie über ihre Schwester gesprochen hat. Wird es ihr gelingen, die stark verschuldete Buchhandlung zu retten und vor allem, will sie es überhaupt versuchen? Thema und Genre In diesem Wohlfühlroman geht es um eine kleine Buchhandlung in London, um Verlust, Freundschaft, Vertrauen, Familie, ein Familiengeheimnis und Chancen auf einen Neubeginn. Natürlich ist auch die Liebe in unterschiedlichen Facetten ein Thema, und vor allem Literatur und Bücher. Charaktere Charlotte Rydberg ist jung, kinderlos und hat den plötzlichen Unfalltod ihres Ehemannes Alex vor einem Jahr noch nicht verarbeitet. Sie ist eine engagierte, erfolgreiche Geschäftsfrau. Dennoch agiert sie immer wieder zögerlich und hält wichtige Fakten vor ihren Angestellten geheim, was wiederum zu Missverständnissen führt. Ihre Selbstzweifel bringen Spannung in die Geschichte, passen aber nicht ganz ins Bild der cleveren Unternehmerin. Sam und Martinique, das Team der Buchhandlung, sind sehr sympathische, in ihrer eigenwilligen Art stimmige Charaktere. Handlung und Schreibstil Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt. Die aktuelle Handlung spielt in der Jetztzeit in London und betrifft die Situation der Buchhandlung, als Charlotte diese erbt. Sie beginnt Ende August und endet Anfang November. Der zweite Teil betrifft die Charlotte unbekannte Vergangenheit und beschreibt die Jugendjahre von Sara und Kristina, Charlottes Mutter. Beide Handlungsstränge werden abwechselnd in kurzen Kapiteln erzählt, durch Zeitangaben als Kapitelüberschrift ist die Zuordnung einfach. Der Schreibstil ist dem Genre angepasst, angenehm zu lesen und mischt gekonnt Spannung und interessante Beschreibungen. Fazit Ein Wohlfühlroman für entspannte, vergnügte Lesestunden zum Träumen und Abschalten. London als Ort der Handlung ist detailliert und lebendig beschrieben und das Riverside Bookshop möchte man beim Lesen sofort besuchen. Sicher auch ein willkommenes Geschenk für Leserinnen, die gerne Romane über Bücher, Literatur und Buchhandlungen lesen.
"„Alles kam ihr seltsam vertraut vor. Gleichzeitig schien es ihr, als wäre sie hundert Jahre in der Zeit zurückgereist.“ (Zitat Seite 28)"
Inhalt Bücher haben Malina schon immer fasziniert und ihre Berufswahl beeinflusst. Sie war vom Land in die Stadt gezogen, wo sie ein unabhängiges, zurückgezogenes Leben führt. Geld verdient sie mit einer Teilzeitstelle in einer Bücherei, gleichzeitig studiert sie Germanistik und Literaturwissenschaft. Eines Tages erhält sie ein Paket von ihrer Großmutter. Im wahrsten Sinne von der Familie totgeschwiegen, lebt diese, und dies aktiv, lebensfroh und sehr eigenwillig. Malina zieht ihren Urlaub vor und fährt zu der alten Dame, Kristyna-Oma nennt sie sie und hat viele Fragen, an die Oma und an das Universum. Wird sie Antworten finden? Thema In diesem Roman geht es um eine besondere Beziehung zwischen Enkelin und Großmutter, um Familie und Lebensfreude, um Liebe, Freiheit und die Suche nach dem persönlichen Platz im Leben. Charaktere Kristyna lebt in einem alten Haus auf dem Land, irgendwo am Waldrand. Alter ist kein Thema für sie, sie hat ihr Leben immer bunt und nach eigenen Vorstellungen gelebt und dies tut sie auch jetzt noch. Malina hat ein Verhältnis mit einem älteren, verheirateten Mann und hat vor, diese Beziehung, die im Grunde keine echte Beziehung ist, zu beenden. Die erste Antwort auf ihre Frage über den Sinn des Lebens, die sie ihrer Großmutter stellt, ist ein Joint, eine spezielle Kräutermischung, hergestellt von ihrer Oma. Es warten noch einige Überraschungen auf Malena. Handlung Die Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen, denn genau zwei Wochen Urlaub hat Malena für den Besuch bei ihrer Großmutter zur Verfügung. Ergänzt durch wenige, erklärende Rückblenden, spielt die Handlung in der Gegenwart, erzählt von Malena in der Ich-Form. Im Mittelpunkt stehen die Gespräche zwischen Enkelin und Großmutter, der ruhige Tagesablauf in Verbindung mit dem Leben in der Natur. Malena fragt nicht nur, sie beobachtet auch und manche Ereignisse haben etwas Magisches. Es ist ein poetisches Buch, erzählt in einer lebendigen Sprache. Man liest die Freude des Autors an Sprachspielereien, die sie seine Schilderungen noch bunter und lebhafter gestalten. Fazit Eine poetische, magische und gleichzeitig einfache Geschichte um die Suche nach dem Sinn des Lebens, bunt und üppig erzählt in einer lebhaft-beschreibenden Sprache. Ein Buch für Menschen, die beim Lesen des folgenden Satzes sofort das entsprechende Bild vor Augen haben und jedes einzelne Wort genießen: „Das Auto parkte hinter den Holunderstauden und in der eigenen Staubwolke, die sich zeitverzögert herangewälzt hatte, den Wagen verschlang und nach und nach erst freigab, indem sie, müde und seiner überdrüssig, zu Boden sank.“ (Zitat Seite 149).
"„In Großmutters Haus würde ich diese Tür klar vor mir sehen, wissen, dass dahinter die Antworten auf all meine Fragen, auch die noch ungestellten, lägen. Und nichts weiter wäre zu tun, als hindurch zu spazieren, um hinter dieser Tür lächelnd zu erkennen, dass keine einzige Frage mehr nötig war.“ (Zitat Seite 20)"
Inhalt Gustav Meyrink, der bekannte Autor des „Golem“, braucht dringend einen neuen erfolgreichen Roman, um seinen aufwändigen Lebensstil weiterhin finanzieren zu können. Demnächst wird er fünfzig Jahre alt und es fehlen ihm die Ideen für einen neuen Stoff. Als er 1917 vom Auswärtigen Amt in Berlin angefragt wird, ob er eine Auftragsarbeit schreiben will, stimmt er nach kurzem Überlegen zu. Allerdings muss der neue Roman beweisen, dass die Freimaurer am Ausbruch des Ersten Weltkriegs schuld sind. Hier beginnt das Problem für Meyrink, denn trotz der umfangreichen Unterlagen, die er aus Berlin erhält, hat er keine Idee, wie er dies umsetzen soll und er will dieses Buch auch nicht schreiben. Thema und Genre Dieser biografische Roman schildert eine spannende Episode im Leben des Schriftstellers Gustav Meyrink. Der Autor verknüpft gekonnt Fakten mit der Geschichte und Handlung, die er in seinem Buch erzählt. Charaktere Der Schriftsteller Gustav Meyrink, Mitglied in mehreren okkulten Geheimbünden, ist ein unpolitischer Mensch, obwohl er natürlich informiert ist und ein guter Beobachter. Er braucht das Honorar, das ihm von Berlin angeboten wird und geht eine Verpflichtung ein, als er den Vorschuss gegen sein besseres Wissen annimmt. Er kämpft mit dem eigenen Gewissen und dies führt zu einer Schreibblockade. Der Autor hält sich bei der Schilderung des Hauptprotagonisten an die bekannten biografischen Tatsachen, die er in die Problematik seines Romans einbaut. Handlung und Schreibstil Die Handlung erstreckt sich über einen kurzen Zeitraum 1917/1918, und wird durch Rückblenden ergänzt, welche vergangene Ereignisse im Leben Meyrinks schildern, sodass sich für den Leser aus dem Roman auch eine Biografie des Schriftstellers ergibt. Geschrieben in der personalen Erzählperspektive mit Fokus auf den Hauptprotagonisten Meyrink, wechseln die Erinnerungen in die Ich-Form. Ergänzt wird die Handlung durch sachliche Recherchenotizen, welche einzelne Fakten belegen. Der Roman mischt gekonnt Tatsachen mit Fiktion und als Leser fühlt man sich mitten in den Ereignissen, spürt die Zerrissenheit Meyrinks, aber auch seine humorvoll-kritische Art, das Leben, auch sein eigenes, zu sehen. Genial ist die Lösung, die der Autor als Meyrinks Idee für die Umsetzung dieses problematischen Auftrags anbietet. Poschenrieders Sprache ist großartig zu lesen, seine Beschreibungen treffen den Punkt, sie malen Bilder und sehen seine Hauptfigur Meyrink mit sachlichem Humor, dessen Zweifel auf Grund des eigenen Verhaltens werden intensiv und nachvollziehbar charakterisiert. Die Schilderung der Schreibblockade zum Beispiel ist Sprachperfektion und Lesegenuss. Fazit Ein biografischer Roman, in dessen Mittelpunkt das abwechslungsreiche Leben des Schriftstellers Gustav Meyrink steht und hier vor allem eine politische Auftragsarbeit, die er gegen Ende des Ersten Weltkriegs auf Grund von Geldsorgen angenommen hatte. Eine spannende, sprachlich großartige Mischung aus Fiktion und Fakten.
"„Meyrink fühlt sich erloschen. Der Docht nimmt keine Flamme an. Bis über die Knöchel steht er in abgebrannten Zündhölzern.“ (Zitat Seite 153)"
Inhalt Über ein Jahr lang schrieb Mechthild Grossmann, 79 Jahre alt, gemeinsam mit ihrer Enkelin die „Oma-Kolumne“ in der Süddeutschen Zeitung. Hier sind die Artikel nun in Buchform zu lesen. Thema und Genre Es sind kurze Artikel, Essays, über den Alltag im Leben eines älteren Menschen. Mechthild Grossmann macht sich über viele Themen Gedanken, sie erzählt von den angenehmen Seiten des Alters, das ungezwungene Leben in einem nur mehr mit freiwilligen Terminen gefüllten Alltag. Es geht um Familie und Liebe, natürlich sind auch Krankheit, Tod und Abschiede ein Thema. Manche Buchhandlungen führen dieses Buch als Selbsthilfebuch, Lebenshilfebuch, für mich ist es eine Sammlung von Alltagsgeschichten und Gedanken über das Leben in seinen vielen Facetten. Umsetzung Mechthild Grossmann lebte ihr Leben als Hausfrau, Mutter, Großmutter, ohne je berufstätig zu sein. In der Kolumne, die sie mit ihrer Enkelin, einer ausgebildeten Journalistin, für die SZ geschrieben hat, setzt sie sich gedanklich und rückblickend mit vielen Stationen ihres Lebens auseinander, lebt die schönen Erinnerungen. Gleichzeitig beschreibt sie ihren aktuellen Alltag als Frau von beinahe achtzig Jahren, die gelernt hat, das Leben zu genießen. Es geht ihr darum, ihre Erinnerungen zu teilen, um junge Menschen, die selbst Enkel und Enkelinnen sind, anzuregen, mehr mit den eigenen Großeltern zu reden, die Gemeinsamkeiten neu zu entdecken. Ihr Buch soll auch zeigen, dass das Leben in jedem Lebensalter lebenswert ist. Es sind kurze Artikel, sprachlich eben Kolumnen, einfach und leicht zu lesen. Man hat sich offensichtlich entschieden, für das Buch keine Überarbeitungen in Sinne von Übergängen durchzuführen, sodass zum Beispiel alle Abschnitte über die Alzheimer-Krankheit des Ehemannes mit den selben einleitenden Erklärungen beginnen, was für Zeitungsleser, die vielleicht diese Kolumne nicht immer gelesen haben, wichtig ist, im Buch aber zu einer Betonung des Themas Krankheiten führt, obwohl in einem anderen Artikel die Autorin gerade eben nicht immer nur über Krankheiten reden will. Es dennoch tut, ausführlich über ihre Hüftoperation berichtet. Wunderbar ist die erste Geschichte im Buch, in der es um einen roten Mantel geht und die Geschichten rund um Weihnachten. Andere dagegen lesen sich für mich eher belehrend, als humorvoll, wie vom Verlag im Klappentext beschieben. Fazit Dieses Buch ist eine gebundene Ausgabe von Zeitungskolumnen zu vielen unterschiedlichen Themen des Lebens, mit dem Schwerpunkt Älterwerden. Die Autorin genießt ihr freies Leben als Seniorin und lässt uns Leser daran teilhaben. Ich wollte es auf Grund der Leseprobe, das erste Kapitel im Buch, lesen, denn diese Geschichte rund um einen roten Mantel hat mir sehr gut gefallen, zum bejahend Nicken und Schmunzeln gebracht. Leider reichen die meisten nachfolgenden Kapitel nicht an diese wunderbare erste Geschichte heran.
"„Ich habe beschlossen, dass in meinem Leben noch etwas Frühling zu sein hat.“ (Zitat Seite 19)"
Inhalt Lea Winter erzeugt in ihrer „Chocolaterie Winter“ in Würzburg hochwertige Pralinen, ihre eigenen Kreationen und sie liebt es, immer neue Köstlichkeiten zu entwickeln. Doch jetzt ist sie schon seit Monaten mit der Miete in Rückstand und wird, wenn kein Wunder geschieht, den Laden schließen müssen. Ihre Mutter hatte ihren Vater verlassen, als Lea ein kleines Kind war und seither verschwunden. Doch plötzlich erkennt Lea auf einem Bild in einer Fachzeitschrift ihre Mutter Anne, die in München für einen berühmten Chocolatier arbeitet. Trotz der Sorgen um ihre Chocolaterie fährt Lea zu ihrer Mutter, um endlich zu erfahren, was damals wirklich geschehen ist. Thema und Genre In diesem Frauen-Unterhaltungsroman geht es um eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung, um Geheimnisse in der Vergangenheit, die auch die Gegenwart beeinflussen, um Freundschaft, Vertrauen und Liebe und natürlich um köstliche Schokolade. Charaktere Schon seit frühester Kindheit begeistert Lea sich für Schokolade und die Herstellung hochwertiger, kreativer Produkte. Die Tatsache, dass ihre Mutter sie vor vielen Jahren verlassen hat, beschäftigt die heute einunddreißigjährige Frau noch immer. Sie liebt ihre Tätigkeit als Chocolatiere, sie ist jedoch keine Geschäftsfrau und trifft manchmal übereilte Entscheidungen. Dennoch ist sie eine mutige Kämpferin und gibt nicht auf. Anne ist schwer zu durchschauen. Erfolgsgewöhnt und egoistisch, hütet sie ihre Geheimnisse und für sie gibt es immer mehrere Wahrheiten. Handlung und Sprache Die Geschichte wird von Lea Winter selbst in der Ich-Form erzählt. Dadurch werden für den Leser auch ihre Zweifel und Gedanken erkennbar, wenn auch nicht immer nachvollziehbar. Die Handlung spielt in Würzburg und München. Der kurze Handlungszeitraum macht die Geschichte spannend. Sehr interessant sind die Schilderungen über die Herstellung von handgearbeiteten Pralinen und Schokoladetrüffeln. Die Sprache ist lebhaft, angenehm flüssig zu lesen und passt zum Genre. Fazit Ein Wohlfühlroman, in dessen Mittelpunkt eine ernste Problematik steht, der jedoch durch das zweite Thema Schokolade wieder versüßt und vom Duft nach Zimt, Koriander, Orangen begleitet wird. Perfekt für unterhaltsame, gemütliche Lesestunden, sicher nicht nur im November.
"„Mein Traum. Es war ein Risiko gewesen von Anfang an, aber ich wollte so gern meine eigenen Pralinen entwickeln, die Menschen mit ihnen verführen.“ (Zitat Seite 161)"
Thema und Inhalt Wie der Titel schon sagt, ist das Thema die Sehnsuchtsstadt Venedig und die sie umgebende Lagune. Aus dem Material, das der Autor zwei Jahre lang auf seinen Touren durch Venedig und die Lagune gesammelt hat, ist nach intensiver Sichtung und Auswahl dieses Buch entstanden. Es führt den Leser in vier unterschiedlichen Touren zu versteckten, auch den Touristenströmen weitgehend unbekannten Orten, Plätzen, Gebäuden. Ausgehend vom Markusplatz, über die Insel Giudecca, über den Lido und Pellestrina bis zu kleinen, verwunschenen Inseln in der Lagune. Stimmungsvolle Fotografien ergänzen dieses einzigartige Buch, das sich wie ein Tagebuch liest, mit Erzählungen zu einzelnen Plätzen, bekannte Situationen, poetisch in Worte gefasst. Gestaltung und Umsetzung Eingeteilt ist das Buch in in vier übergeordnete Teile, wobei jeder dieser Teile gleichzeitig eine Tour ist. Jeder Teil ist in Kapitel unterteilt. Die Titelseite enthält die jeweiligen Tour-Highlights und eine Zeitangabe zur Dauer der Tour. Die erste Tour beginnt auf dem Markusplatz, die zweite führt auf die Insel Giudecca, die dritte hat den berühmten Lido mit dem breiten Sandstrand und Pellestrina zum Thema. Der vierte Teil, Verlassen, Verwunschen und Versunken, handelt von den beinahe vergessenen, einsamen kleinen Inseln der Lagune. Es sind Orte von historischer Bedeutung, wie die Quarantäne-Insel aus der Zeit der Pestepidemie, aber auch mystische Orte mit ihren geheimnisvollen Geschichten. Die übersichtliche Aufteilung ist sehr gut gelungen und durchdacht. Eigene Geschichten, Stimmungsbilder, in Worte gefasst, als Ergänzung zu den zahlreichen Fotografien wechseln mit Wissenswertem und Zusatzinformationen ab, wobei diese Fachartikel deutlich durch eine andere Schrift, eine alte Proportionalschrift, abgegrenzt und daher sofort erkennbar sind. Die zugrunde liegende Literatur ist am Ende des Buches aufgelistet. Auch diese Zusatzinformationen gehen weit über das bekannte Wissen der üblichen Reiseliteratur hinaus. Zwischen den einzelnen Geschichten oder auch erklärend zu manchen Fotografien, sind besonders einprägsame Textauszüge als Zitat wiederholt. Ergänzt werden die Schilderungen durch Ausflüge in die frühe oder zeitgeschichtliche Vergangenheit Venedigs, Wissenswertes in Kurzform. Vieles davon wird auch regelmäßigen Venedig-Besuchern noch neu sein. So wie viele der besonderen, oft versteckten Örtlichkeiten, die der Autor erkundet hat und in diesem Buch beschreibt. Eine Karte am Ende jeder Tour, grafisch sehr ansprechend und einheitlich klar gestaltet, zeigt die Standorte der beschriebenen und nützlichen Adressen, dazu Restauranttips und besondere Geschäfte. Zusätzlich findet sich im Infoteil am Schluss der jeweiligen Tour Wissenswertes zu besonderen Themen, sei es eine Aufstellung der Buchhandlungen in Venedig, oder ergänzende historische Fakten, oder besonders düstere Geschichten zu einzelnen Gebäuden und Örtlichkeiten. Rezepte zu in den Texten erwähnten Speisen runden das Gesamtbild ab. Fazit Dieses Buch ist kein Reiseführer, sondern vielmehr eine Begleitlektüre, die man nach Venedig mitnehmen möchte, um immer wieder darin zu schmökern, irgendwo abseits des Trubels auf irgend einer Stufe sitzend. Bis es so weit ist, eignet sich diese literarische Liebeserklärung an Venedig perfekt dazu, wenigstens die Sehnsucht in Gedanken die Reise zu schicken.
"„Eine leichte Abendbrise weht den salzigen Duft der Adria über mein kleines Paradies am äußersten Ende des Wellenbrechers, wo sich gerade die Erlebnisse des heutigen Tages sowie der letzten Wochen und Monate, gleich einem Puzzle, zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen.“ (Zitat Seite 9)"
Inhalt Ferdinand Meersen, ein angesehener Kunsthändler wird brutal ermordet und mit ihm auch seine Familie. Kriminalhauptkommissarin Marie Winter muss den BKA-Profiler Daniel Parkov, den sie beinahe drei Monate lang nicht gesehen hat, überzeugen, die Ermittlungen zu unterstützen. Der neuen Sonderermittlergruppe Apostel steht eine einflussreiche Organisation, die Vier Apostel, gegenüber, dazu eine geheimnisvolle Person, die sich Orakel nennt und die wiederum einen Profikiller auf die Vier Apostel angesetzt hat. Dieser Profikiller ist den Ermittlern immer einige Schritte voraus, woher bekommt er seine Informationen? Thema und Genre In diesem spannenden Thriller geht es um internationale Geschäfte, die Höchstgewinne einbringen, um Menschenhandel. Themen sind vor allem Schuld, Gerechtigkeit und Rache, sowie die wichtige Frage nach der Berufsethik von Ermittlern. Für Parkov ist in manchen Situationen ein Vorgehen außerhalb aller Regeln legitim, was für Marie undenkbar ist. Charaktere Parkov wird gebraucht, ist aber seit seinem letzten Einsatz immer noch gesundheitlich beeinträchtigt. Er hatte sich mehrere Monate lang auch von Winter zurückgezogen, was diese nicht versteht. Ihre Beziehung ist daher gerade problematisch, was die gemeinsame Ermittlungsarbeit teilweise schwierig gestaltet. Dazu kommen die sehr unterschiedlichen Meinungen betreffend die Wahl der Mittel, als der Einsatz extrem gefährlich wird. Diese Diskussionen machen sie zu Figuren in einem Spiel, sie können nur reagieren, statt zu agieren und das führt zu Fehlern. Handlung und Schreibstil Die Handlung ist in drei übergeordnete Teile plus Epilog eingeteilt, sowie in 65 durchlaufend nummerierte Kapitel. Der erste Teil spielt in Frankfurt, der zweite Teil führt das Team in einen kleinen Ort in Russland und der dritte Teil in die französische Schweiz. Die Ereignisse spielen innerhalb eines realistisch knappen Zeitraums, nur ein Mal gibt es einen Sprung über zwölf Tage. Der Konflikte über die Wahl des Vorgehens unter berufsethischen Gesichtspunkten führen zu Diskussionen zwischen Parkov und Winter, was teilweise den Spannungsbogen unterbricht. Doch die vielschichtige Geschichte und die rasche Aufeinanderfolge der Ereignisse bauen die Spannung sofort wieder auf. Diesmal endet der Einsatz mit einem gewaltigen Show-down und einem ebenso heftigen Cliffhanger. Doch in in einem Kapitel am Beginn des dritten Teiles hat der Autor einen wichtigen Hinweis versteckt, ein wirklich genialer Einfall. Fazit Dieser vierte Band einer Serie um den exzentrischen, unkonventionellen Profiler Parkov und die entschlossene, ebenso unnachgiebige Ermittlerin Winter enthält in kurzen Rückblicken alle notwendigen Erklärungen, um auch neu in die Serie einzusteigen. Ein packender Thriller, vielschichtig, komplex, mit überraschenden Wendungen und mit aktuellen Themen und Situationen, wo man sich als Leser unwillkürlich fragt, wie man selbst entscheiden würde. Spannende Unterhaltung mit Tiefgang.
"„Ja, sie hörte es auch. Das war nicht nur der Wind, der hier rauschte un die zerbrochenen Fenster und das alte Holz ächzen ließ … da war noch etwas. Jemand.“ (Zitat Seite 102)"
Inhalt Nur fünf freie Plätze gibt es jährlich für das Regiestudium der Erwin Piscator Hochschule für Schauspielkunst in Berlin. 1995 geht für die einundzwanzigjährige Katharina Nachtrab ein Traum in Erfüllung, sie wird aufgenommen. Der berühmte Regisseur Korbinian Brandner, Professor an dieser Hochschule, wird den Lehrgang als Mentor selbst unterrichten. Am 16. Januar 1912 war der expressionistische Lyriker Georg Heym beim Schlittschuhlaufen auf der Havel ertrunken, als er seinen Freund rettete. Am 16. Januar 1996 soll Heyms Faust-Fragment aufgeführt werden. Jeder der fünf Regiestudenten erhält von Brandner nur einige Sätze zur Bearbeitung und muss die eigene Szene mit den jeweils anderen fünf Mitgliedern der Gruppe als Schauspieler auf die Bühne bringen. Doch zunächst müssen sie die Zusammenhänge finden und eine intensive Spurensuche beginnt. Doch statt der Aufführung gibt es am 16. Januar 1996 auf der Probebühne einen Toten. Thema und Genre Dieser Roman spielt in der Welt des Theaters und zeigt die Extremsituationen für junge Schauspieler und Regisseure, den enormen Druck schon während der Ausbildung. Das Buch handelt von Ehrgeiz und Träumen sich künstlerisch zu verwirklichen, von Grenzen, die dabei überschritten werden. Es geht um Realitäten, die sich verwischen und in Besessenheit enden. Hier ist Faust das Kernthema, Mephisto, Mystik, Georg Heym und sein Fragment. Die Handlung spielt 1996 in Berlin, wo die Wende das Ost-West-Denken noch lange nicht beendet hat und die politische Vergangenheit noch sehr präsent ist. Charaktere Die Autorin zeichnet jeden ihrer unterschiedlichen Charaktere stimmig und nachvollziehbar bis ins Detail und mit einer Vielfalt von unterschiedlichen Eigenschaften, was mit zur Spannung und Faszination dieses Romans beiträgt. Brandner, der geniale Regisseur, der die Schwächen seiner Schüler schonungslos beim Namen nennt, ein Dämon, der gegen die eigenen Dämonen kämpft. Katharina, Tadeusz, Schwarz, Francois und Nele fühlen sich bald als Gruppe, doch das Faust-Fragment macht sie zu ehrgeizigen Konkurrenten, obwohl sie als Team zusammenarbeiten müssten. Handlung und Schreibstil Die Geschichte ist vielschichtig, denn jeder der Protagonisten kämpft nicht nur um den eigenen künstlerischen Erfolg, der schon in diesem ersten Studienjahr von der Schulleitung laufend hinterfragt wird, sondern auch gegen die eigenen Dämonen, Ereignisse, die ihr bisheriges Leben geprägt haben und ihr Verhalten noch immer beeinflussen. Die Handlung beginnt mit einem Prolog, der gleichzeitig Rückblende und Vorschau ist und endet mit einem kurzen Epilog. Die einzelnen Kapitel sind in fünf übergeordneten Hauptteilen zusammengefasst. Katharina ist die Ich-Erzählerin, doch die Autorin wechselt die Erzählperspektive und zeigt in einzelnen Kapiteln auch die Gedanken und Handlungen der anderen Hauptprotagonisten auf, eine geniale Vorgehensweise, um dem Leser weitere Informationen zu geben, die Katharina nicht wissen kann. Dies gibt der Handlung einen unwiderstehlichen Sog und Spannung. Fazit Ein atmosphärisch dichter, vielschichtiger und spannender Roman. Nicht nur die Handlung, auch die Sprache fasziniert. Lebendige Schilderungen, Metapher als Verweise auf Georg Heyms Lyrik, Symbole und Charaktere zwischen realer Zerrissenheit und Besessenheit für die Kunst überzeugen. Ein Buch und Leseerlebnis, das begeistert.
"„Sie werden seine Welt betreten und durch seine Abgründe schreiben. Sie werden seine Zerrissenheit spüren, seine Qualen, sein Genie. Sie werden seinen Dämonen begegnen – und ihren eigenen.“ (Zitat Seite 115)"
Inhalt „Ist das Leben lesenswert?“ fragte William James, Mitbegründer des neuen Denkschule des philosophischen Pragmatismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Amerika. Diese Frage stellt sich auch der junge Philosophieprofessor John Kaag im Jahr 2008, als sein Leben in einer tiefen Krise steckt. Bis er in einer Bäckerei in Chococua auf Bunn Nickerson trifft. Der Dreiundneunzigjährige ist auf dem nahegelegenen Landsitz „West Wind“ von William Ernest Hocking aufgewachsen und fährt mit Kaag spontan zur Bibliothek Hockings, die sich immer noch in einem der Gebäude befindet. Kaag denkt an William James Aussage „Wer darauf verzichtet, eine sich darbietende einzige Gelegenheit zu ergreifen, verliert den Preis ebenso sicher, als wenn er den Versuch machte und keinen Erfolg hätte.“ Denn der Blick durchs Fenster hat sofort sein Interesse geweckt und die Tür ist nicht verschlossen. Schon bei diesem ersten, kurzen Stöbern in den vielen philosophischen Schätzen, Erstausgaben, Notizen, Briefen, die hier zu finden sind, nimmt diese Bibliothek John Kaag völlig gefangen und lässt ihn nicht mehr los. Es scheint, als hätten sie gegenseitig aufeinander gewartet, die großen amerikanischen Denker und ihre europäischen Vorbilder und der moderne, junge Philosoph. Zuerst schweigt er über seinen Fund, dann erzählt er seiner Kollegin Carol Hay, ebenfalls Professorin für Philosophie an der University of Massachusetts Lowell, von der Bibliothek und von da an arbeiten sie gemeinsam und kommen einander auch persönlich näher. Thema Dieses beeindruckende Buch beschreibt die Entdeckung und Aufarbeitung einer in Vergessenheit geratenen Privatbibliothek der bekannten amerikanischen Philosophen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Wir finden kurze Biografien, auch unter Einbeziehung des persönlichen Lebens, Beziehungen und Familie, von berühmten Denkern unterschiedlicher Richtungen und Ideen wie William James, William Ernst Hocking, Agnes Hocking, Ralph W. Emerson, Charles Sanders Peirce, Josiah Royce, Alfred North Whitehead, Friedrich W. J. Schelling, Georg W. F. Hegel und natürlich Immanuel Kant und viele weitere. Der Autor schreibt über die wichtigsten philosophischen Strömungen, Themen sind Transzendentalismus, Amerikanischer und Deutscher Idealismus, Amerikanischer Pragmatismus, das Buch ist eine erzählte Philosophiegeschichte der Vereinigten Staaten. Kernthemen für uns heutige Leser sind Selbstbestimmung, eigenständige Entscheidungen, Freiheit im Denken und Handeln, Spiritualität, Gleichberechtigung, Freundschaft, Partnerschaft und Familie, Liebe, kurz: das Leben. Handlung und Umsetzung Mit Bezug auf Dante und Beatrice und auf die eigene Situation in dieser Zeit teilt der Autor das Buch in drei Teile, HÖLLE, FEGEFEUER, ERLÖSUNG. Diese wiederum sind in Kapitel unterteilt. Als John Kaag die Bibliothek das erste Mal sieht, wirkt alles verlassen, vergessen. Vom ersten Kontakt an unterstützen die Mitglieder der Familie Hocking den Autor in seinem Vorhaben und sind mit der Idee, einen erheblichen Teil der Bücher nach einer Katalogisierung und Schätzung des Bestandes als Schenkung an die O’Leary Library der University of Massachusetts zu stiften. Kaag gibt uns Lesern hier zwar einen fundierten, sehr komplexen Einblick in das philosophische Denken, doch er erzählt uns darüber, vergleicht einzelne Passagen und wichtige Kernaussagen, bringt sie mit heutigen alltäglichen Situationen und Gedanken in Verbindung, beschreibt, aber wertet nicht, mit Humor gelingt ihm hier eine faszinierende Kombination aus wissenschaftlichem Denken und gelebtem Alltag. Dies erreicht er, indem er über das jeweilige Buch erzählt, über den Verfasser desselben, manchmal eingebettet in Beschreibungen wie: „Ich legte den Cudworth auf den Küchentresen und trollte mich ins Bett mit dem Gedanken, dass amerikanische Philosophie einen Idealismus und eine Sympathie für das menschliche Gefühl übernommen hatte, die das Leben ein wenig erträglicher machte.“ (Zitat Seite 195) Er nimmt uns Leser mit auf eine Reise, die uns rasch in ihren Bann zieht, uns nicht mehr loslässt und auch viele eigene Gedanken anregt. Fazit Bis zu diesem Buch wusste ich nicht, das Philosophie so packend, spannend, interessant und vor allem, so lebendig sein kann. Natürlich musste ich viele der Passagen, wenn es um die Kernaussagen geht, mehrmals lesen, überdenken, nochmals lesen, doch ich tat es mit Genuss und Vergnügen. Dieses Buch fasziniert und macht Freude, regt auch an, sich weiter mit dem Thema Philosophie zu beschäftigen. Man sollte sich dafür Zeit und Ruhe nehmen und sich überraschen lassen.
"„Diese frühe amerikanische Philosophie handelte von Inspiration, davon, sich aus den lähmenden und alles tötenden Wegen der Vergangenheit zu befreien.“ (Zitat Seite 72)"
Inhalt Karl Ove Knausgård ist neunzehn Jahre alt, als er im Museum in Bergen, Norwegen, vor einem Bild von einer verschneiten Landschaft steht, eines von fünf ähnlichen Bildern, die Edvard Munch 1906 in Thüringen gemalt hatte. Genau dieses Bild hat der Autor vor Augen, als er an einer Rede zum 150. Geburtstag des Malers arbeitet. Etwa zwei Jahre später lädt das Munch-Museum in Oslo ihn ein, eine Munch-Ausstellung zu kuratieren. Er ordnet jedem der vier Räume ein Thema zu und entscheidet sich, aus dem Depot des Munch-Museums mit dem Nachlass des Künstlers Werke auszuwählen, die noch nie gezeigt worden waren. Gleichzeitig setzt er sich auf eine sehr persönliche Weise mit dem Künstler auseinander. Thema und Umsetzung Bei diesem Buch handelt es sich um keine Biografie und keineswegs nur um eine weitere kunstkritische Interpretation des Malers Edvard Munch und deiner Werke. Der Autor, ein bekannter norwegischer Schriftsteller, geht seinen eigenen Weg als Erzähler, indem er die Bilder chronologisch dem Leser nahebringt, beginnend mit den ersten noch erhaltenen Bildern, die Munch 1880, im Alter von sechzehn Jahren, gemalt hat. So zeigt er die Entwicklung auf, die Edvard Munch als Künstler durchmachte, die einzelnen Schaffensperioden und die eindrücklichen Veränderungen in Malstil und Farbe. Dies ist möglich, da Munch in den mehr als sechzig Jahren seiner künstlerischen Tätigkeit dieselben Motive immer wieder aufgriff und neu malte. So malte er Bäume auf seinem ersten Bild 1880 und auch auf seinem letzten 1944. Auch dem Thema Krankheit, „Das kranke Kind“ wendet er sich mehrmals zu, im Versuch, die Verluste während seiner Kindheit und vor allem die damit verbundenen Gefühle im Bild umzusetzen. Daher spielt auch die Biografie des Künstlers in diesem Buch eine Rolle, denn für den Autor sind gerade seine Bilder die gemalte Wirklichkeit des Lebens des Künstlers und seiner komplexen Persönlichkeit. „Er malte mit anderen Worten seine Erinnerungen und versuchte, die Gefühle von Neuem zu erschaffen, die sie einst in ihm ausgelöst hatten.“ (Zitat Seite 160) Das Buch ist in drei Teile eingeteilt, im ersten Teil zeigt der Autor seine eigene Beziehung zu Edvard Munch und seinen Bildern, im Mittelpunkt des zweiten Teiles steht die Erarbeitung der Ausstellung und die Gespräche über Munch, die Knausgård mit anderen Künstlern führte und um dritten Teil geht es um die Idee des Autors, den Entwicklungsprozess der Ausstellung auch filmisch zu dokumentieren und um seine Zusammenarbeit mit den Filmemachern Joachim und Emil Trier. Das Buch enthält vierzehn farbige Abbildungen der wichtigsten besprochenen Gemälde. Fazit Diese vielschichtige, literarische Annäherung zeigt uns Lesern die großartige Vielfalt der Bilder, die Munch abseits des allzu oft zitierten „Schrei“ geschaffen hat. Es ist ein sehr persönlicher Weg des bekannten norwegischen Schriftstellers, sich mit dem Leben und Werk von Edvard Munch auseinanderzusetzen, den Maler mit allen Sinnen und Gefühlen zu erfassen, nicht das zu wiederzugeben, das rückblickend in die Kunst interpretiert wird, sondern ein Versuch, in erzählende, beschreibende Worte zu fassen, was der Maler damals, in seinem Jetzt, darstellen wollte. „Doch wie lebt seine Kunst weiter? Die konkreten Bilder befinden sich an konkreten Orten – der größte Teil hängt in Museen -, so wie die Motive, die sie zeigen, sich an konkreten Orten befinden. Aber sie führen ihr Leben nicht im Konkreten, sondern in unserer Vorstellungswelt, im Inneren jedes Einzelnen von uns.“ (Zitat Seite 260). Dieses Buch trägt dazu bei, dass Edvard Munch und seine Bilder lebendig bleiben.
"„Er hatte nicht die Absicht, das Lebendige zu malen, sondern das Gemalte lebendig werden zu lassen. Für ihn hieß dies, das Entscheidende an dem einzufangen, was er sah.“ (Zitat Seite 45)"
Inhalt Mira Wiedner ist neun Jahre alt und verbringt einige Monate bei einer mit ihrem Vater befreundeten Diplomatenfamilie, während ihre Eltern die Scheidung abwickeln. Sie bewundert den siebzehnjährigen Sohn Milan und sein Vater Darius ist mit ein Grund für ihren Wunsch, für die Uno zu arbeiten. 2011 wird ihr Traum in New York Realität. Nach intensiven Vorbereitungen führt ihre erste Aufgabe sie 2012 nach Bujumbura, Burundi, wo sie die Aufarbeitung der Völkermorde der Jahre 1972, 1988, 1993 begleiten soll. Bald hat sie den Ruf, dass sie die Menschen dazu bringt, mit ihr und miteinander zu reden. Im April 2015 wird sie Assistentin des Sonderbeauftragten für Zypern und arbeitet 2017 in Genf an den Friedensverhandlungen für Zypern mit. Hier in Genf trifft sie Milan wieder. Thema und Genre In diesem Roman geht es um brisante Fragen zur Weltpolitik, um die internationalen Friedensbemühungen, die Rolle der UNHCR und der UN. Themen sind vor allem die Verantwortung im Umgang mit der Wahrheit, Idealismus und Realität, die Frage nach der Legitimierung der internationalen Eingriffe in die Interna eines Landes und die sich daraus ergebenden Folgen. Gleichzeitig geht es um die Auswirkungen dieser Tätigkeit auf das Privatleben der beteiligten Personen, vor allem, was Mira betrifft. Charaktere Die Hauptprotagonistin Mira ist für die UN mit Idealismus tätig und in der Überzeugung, tatsächlich etwas für den Frieden und für die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Krisengebieten zu tun. Ausgerechnet in diesem für sie speziellen Jahr 2017 in Genf, wo sie beginnt, ihren Standpunkt zu hinterfragen, trifft sie Milan wieder. Dies führt auch zu einer persönlichen Krise und lässt sie mit vielen offenen Fragen zurück, doch es ist niemals sie, die Konsequenzen zieht und geht. „Sucht man sich ein Leben aus?, fragte ich. Oder lebt man es nicht eher?“ (Seite 50). Sowohl Milan, beruflich auf dem Weg nach Den Haag, als auch Sarah, die sie während der Zeit in Burundi kennengelernt hat, geben sich keinen Illusionen in Bezug auf die Aktivitäten der UN hin, ihre Struktur, die Handlungsschwäche und die geschönten Berichte. „Zu viele Konflikte, zu viele Kosten, sagte Milan, die Leute wollen ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben, und wir sehen dabei zu, die dieses schöne Projekt namens Uno zu Ende geht. Soll man noch Geduld haben, oder sie verlieren?“ (Milan, Seite 12) „Aber was haben wir erwartet? Dass wir mal eben aus der Schweiz anrücken, ein bisschen Stacheldraht um ein Gelände spannen und darin den Entwicklungserfolg eines Landes beschließen, für das sich niemand interessiert außerhalb der Mission?“ (Sarah, Seite 29) Handlung und Schreibstil Die aktuelle Handlung spielt zwischen Februar 2017 und April 2018 in Genf, geschildert von Mira Wiedner in der ersten Person. Unterbrochen wird dieser Erzählstrang laufend durch Rückblicke, ihre Erinnerungen und Fragen nach dem „wie war es wirklich“, denen sie sich in diesem Jahr 2017 während ihrer Zeit in den Büros der Vereinten Nationen in Genf stellt. Sie erinnert sich an Gespräche, an politische Sackgassen und an sogenannte Nilpferde, Begriffe, die von den Korrespondenten in ihre Berichte eingefügt wurden, in der Hoffnung, dass diese durch alle Gremien weitergeleitet und nicht entdeckt würden, ein Spiel, „wir wünschten uns ein wenig Anarchie in den bürokratischen Strukturen“. Vor allem bleibt der Wunsch nach der Wahrheit hinter diesen politisch sensiblen, diplomatischen Versuchen zu vermitteln, doch diese Wahrheit ist geschönt, wie der Pfau, der gleichsam als Metapher für den schönen Schein immer wieder in der Bilanz der vergangenen Jahre auftaucht, die Mira 2017 rückblickend in Genf zieht. Es sind kurze Kapitel, die in rascher Reihenfolge ineinandergeschoben werden, doch Ort und Zeitangabe in den Überschriften sorgen dafür, dass der Leser den Überblick behält. Sprachlich ist diese Autorin fordernd, während sie bei der direkten Rede auf Satzzeichen verzichtet, setzt sie eine Fülle von Beistrichen ein, welche aus Gedankenfetzen, Schilderungen, Unterbrüchen, Gedanken und weiteren aneinandergereihten Feststellungen lange Satzgebilde bis zu Buchseitenlänge formen. Schon das komplexe Thema ist anspruchsvoll, die Sprache unterstreicht dies, die Autorin ist nicht bereit, den Leser in irgendeiner Form zu schonen. Fazit Ein Roman, der sich kritisch mit der internationalen Politik, den Friedensbestrebungen und der Frage nach der Wahrheit und der Legitimation der mächtigen UN-Institutionen auseinandersetzt. Gezeigt wird die vielschichtige, zeitlos brisante Problematik am Beispiel der Hauptprotagonistin, die, zu Beginn überzeugt und idealistisch, nun den Leser mit einer Fülle von nachdenklichen Überlegungen zurücklässt, ähnlich fordernd und unnachgiebig wie die Sprache. Kein Buch, das man einfach mal zwischendurch zur Unterhaltung liest, aber eines, das man gelesen haben sollte.
"„Wir spielen uns klare Grenzen vor. Aber jeder Versuch, ein Land mit exakten Grenzlinien zu zeichnen, hat zu nichts als Absurditäten geführt. Daran sind mehr Menschen gestorben als an Malaria.“ (Zitat Seite 128)"
Inhalt Evy Munro ist erst zwanzig Jahre alt, als sie von ihrem Arzt die Diagnose erfährt: Lungenkrebs. Ihr Studium wird sie nicht mehr zu Ende bringen können, aber sie ist auch nicht bereit, sich wegen einer nur kurzen Verzögerung einer Chemotherapie zu unterziehen. Auch wenn ihre beste Freundin Naomi und Vincent anderer Meinung sind. Vincent ist ihr persönlicher Engel des Todes, der sie durch diese letzte Zeit ihres Lebens begleiten soll. Gleichzeitig macht sich der Dämonenfürst Dantalion mit seinen Heeren bereit, die Welt zu unterwerfen und auch er braucht Evy für seine Pläne. Thema und Genre In diesem Roman des Genre Dark Fantasy, präziser Urban Dark Fantasy, geht es einerseits um durchaus menschliche Themen wie den persönlichen Umgang mit unheilbaren, tödlichen Krankheiten und den Mut, sich dem Schicksal zu stellen. Gleichzeitig aber stehen alte Relikte, der Glaube und die Parallelreiche der Engel und der Dämonen mit ihren Intrigen und dem Wunsch nach Macht um jeden Preis im Mittelpunkt. Es geht um die Zukunft der Welt, wie wir sie kennen, und der Menschen. Charaktere Die junge Evy muss irgendwie versuchen, ihr Leben mit der Krankheit in den Griff zu bekommen. Vincent, einer der Todesengel, sollte die ihm zugeteilten Menschen mit Umsicht und Verständnis durch die letzte Lebensphase begleiten, jedoch ohne persönliche Nähe. Dies fällt ihm bei dieser unangepassten, aufbrausenden, aber auch verletzlichen Frau zunehmend schwerer. „Das war die Frau, die er in den letzten Wochen kennengelernt hatte: stolz stur und sogar bereit, sich mit den Gepflogenheiten des Todesengels anzulegen.“ (Zitat Position 2452). Dennoch sind es nicht nur diese beiden Protagonisten, welche die Geschichte voranbringen, sondern parallel dazu haben wir als Leser es mit Dämonen und Engeln zu tun und hier wiederum mit Todesengeln und Cherubim. Auch diese übersinnlichen Charaktere sind glaubhaft, weil in ihrem Denken und Streben im selben Graubereich angesiedelt, wie die Menschen. Es gibt keine starre Trennung in „gut“ und „böse“. Zum Beispiel Merfyn, der Dämonenbote, verfolgt völlig andere Interessen als der mächtige Dämonenfürst Dantalion. Handlung und Schreibstil Die Geschichte beginnt mit einem Prolog im Jahr 2050 und Vincent erinnert sich an die Ereignisse im Jahr 2018 zurück. Die Handlung ist vielschichtig und sehr spannend, durch die nur allzu menschlichen Intrigen zwischen den Engeln, aber auch der Dämonen, liest sich das Buch wie ein Thriller, gäbe es nicht die besonderen Eigenschaften der einzelnen Figuren. Der Schreibstil ist flott, modern und die Spannung wird durch humorvolle Dialoge aufgelockert. Fazit Ich wollte schon länger mal einen Leseausflug in ein mir wenig bekanntes Genre unternehmen und habe dieses spannende Buch mit Vergnügen gelesen. Urban Dark Fantasy wird vielleicht Leser enttäuschen, die mit der üblichen „gute Engel treffen auf böse Dämonen“-Geschichte gerechnet haben, aber gerade diese moderne, interessante, eigenwillige Interpretation mit menschlich fühlenden, intriganten, bösen, mutigen Gestalten fasziniert auch Leser, die eine packende, vielschichtige, lebhaft erzählte Geschichte schätzen.
"„Sie folgte seiner Anweisung, fasste Vincent genau ins Auge. Plötzlich wich sie drei Schritte zurück. Das war unmöglich!“ (Zitat Pos. 253)"
Inhalt Er ist ein spanischer Straßenhund, sein Herrchen ist gestorben. Eines Tages trifft er am Strand den Buchhändler Tobias, der ihn Zola nennt, ihn mitnimmt in seine Heimatstadt Heidelberg und sein neuer Mensch wird. Zuerst ist Zola völlig verwirrt von den vielen verschiedenen Gefühlen, die ihm aus den Büchern, so nennt sein Mensch diese Herzensräuber, entgegenströmen und was sein Herrchen „mein Antiquariat“ nennt, ist für ihn die Höhle der Herzensräuber. Doch bald kann er die Geruchsgefühle, die Menschen ausströmen, die im Antiquariat nach einem Buch suchen, mit den Gefühlen vergleichen, die andere Menschen schon in den Büchern hinterlassen haben. Als dann Tobias von seiner Großmutter ein großes, altes Haus erbt und einige Bewohner mit, gibt dies nicht nur dem Buchantiquariat einen wichtigen Aufschwung. Zola ist unermüdlich im Einsatz, beim Auffinden des passenden Buches und beim Aufpassen auf seinen Menschen Tobias, auf die jetzt sechs verschiedenen Höhlen voll mit Herzensräubern und auf die kleine Emma. Doch wozu gibt es Freunde, allen voran Max und sein Mensch Moritz … Thema und Genre In diesem Wohlfühlroman geht es um die besondere Bindung zwischen Mensch und Hund, eine antiquarische Buchhandlung, um Bücher und um das Lesen. Doch es geht auch um Themen wie Enttäuschung, Alter, Schulprobleme, sowie um Hoffnung, Freundschaft, Mut und natürlich auch um die Liebe. Charaktere Zola, ein spanischer Straßenhund, lebt sich rasch in seiner neuen Heimat Heidelberg ein, er liebt die Stadt und vor allem die langen Spaziergänge am Neckarufer. Neugierig beobachtet er alles, was in seinem Umfeld passiert, macht sich so seine Gedanken über die Menschen und versucht schon mal, sie mit besonders intensiven Gedanken zu beeinflussen, das seiner Meinung nach Richtige zu tun. Auch die Menschen im Mittelpunkt der Geschichte sind sympathisch und mit allen ihren Eigenheiten und Fehlern liebenswert. Alltagsprobleme und Konflikte sorgen für Realitätsbezug. Handlung und Schreibstil Die Handlung verleitet zum Schmunzeln und Träumen, die Konflikte sind durchaus realistisch und bringen Spannung in die Ereignisse. Speziell ist diese Geschichte aber, weil sie mit viel Einfühlungsvermögen und Humor aus der Sicht eines Hundes erzählt wird. Besonders die Schilderungen von Zola und seiner Hundewelt zeigen, dass hier jemand mit Fellnasen-Erfahrung schreibt – und mit viel Liebe für unsere Vierbeiner. Fazit Ein Wohlfühlroman über Bücher und Buchhandlungen, über Menschen und das Leben. Obwohl ein Hund im Mittelpunkt steht, wird dieser Roman nicht nur Hundefreunde und Bücherwürmer verzaubern. Ein Buch für entspannte Lesestunden, unbestreitbar ein Herzensräuber.
"„Tobias wählt lange und sorgsam, ehe er einer Kundschaft einen Herzensräuber empfiehlt. Und doch. Wohin geht ihr Herz, ihr Verstand? Was erleben sie, während sie in ihrem Sessel sitzen und die Welt um sich vergessen?“ (Zitat Seite 46)"
Inhalt Guillem und Victor Dalmau sind Brüder. Beide stehen im spanischen Bürgerkrieg ab 1936 auf der Seite der Miliztruppen der demokratisch gewählten Regierung, Guillem als Soldat und Victor als angehender Arzt. Ihre Gegner sind die rechtsgerichteten Nationalisten um General Franco. Guillem ist mit der begabten Pianistin Roser Bruguera verlobt und als er im Kampf stirbt, ist Roser bereits schwanger. Victor flieht mit Roser aus dem belagerten Barcelona nach Frankreich, wo er sie heiratet, damit er sie und ihren Sohn Marcel als Angehörige mit nach Chile nehmen kann. Pablo Neruda macht dies mit seinem Flüchtlingsschiff Winnipeg möglich, das am 4. August 1939 für mehr als 2000 spanische Flüchtlinge zum Schiff der Hoffnung wird. Chile ist ein ideales Land für einen Neubeginn, denn es bietet Chancen für alle. Doch dann ändert sich die politische Landschaft in Chile … Thema und Genre In diesem epischen Generationenroman geht es um politische Diktaturen, Krieg, Unterdrückung und Flucht. Die Geschichte handelt aber auch von Idealismus, Mut, Treue, Freundschaft, Hoffnung und Chancen auf Neubeginn, die das Leben immer wieder bietet. Wichtige Themen sind Heimat und Zugehörigkeit, ihre Charaktere vergessen die spanischen Wurzeln nicht. Dieses Buch ein Roman, doch die zeitgeschichtlichen Fakten und bekannten Personen sind real. Charaktere Victor ist Arzt aus Überzeugung, die Erlebnisse als junger Arzt im Studium während des Bürgerkrieges prägen sein weiteres Leben. In Chile gehören Roser und er als Einwanderer nicht zur Oberschicht, doch dort sieht sich der sozialistisch-demokratische Victor ohnedies nicht, er sieht die Armut in Chile und schaut nicht weg, sondern hilft. Roser und Victor verbindet eine tiefe Freundschaft und Vertrautheit. Auch der bekannte Dichter und Politiker Pablo Neruda spielt im Leben von Victor und Roser eine wichtige Rolle. Handlung und Schreibstil Die Autorin ist eine wunderbare Erzählerin, die ihre Geschichten so in das Zeitgeschehen einbindet, dass sich ein stimmiges, interessantes Ganzes ergibt. Die wechselhafte Zeit der Umstürze, in welcher dieser Roman spielt, ist an sich schon spannend zu verfolgen, sodass die Handlung ein packendes Leseabenteuer ergibt. Man merkt, dass die Autorin auch ihre fiktiven Charaktere ins Herz geschlossen hat, detailliert und stimmig nimmt sie sich Zeit für jede einzelne Protagonistin, für jeden einzelnen Protagonisten, ihre Handlungen, Entscheidungen und Gefühle. Sprachlich beeindruckend, hat mich dieses Buch sofort in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen, bis ich die letzten Seite gelesen hatte. Es sind ernste Themen und Konflikte, dennoch ist eine positive Geschichte, in der immer auch Hoffnung und Liebe mitklingen. Fazit Ein epischer Generationenroman, facettenreich, interessant und spannend. Ein sehr genau recherchiertes Zeitbild des spanischen Bürgerkrieges und der Machtübernahme von General Franco, sowie später der Umstürze in Chile. Sprachlich großartig erzählt, ist dieser Roman Garant für intensive Lesestunden, von denen man jede Minute genießt.
"„Aber es war nicht nur ein Scherz gewesen, es war auch die Angst vor der gespaltenen Liebe, vor der Trennung, davor, fern von ihren Lieben zu leben und zu sterben.“ (Zitat Seite 279)"
Inhalt Ein Ich-Erzähler blickt zurück auf Ereignisse in seinem Leben, seine Kindheit und Jugend, an Veränderungen der politischen Landschaft und auch seiner eigenen Überzeugung. Aufgewachsen in einer gut situierten Familie in der Zeit der Weimarer Republik, wird der Erzähler früh zum bekennenden Kommunisten und erkannte die Gefahren des aufstrebenden Nationalsozialismus. Ergänzt werden diese Erinnerungen durch Träume, Naturbetrachtungen und die intensive Auseinandersetzung mit der Kunst. Thema und Sprache Themen sind Politik, Kunst und Kultur und die Erinnerungen an ein gelebtes Leben, auch Nachdenklichkeit und die Abschiedsstimmung des Alters schwingen mit. Auch wenn eigene Erfahrungen und Gedanken eine wichtige Rolle spielen, handelt es sich bei diesem Prosawerk um keine Autobiografie. Gerade die politischen Strömungen und die geschilderte Alltagssituation der Menschen in schwierigen Zeiten sind zeitlos und daher auch heute noch wichtig und lesenswert. Vor allem jedoch ist es die Schönheit der Sprache Hermlins, die unvergänglich ist. Fazit: Sprachlich großartig, lesenswert und zeitlos in der Vielfalt der Gedanken und eines in bruchstückhaften Erinnerungen erzählten Lebens.
"„Mein Blick suchte, wie schon immer, die Wolken, die dahinwanderten wie ich selber, einander gleichend wie vor, wie nach Jahrtausenden, und doch schmerzhaft unbeständig und mir bedeutend, daß kein künftiger Augenblick mehr sein würde wie dieser.“ (Zitat Seite 9, Ausgabe Reclam 1980)"
Content A collection of three gothic stories BROKEN VOICES “The emptiness of the place enfolded us like a shroud. The air was cold and smelled faintly of earth, incense and candles.” (Quotation page 44) The narrator remembers one special Christmas, more than forty years ago. He is fifteen years old and has to stay in school over the holidays, together with a boy named Faraday, who is two years younger. Mr. Ratcliffe, an old, long retired teacher, takes care of them and during the evenings, he entertains them with ghost stories about the nearby Cathedral. Some of the stories have real backgrounds, such as the fate of Mr. Goldsworthy, two hundred years ago, and the beautiful anthem he wrote, since lost. Therefore, the boys plan to climb the tower of the Cathedral and search for the lost sheet of notes. THE LEPER HOUSE “There’s always a next time.” (Quotation page 159) After the funeral of his sister, the narrator is on his way to visit a client in Ipswich and afterwards he would drive home to London, where he lives. But there are roadworks, the day changes into a dark, rainy, stormy evening when the traffic stops again. Therefore, he follows some local drivers, taking a narrow road, when one of the tires of his car is punctured. He leaves the car, starts to walk and suddenly he sees a light and arrives at an old cottage by the sea. THE SCRATCH “Two things happened that afternoon which were both important, though I didn’t realize their significance until later.” (Quotation page 176) Clare and Gerald live in a rural area, near the Forest of Dean. Jack, Gerald`s young nephew, just back from the army in Afghanistan, is going to stay with them for some time. He dislikes their cat Cannop, because he generally does not like cats. He is sure that there must be wild cats in the Forest, because sometimes he notices a big, dark shadow on his daily walk through the forest. One day Clare sees a big scratch on his arm. Conclusion Three stories, modern versions of the well-known traditional gothic novels, a perfect read for rainy, dark afternoons and evenings. The gripping, suspenseful plot starts from normal daily situations, which makes everything that happens plausible. There are always more solutions and explanations, left open for us readers to think about and find our own ideas. Just relax, light some candles and enjoy the high literary quality of stories and the eerie fascination.
"“The emptiness of the place enfolded us like a shroud. The air was cold and smelled faintly of earth, incense and candles.” (Quotation page 44)"
Inhalt Allis Hagtorn lässt nach einem Skandal ihr altes Leben als Universitätsdozentin zurück und nimmt eine Stelle als Haushaltshilfe bei Sigurd Bagge an, der den Sommer über alleine in einem einsamen Haus an einem Fjord lebt. Auch für den Garten ist Allis zuständig. Der Kontakt beschränkt sich auf die Mahlzeiten, den Rest der Zeit verbringt der Mann in seinem Arbeitszimmer, während sie versucht, sich gärtnerische Kenntnisse anzueignen. Ihr eigenes Geheimnis kennt Allis, doch welches Geheimnis hat Sigurd? Thema und Genre Vom Verlag wird dieses Buch als „Thriller“ eingestuft, doch es handelt sich um einen Roman. Thema sind die Konflikte der beiden Protagonisten, beide sind noch der eigenen Vergangenheit verhaftet, haben Geheimnisse und müssen einander in der Einsamkeit der Natur dennoch vertrauen. Ein weiteres Thema ist die nordische Mythologie, die Geschichte von Balder und Hermodr. Charaktere Allis Hagtorn steht noch immer unter dem Einfluss des öffentlichen Skandals, den sie verursacht hat und hat sogar in der Einöde am Fjord Angst, erkannt zu werden. Sigurd Bagge ist ihr unheimlich, gleichzeitig fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Ihre Unsicherheit und Unschlüssigkeit zieht sich durch die gesamte Geschichte. Sigurd Bagge ist teilweise überheblich, misstrauisch und undurchschaubar. Handlung und Schreibstil Die gesamte Geschichte dreht sich ausschließlich um die beiden Protagonisten, dazu als Nebenfigur die neugierige Inhaberin eines kleinen Lebensmittelladens. Eine düstere Stimmung zieht sich durch weite Teile der Handlung. Die Spannung, die man sich von einem Thriller erhofft, kommt auch durch das Setting, zwei Personen an einem einsamen Ort, nicht auf. Durch die vielen Andeutungen und Szenenwechsel unterbricht die Autorin den Spannungsbogen immer wieder, zerschnipselt ihn gleichsam in kleine Stücke, und bremst so die Geschichte, sobald sie Fahrt aufnimmt. Elemente wie Schatten, Geräusche, Traumvorstellungen wirken konstruiert. Fazit Ohne das Wort „Thriller“ auf dem Buchcover wäre ich vielleicht mit anderen Erwartungen an diese Geschichte herangegangen. Mir fehlte die Spannung, sie konnte mich nicht packen und ließ mich insgesamt etwas ratlos zurück. Ein Buch für Leser, die Zweipersonenstücke aufregend finden.
"„Hier hatte ich all das wenige, was ich brauchte, Einsamkeit, offene Tage, wenige, vorhersehbare Pflichten, ich war frei von den Blicken der anderen, dem Gerede der anderen, und ich hatte den Garten ganz für mich allein.“ (Seite 16)"
Inhalt Auf dem Berner Hauptbahnhof klingelt ein öffentlicher Telefonapparat. Der Zürcher Bibliothekar Ernst Stricker hebt spontan ab. Eine ihm unbekannte Frauenstimme fragt, ob er Ernst sei und bittet ihn, sofort zu ihr zu kommen, sie müsse ihm dringend ein Päckchen übergeben. Als er dieses später öffnet, findet er darin ein lateinisch-althochdeutsches Wörterbuch aus dem 8. Jahrhundert. Handelt es sich tatsächlich um ein Original und wo war es über all die Jahrhunderte versteckt gewesen? Nicht nur er will das wissen ... Thema Dieser Roman vereint Einblicke in das mittelalterliche Klosterleben mit der Spannung eines Kriminalromans. Die aktuelle Handlung spielt in der Schweiz. Charaktere Ernst liebt seinen Beruf als Bibliothekar und er führt mit seiner Frau Jacqueline in ruhiges Leben. Das Buch weckt sofort sein Interesse. Er recherchiert akribisch und hartnäckig, um das Rätsel der Herkunft zu lösen und plötzlich wird es für ihn sehr gefährlich. Der neunzehnjährige Haimo muss auf Wunsch seines Vaters, wie im 8. Jahrhundert für jüngere Söhne üblich, in das Benediktinerkloster in Regensburg eintreten. Schon bald erkennt der Abt Haimos Begabung und Begeisterung für das Schreiben. Doch Haimo kann auch Maria, die Tochter des Leinengerbers, nicht vergessen. Handlung und Schreibstil Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, die einander abwechseln. In der Jetztzeit sucht Ernst nach den Hintergründen betreffend die Herkunft der alten Handschrift. Die Geschichte Haimos in der Vergangenheit erzählt die Entstehung des Buches und langsam zeigt sich Stück für Stück die rätselhafte Reise dieses wertvollen Originalwerkes durch die Jahrhunderte. Die Sprache ist erzählend, beschreibend. Die Handlung macht neugierig und ist spannend. Fazit Ich habe diesen Roman zufällig entdeckt und mit Vergnügen und Begeisterung gelesen. Für Leser, die eine gute, geschickt entwickelte, aber immer glaubhafte Geschichte zu schätzen wissen, die auch sprachlich Freude macht.
"„Er blickte die Frau nochmals an, die einen Ernst so dringend um Hilfe geboten hatte, und wenn dieser Ernst nicht reagierte, dann war ihr vielleicht wirklich geholfen, wenn er für den anderen Ernst einsprang.“ (Zitat Seite 13)"
Inhalt Als Edith Louisa Sitwell, Tochter von Sir George Sitwell und Lady Ida, 1887 geboren wird, ist Emma Banister, die Tochter des Gärtners von Renishaw Hall, fünf Jahre alt. Die beiden Mädchen freunden sich an und treffen einander mehrere Jahre lang heimlich jeden Sommer. Emmas Tochter Jane Banister ist beinahe achtzehn Jahre alt, als sie Haushälterin im Londoner Haushalt der nun beinahe vierzig Jahre alten Edith Sitwell wird. Siebenunddreißig Jahre lang bleibt sie bei der exzentrischen Künstlerin, bis zu deren Tod im Jahr 1964. Thema und Genre Dieser Roman mit biografischem Hintergrund ist einerseits ein lebhaftes Zeitbild der internationalen Künstlerszene in Zentren wie London, Paris, Berlin, New York und Hollywood. Schwerpunkt sind die Jahre zwischen 1927 und 1964, eine Zeit nicht nur der kulturellen, sondern auch der politischen Um- und Aufbrüche. Charaktere Während Jane Banister und ihre Familie aus der Dienstbotenetage fiktiv sind, steht das reale Leben der exzentrischen Ausnahmekünstlerin Dame Edith Sitwell, eine bekannte Schriftstellerin und Dichterin der Moderne, um Mittelpunkt dieses Buches. Unangepasst und selbstbewusst lebt Edith Sitwell ihr eigenständiges Leben – ein modernes Frauenbild in einer Zeit, als dies eher die Ausnahme war. Handlung und Schreibstil In diesem Roman verknüpft die Autorin gekonnt bekannte biografische Fakten, Gesellschaftsbilder und Zeitgeschichte und lockert dies durch die fiktive Figur der Ich-Erzählerin Jane Banister auf. Lebendige Beschreibungen und bunte Schilderungen lassen den Leser eintauchen in diese Welt des britischen Adels und der internationalen Kunstszene. Edith Sitwell führte tatsächlich ein sehr bewegtes, aufregendes Leben, daher ist auch dieser Roman spannend zu lesen. Fazit Ein sehr gut recherchierter Roman, eine spannende Verknüpfung zwischen Fakten und Fiktion, geschrieben in einer lebendigen, niveauvollen Sprache. Ich habe dieses Buch mit großem Interesse und Vergnügen gelesen und ich wurde zudem neugierig auf das literarische Werk von Dame Edith Sitwell.
"„Es muss noch jemand anderes ihre Geschichte erzählen. Jemand, der sie liebt. Ich.“ (Zitat Seite 27)"
Inhalt Der Privatermittler Tom Brauer hatte eine Woche Urlaub in Stralsund geplant, wo seine Freundin Clara Lehnhoff im Ozeaneum einen Malkurs für Kinder abhalten sollte. Doch dann taucht ein alter Schulfreund Claras auf, Rocco Schulze, der in Stralsund einen Imbiss für Fischbrötchen führt und er bittet Tom um Hilfe gegen die unlautere Konkurrenz und das Ordnungsamt. Als besagter Mitarbeiter des Ordnungsamtes kurze Zeit später ermordet aufgefunden wird, ist Rocco der Hauptverdächtige und Kommissarin Sylke Bartel ermittelt. Thema und Genre In diesem Regio-Kriminalroman mit Bezug zur Ostsee geht es um wesentlich mehr, als nur um Fischbrötchen. Es geht vor allem um Umweltschutz, Politik und eine umstrittene russische Gaspipeline. Charaktere Sylke Bartel, die für den Fall zuständige Kommissarin, hat Probleme, bei den Kollegen und dem Vorgesetzten in Stralsund akzeptiert zu werden. Sie benötigt dringend einen Erfolg bei den Ermittlungen. Dies erklärt ihre Handlungen und ihr Verhalten. Tom Brauer agiert in diesem komplexen Fall sehr zurückhaltend, beinahe etwas naiv und scheint mit der Situation insgesamt überfordert. Dann beginnt auch Clara privat zu ermitteln, da sie von Roccos Unschuld überzeugt ist, und plötzlich ist sie ebenfalls involviert. Handlung und Schreibstil Was als Kriminalfall mit möglichem Vergangenheitsbezug beginnt, entwickelt sich rasch zu einem sehr gut ausgearbeiteten, komplexen Fall. Langsam erst zeigen sich die Zusammenhänge dieser spannenden, realistischen Geschichte. Der Sprachstil entspricht, was den Spannungsaufbau betrifft, dem Genre. Die Handlung wird jedoch durch großartige Beschreibungen und Schilderungen in einer poetischen Sprache ergänzt, die das Lesen zu einem umfassenden Vergnügen werden lässt. „Die vielen Lichter der Stadt spiegelten sich im kaum bewegten Wasser und schienen zu einem Aquarell zu zerfließen.“ Dieser Satz auf Seite 208 malt mit impressionistischen Worten die beeindruckende Silhouette der Stadt Stralsund vor die Augen der Leser. Fazit Ein spannender Kriminalroman mit Ostsee-Bezug, der in Stralsund spielt. Inhaltlicher Tiefgang und poetische Schilderungen machen dieses Buch zu einem empfehlenswerten Lesevergnügen, nicht nur für Rügen-Begeisterte.
"„Bestimmt. Friedlich und langweilig. Wenn du wieder Unruhe brauchst, ruf an, wir kommen gerne wieder.“ (Zitat Seite 348)"
Inhalt Leo Lehmann ist über 90 Jahre alt, als er mit seiner Enkelin Nira für ein paar Wochen nach Berlin zurückkehrt. Durch Zufall bucht sie ein Hotel im Wedding, wo er zwanzig Jahre lang gewohnt hatte, er war hier geboren. 1948 hat er Berlin verlassen und lebt seither in Israel. Das alte Haus, in dem er während des Krieges eine Zeit lang untergetaucht war, steht noch. Gertrud Romberg, die damals ihn und seine Freunde versteckt hatte, lebt noch immer dort, umgeben von ihren Erinnerungen und den Erinnerungen des Hauses. Die anderen Bewohner wechseln jetzt oft, das Haus soll abgebrochen werden, zuletzt leben hier Flüchtlinge, vor allem Zigeunerfamilien aus unterschiedlichen Ländern, so wie Laila. Seit einem Vorfall, damals im Jahr 1943, hatte Leo keinen Kontakt mehr zu Getrud und eine offene Frage steht immer noch zwischen ihnen. Thema und Genre Ein altes Berliner Haus mit Geschichte, ein zeitgeschichtlicher Generationenroman, der sich auch mit der NS-Zeit in Deutschland auseinandersetzt. Es geht um Familie, Heimat, Fremde, Traditionen und gegen das Vergessen. Charaktere Leo Lehmann steht für die Geschichte einer jüdischen Familie im Nationalsozialismus. Laila Fidler, eine in Polen geborene Sintiza, steht für die Roma und Sinti, die immer wieder versuchten, sesshaft zu werden und doch immer wieder vertrieben wurden. Heute hilft Laila den rechtlosen Frauen bei den komplizierten Behördenwegen. Nira, in Israel geboren und aufgewachsen, sieht ihr Heimatland kritisch. Berlin ist kein Feindbild für sie, trotz der Geschichte ihrer Familie. Es sind lebendige Figuren mit ihren Konflikten und Wünschen, die uns in diesem Roman begegnen Handlung und Schreibstil Im Mittelpunkt steht das alte, baufällige Haus in Berlin Wedding, das sich an seine wechselvolle Geschichte seit der Erbauung erinnert. Damit verbunden ist das Leben seiner unterschiedlichen Bewohner. Es sind die gestrandeten, verfolgten Menschen, aber auch die selbstbewussten Kämpfer, um die es in diesem Roman geht. Am Beispiel von zwei speziellen Familien entwickelt die Autorin ein zeitgeschichtliches Kaleidoskop, welches das Leben mehrerer Generationen aufzeigt. Rückblenden und geschichtliche Abläufe, sowie die Erinnerungen des alten Hauses selbst, runden die Handlung ab. Die Sprache erzählt, geht nahe an die Figuren heran, zeigt auf, beschreibt, malt lebhafte Bilder. Fazit Ein vielschichtiger Generationenroman, in dem es um Zeitgeschichte geht und um die Menschen, deren Schicksal in dieser gefährlichen Zeit darin bestand, irgendwie zu überleben. Ein beeindruckender Appell gegen Vorurteile und für die Menschlichkeit.
"„Jetzt bin ich schon dabei, mich zu erinnern. Das kann ich nicht oft, aber heute muss es sein. Was du weißt, ist nicht verloren.“ (Zitat Seite 311)"
Inhalt Als Luzie Mazur stirbt, ist sie beinahe hundert Jahre alt. Doch für Johanne, ihre Enkelin, ist es dennoch zu früh, denn viele offene Fragen, die Geschichte der Mazur-Frauen betreffend, bleiben unbeantwortet. Johannes Großvater Jurek Mazur, der Vater von Johannes Mutter Thea und deren Schwester Helene, war im zweiten Weltkrieg als polnischer Zwangsarbeiter ins deutsche Dorf gekommen und diese Liebe war ein Verstoß gegen die strengen Rassengesetze und damit lebensgefährlich. Nach dem Krieg können sie endlich heiraten, doch im Dorf bleiben sie Außenseiter. Jurek arbeitet in der Kaserne für die Engländer, das Wochenende verbringt er mit seiner Familie. Bis er eines Tages nicht mehr kommt. Luzie schweigt und spricht nie mehr über ihn. Auch in den zu Lebzeiten streng gehüteten Unterlagen ihrer Großmutter findet Johanne weniger Hinweise, als erhofft, doch sie gibt die Suche nicht auf. Thema und Genre Dieser Generationenroman mit zeitgeschichtlichem Hintergrund basiert auf wahren Begebenheiten aus der Familie der Autorin. Im Mittelpunkt stehen die Frauen, vier Generationen von starken Frauen, es geht um Liebe, Mut, Familiengeheimnisse, unerfüllte Träume und schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen. Ein wichtiges Thema ist auch das belastende, starre Schweigen einer ganzen Generation. Charaktere Luzie ist die Matriarchin der Familie. Gewohnt, hart zu arbeiten, sichert sie damit das Überleben ihrer Familie. Für ihre Töchter bleibt da kaum Zeit. Das Leben hat sie ernst und schweigsam gemacht. Die vielen unbeantworteten Fragen belasten vor allem auch Thea und Johanne, wobei Johanne nicht aufhört, nach Antworten zu suchen. Handlung und Schreibstil Es sind zwei Geschichten, die abwechselnd erzählt werden, die von Luzie und Jurek und d
Inhalt Anfang August 1862 trifft Fjodor Michailowitsch Dostojewskij mit dem Zug in Venedig ein. Es ist seine erste Auslandsreise nach Europa, die am 7. Juni begonnen hatte. Er kommt aus Florenz und Italien hat ihn bisher enttäuscht. Schon vierzig Jahre alt, hat er nach ersten Erfolgen, Straflager und Strafdienst beim Militär, eine Schaffenskrise, auch wenn er durch seine Reise eine Fülle von neuen Ideen gesammelt hat. Schon überlegt er, aus Venedig früher abzureisen, als er den berühmten Komponisten Gioachino Rossini kennenlernt, der auch mit siebzig Jahren das Leben fröhlich feiert und genießt, hilfsbereit, liebenswert und großzügig. Durch ihn erlebt der zurückhaltende, schwermütige russische Schriftsteller die unvergleichliche Stadt Venedig, wie sie wirklich ist. Thema und Genre In diesem Roman geht es um eine Begegnung des Schriftstellers Dostojewskij mit dem Komponisten Rossini. Obwohl die beiden Künstler einander tatsächlich nie getroffen haben, ist diese Geschichte eine so lebendige, geniale Verbindung zwischen intensiver Recherche und einfühlsamer Phantasie, dass man beim Lesen vergisst, dass es sich um keine reale historische Begebenheit handelt. Charaktere Der lebensfrohe, überschäumend italienische Komponist Rossini ist das genaue Gegenteil des schwermütigen, damals von Selbstzweifeln erfüllten Schriftstellers Dostojewskij. Die gemeinsamen Gespräche sind trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedlichen Sichtweisen für beide eine Bereicherung und beeinflussen das weitere künstlerische Schaffen. Auch die Personen im Umfeld sind so typisch italienisch, man hat sie und die teilweise chaotischen Situationen sofort vor Augen, sie werden lebendig, sind liebenswert, ohne je in Klischees abzugleiten. Handlung und Schreibstil Es sind nur fünf Tage, die Dostojewskij vor seiner Heimreise nach St. Petersburg in Venedig verbringt, doch die Fülle an Erlebnissen und Eindrücken, die uns jeder Tag in diesem auch sprachlich überzeugenden Roman schildert, lässt diese kurze Zeitspanne wie Wochen scheinen. Großartig ist die Szene, in der Rossini und Dostojewskij einander zum ersten Mal begegnen. Auch der Umgang der venezianischen Bevölkerung mit den österreichischen Besatzern ist ein Thema. Spätestens, als Dostojewskij zu einem Treffen im Caffè eilt und zuerst das Quadri betritt, wo er auf das gegenüberliegende Florian verwiesen wird, erkennt er die Zusammenhänge und Viva Verdi bekommt eine völlig neue Bedeutung. Doch während die Erinnerungen an den Strafmilitärdienst die Gedanken des russischen Dichters oft in tiefes Dunkel tauchen, hat sich Venedig die lebensfrohe, südliche Leichtigkeit auch unter der österreichischen Herrschaft erhalten. Spannung erhält diese Geschichte durch eine Idee Rossinis, er macht Dostojewskij einen Vorschlag und man ist neugierig, wie der Autor dies auflösen wird, da auch diese Idee fiktiv ist. Fazit Ein funkensprühendes Zeitbild, eine Begegnung von zwei großen Künstlern, der schwermütige, ernste Russe trifft auf den fröhlichen italienischen Genussmenschen und lernt die einzigartige Stadt Venedig kennen und lieben. Ein Leseerlebnis, das mich begeistert hat, mich zum Träumen brachte und Erinnerungen an Venedigbesuche lebendig werden ließ. „Italien ist Italien, Venedig ist Venedig. Venedig bleibt Venedig. Immer.“ (Zitat Seite 434)